Eine Unterschrift noch zum UCMR-Teilverkauf

Das seit zwölf Jahren zahlungsunfähige Maschinenbauwerk Reschitza soll in Teilen an Hidroelectrica gehen

Auf dem ehemaligen Laborgebäude von UCMR steht zwar noch stolz die alljährlich Ende Dezember - Anfang Januar aktualisierte Jahreszahl (jetzt 1771-2023) – doch es wird eine Frage immer aktueller, die bereits 1996 ein deutscher Unternehmer der Maschinenbaubranche dem damaligen Generaldirektor des Reschitzaer Maschinenbauwerks stellte: „Was habt ihr denn noch, außer Geschichte?“ Fotos: Werner Kremm

Der Maschinenbaustandort Câlnicel des Reschitzaer Werks UCMR war die letzte Ausbaustufe des Werks zur kommunistischen Zeit (Zusammen mit dem deutsch-rumänischen Getriebewerk RRR - Reschitza-Renk) und galt lange als die größte Industriehalle Rumäniens. In Câlnicel, linkerhand des Stadteingangs aus Richtung Temeswar, wurden große geschweißte oder gegossene Maschinenteile gebaut bzw. bearbeitet, bevor sie in die Werkshallen der Altstadt zur Feinbearbeitung und Montage transportiert wurden.

Ob das Stühleverschieben in der Chefetage des rumänischen Energieriesaen „Hidroelectrica“ (mit 187 wasserkraftbetriebenen Anlagen) mit der durch den Lehrerstreik hinausgezögerten Rochade an der Regierungsspitze im vergangenen Frühsommer zusammenhängt, mag dahingestellt bleiben. Fakt ist, dass die neue alte Chefetage die Übernahme/den Kauf eines Teils der Produktionsanlagen des Reschitzaer Maschinenbauwerks UCMR um Monate hinausgezögert hat (ursprünglich sollte der Kauf der Kapazitäten für den Bau und die Reparatur von Wasserkraftwerksanlagen schon Ende 2022 geschehen, was damals unter dem unüberzeugenden Vorwand der Pandemie hinausgezögert wurde). 

Aber unter Umständen, wo die Selbstdefinition von Hidroelectrica als „Leader der Stromproduktion Rumäniens und hauptsächlichster Zulieferer von technologischem Service für das Nationale Energiesystem, mit Implikationen im Bereich der Nationalen Sicherheit“ implizite die Verpflichtung beinhaltet, die Stromproduktion konstant halten zu können, steht         „Hidroelectrica“ unter dem Zwang, schon aus Kostengründen eigene Kapazitäten für die Wartung und Instandsetzung der Produktionsanlagen zu besitzen. So zumindest wird offensichtlich Rolle und Wirken des Staatskonzerns auch in der Regierungsphilosophie gesehen, nach dem alten Prinzip der rumänischen Liberalen „Durch uns selber“/“Prin noi înșine“.
Denn zwei Sachen scheinen beim Thema UCMR und Hidroelectrica logisch: a) mehrere Abteilungen des Reschitzaer Maschinenbauwerks passen zu Hidroelectrica, wenn nicht für mehr (also auch für den Bau der maschinellen Ausstattung neuer geplanter Wasserkraftwerke), so we-nigstens als firmeneigener Instandhaltungsbetrieb (in Reschitza wurden rund 95 Prozent der in Rumänien laufenden Wasserkraftwerke entworfen und gebaut und die gesamte Dokumentation all dieser Wasserkraftwerke wird in den Archiven des Reschitzaer Maschinenbauwerks aufbewahrt – ein für Reparaturen nicht unbedeutender Aspekt) und b) der Kaufpreis von 68 Millionen Lei (rund 13,6 Millionen Euro) ist einerseits eine Bagatelle für Hidroelectrica, andererseits ein wichtiger Schritt in Richtung der in Rumäniens Wirtschaft immer noch insgeheim erträumten Autarkie. Für Reschitza wäre es eine gehörige Prise Sauerstoff, unter Umständen, wo im gesamten seit zwölf Jahren insolvenzgeplagten Maschinenbauwerk (das aber, in von allen früheren Regierungen gewollter Ignorierung der Wirtschaftsgesetzgebung, von keinem Gericht bisher als pleite erklärt wurde, obwohl es dazu bei Insolvenz genau festgelegte Fristen gibt) von ehemals 12.000 bis 15.000 Arbeitsnehmern noch maximal 400 bis 500 beschäftigt sind.

Insolvenzverwalter von UCMR ist laut einem Gerichtsentscheid ein Konsortium: Euro Insol SPRL und V.F.Insolven]˛ SPRL, eigentlich zwei Bukarester Appartementfirmen. Im Insolvenzbericht für das dritte Jahresquartal, der am 14. November bekanntgegeben wurde, heißt es u.a., dass der „Rahmenvertrag für den Kauf-Verkauf“ von UCMR, inclusive der „Businesstransfer der Plattform ABC“ und „teilweise“ des Industriestandorts Câlnicel der UCM Re{i]a SA „nur noch einer einzigen Unterschrift“ bedürfe. (ABC und der Standort Câlnicel sind die Schlüsselstandorte des Werks für den Bau von Wasserkraftwerks-Ausstattungen.) Das heißt auch, dass angeblich inzwischen die Abtrennung der Werkssektoren/Abteilungen vollzogen wurde, die für Hidroelectrica von Interesse sind, dass diese Abtrennung auch in den Grundbüchern eingetragen sei und dass jetzt der Wirtschaftsraum der Hidroelectrica samt den darauf befindlichen Produktionsanlagen, interessiert, klar abgegrenzt ist vom übrigen Werk, physisch, im Raum, und juridisch, auf dem Papier. 

Laut demselben Quartalsbericht sind diese Fakten am 25. Oktober der Gläubigerversammlung von UCMR vorgelegt worden, samt der endgültigen Form des Kaufvertrags, wobei 99,93 Prozent der Gläubiger schriftlich bestätigt haben, davon Kenntnis genommen zu haben und keine weiteren Bemerkungen/Ansprüche geltend zu machen. Womit das Konsortium der Insolvenzverwalter schlussfolgert, dass jetzt, da sich die Verkäufer einig sind und alle anstehenden Maßnahmen für den Kauf getroffen haben, nur noch Hidroelectrica, als Käufer, seinen Kaufentschluss per Unterschrift zu bekräftigen hat.

Die Insolvenzverwalter ließen durchblicken, dass unter dem Umstand, dass seit Oktober alles für den Kauf vorbereitet sei – wie es das Gesetz und der Käufer gefordert hatte – das offensichtliche Zögern von Hidroelectrica schwer verständlich sei, zumal seitens des Käufers auch überhaupt keine klärende Aussage zur Sache verlautet wurde. Das Stühlerücken im Direktorat könne nicht als Begründung dienen, denn alle Verwaltungsratsmitglieder sind schon von früher mit der Causa UCMR und deren sich über Jahre hinziehenden Verlauf vertraut. Zumal der Kauf bereits Ende 2022 - Anfang 2023 stattfinden hätte sollen…

Wie die ADZ berichtete, hat Präfekt Ioan Dragomir (PSD, also Mitglied der Partei, die die Regierungsmehrheit stellt) vor rund fünf Wochen bereits bekanntgegeben, dass „demnächst“ der Kaufvertrag von UCMR durch Hidroelectrica unterzeichnet wird. Passiert ist das bisher aber nicht. Dragomir hatte damals die Hinauszögerung auf den „Direktorenwechsel“ und die „Änderungen im Verwaltungsrat“ zurückgeführt: „Ich glaube und hoffe, dass die Verspätung der Unterschrift wegen der Erneuerung des Vorstands von Hidroelectrica passiert ist. Die alte Leitung hatte gezögert, den Kaufvertrag zu unterzeichnen, (…). Ich hoffe, dass der neue Vorstand den Mut zum Unterzeichnen dieses Vertrags aufbringt.“ Inzwischen ist mehr als ein Monat vergangen. Ohne die Unterschrift.

Fakt ist allerdings, dass zur Zeit der Abfassung des Quartalsberichts der Insolvenzverwalter noch Verhandlungen rund um einige der Klauseln des Kaufvertrags liefen. So ist das aus Insiderkreisen zu hören. Am 30. September – hört man weiters – waren erst 80 Prozent der Grundbucheintragungen gemacht. Zwischendurch liefen auch die für die kommenden vier Jahre geltenden Neubesetzungen im Aufsichtsrat (Consiliul de Supraveghere), wo Borbély László (Ex-Umweltminister und vor der Ernennung zum CEO von Hidroelectrica Staatsberater der gegenwärtigen Regierungskoalition sowie Leiter eines Departements, das ihm unbegrenzten Zugriff und Informationen zu Hidroelectrica gewährt hat) die Stelle von Bogdan Nicolae Badea (seit 2017 CEO) einnahm. Badea wurde Direktor für Investment bei Hidroelectrica (CIO). 

Fakt bleibt aber, dass keinem der fünf Neubesetzungen der Inhalt des Kaufvertrags im Augenblick der offiziellen Überreichung zwecks Überprüfung fremd war – dass also irgendeiner aus dem Gremium (sehr) viel Zeit zum Durchstudieren nötig gehabt hätte.