Elektroroller – hui oder pfui?

Umwelt und Sicherheit zählen zu den wichtigsten Fragen um das neue Gefährt

Vor diesem Mann auf dem Elektroroller stehen noch zwei Kinder und die Schultaschen hängen an der Lenkstange. So ein Gefährt hat mitten im Verkehr nichts verloren. Foto: Vlad Popa

Nach einem beachtlichen und ruckartigen Aufschwung in den Ländern Westeuropas sieht man sie auch in Rumänien nun immer öfter. Die Elektroroller sind zum Teil des Stadtbildes geworden und huschen an einem vorbei, egal ob man am Großen Ring/Piața Mare, auf viel befahrenen Boulevards oder am Zibinsmarkt unterwegs ist. Vorherrschend junge Erwachsene bewältigen so den Arbeitsweg, die eine oder andere Besorgung oder unternehmen auch nur Spazierfahrten. Dabei wirft das kompakte Gefährt jedoch weit mehr Fragen auf, als sich dessen Erfinder wohl gedacht hätte. Zum einen wäre da ihre vermeintliche Umweltfreundlichkeit, die viele preisen, doch da könnte die Freude fehl am Platz sein. Zurzeit ist noch nicht mit Sicherheit zu sagen, wie die Herstellung allgemein aber beson-ders jene der seltene Stoffe enthaltenden Akkus die Umwelt belasten. Zudem kann man die Akkus in Rumänien nicht immer mit umweltschonend erzeugtem Strom aufladen, was dann wiederum heißt, dass die Umwelt doch wieder belastet wird. Dazu heißt der Ankauf eines E-Rollers auch nicht, dass auf die Fahrten mit dem Privatwagen oder dem Bus verzichtet wird, was die Gelegenheitsfahrten auch wieder nicht zur Umweltrettungsmaßnahme machen. Überaus wichtiger aber als all diese Überlegungen, die weiterer Studien und zahlreicher Messungen bedürfen und oft zu hitzigen Gesprächen führen, ist die Sicherheit der Fahrer selber als Verkehrsteilnehmer und damit auch der anderen Auto- und Radfahrer sowie der Fußgänger, die schlimmstenfalls in Mitleidenschaft gezogen werden könnten.

Wohin überhaupt mit den Elektrorollern?

Die Verkehrssicherheit wird in Hermannstadt groß geschrieben und die Stadtverwaltung bemüht sich – mal erfolgreich, mal erfolglos – zu ihrer Steigerung beizutragen. Hier wurden auf den meisten Boulevards Fahrradspuren eingerichtet und die Straßen, die Modernisierungsarbeiten unterzogen werden, sind in den befahrenen Gegenden automatisch auch mit neuen Radspuren versehen. Dass diese allgemein nicht die von den Radfahrern geforderte Breite aufweisen und mancherorts gar eine idiotische Trasse haben (sie wechselt von der Fahrbahn auf den Gehsteig und einige Meter weiter wieder auf die Fahrbahn, man hat plötzlich einen Mast mitten auf dem Radweg stehen, der Radweg verengt sich ausgerechnet in einem Kreisverkehr mir nichts dir nichts auf mickrige 30 Zentimeter und andere) ist eine andere Geschichte. Tatsache ist, dass Rad- und Elektrorollerfahrer sich diese teilen müssen, wenn sie gerade mal nicht (zusammen) mitten auf der Fahrbahn, auf dem Gehsteig oder durch die Fußgängerzone fahren, wobei gesagt werden muss, dass das letztere zwar erlaubt ist, aber nicht immer auch den höchsten Sicherheitsgrad gewährleistet. Das Brimborium scheint die Polizei auch nicht besonders zu beschäftigen, ich habe noch nie einen Verkehrspolizeibeamten gesehen, der sich zum Thema mit einem Elektrorollerfahrer unterhalten hätte, vielleicht weil allgemein in der rumänischen Verkehrsgesetzgebung auch nichts diesbezüglich festzustellen ist. Kein Wunder, die rumänische Gesetzgebung ist allgemein lückenhaft, widersprüchlich und realitätsfremd.

Hier sei als Klammer auch gesagt, dass sich die Hermannstädter Verkehrspolizei auch allgemein wenig bis gar nicht um die Sicherheit der Kinder im Straßenverkehr kümmert. Täglich sind in allen Autoarten und -Marken Kinder zu sehen, die nicht angeschnallt, zwischen den Vordersitzen stehend, halb zum Fenster hinaushängend oder gar auf dem Beifahrersitz auf dem Schoß der Mutter oder Großmutter sitzend befördert werden. Eine Vollbremsung bei rund 40-60 km/h und das Kind fliegt durch die Windschutzscheibe oder es kommt weitaus schlimmer. Verantwortungslose Eltern und Großeltern gibt es überall. Umso wichtiger ist es, dass die Polizei präsent ist und ihre Pflicht tut. Wenn ein Beamter so etwas sieht und nicht sofort handelt, wenn andere Verkehrsteilnehmer so etwas sehen und passiv bleiben (gewalttätiges Handeln oder Ähnliches sind damit ausdrücklich nicht gemeint), wofür setzen wir uns überhaupt noch ein, wenn nicht für Kinder?

Verkehrssicherheit geht nicht ohne Vernunft

Den Elektroroller-Fahrern ist es laut Polizei verboten, die Fahrbahnen zu verwenden. Dafür gibt es die Absicht, die Straßenverkehrsordnung so abzuändern, dass auch die Nutzung dieses neuen Fortbewegungsmittels geregelt wird; wie lange Zeit das aber in Anspruch nehmen kann, ist nicht abzusehen und in nächster Zukunft auch nicht zu erwarten.

So kommt es dazu, dass man die besagten Elektroroller im alltäglichen Stadtbild überall antreffen kann. Dabei sind die Fahrer auch nicht besonders auf ihre Sicherheit bedacht. Kaum einen sieht man einen Schutzhelm oder andere Schutzausrüstung tragen. Ein Freund kaufte einen Roller, fuhr am nächsten Tag Richtung Arbeit, brach sich nach einigen Metern prompt den Arm, weil er versehentlich über ein Loch im Asphalt gefahren war, und schickte das Gerät am dritten Tag auch wieder zurück. Es geht aber auch schlimmer: In der Mittagszeit, wenn die meisten aus der Arbeit fahren, um Besorgungen zu erledigen oder ihre Kinder aus dem Kindergarten oder der Schule abzuholen, und Autos und Busse die Straßen füllen, flitzt dieser stolze Vater in unserem Foto mit gleich zwei Kindern auf dem Elektroroller über die Reißenfelsgasse/Gheorghe Lazăr, auf der auch keine Fahrradspur verfügbar ist. Weder er noch die Kinder tragen einen Sturzhelm, die Schultaschen hängen am Lenker und könnten irgendwo hängen bleiben und er fährt mitten auf der Fahrbahn, als wäre er mutterseelenallein im Verkehr. Wie kommt man eigentlich darauf, seine Kinder so den Gefahren im Straßenverkehr eines Landes auszusetzen, das für den ihn prägenden Chaos und die täglichen, oft tödlichen Verkehrsunfälle europaweit bekannt ist? In Hermannstadt mag es vielleicht marginal zivilisierter zugehen als anderenorts, doch Unfälle können überall, jederzeit und aus den dümmsten Gründen eintreten. Elektroroller fahren mit aktuell bis zu 45 km/h und er fuhr geschätzte 20-25 km/h mit zwei Kindern. Eine falsche Bewegung und es wäre ein Glück und vielleicht lebensrettend gewesen, dass sie gerade in der Gegend des Kreiskrankenhauses unterwegs waren. Natürlich kann auch bei 5 km/h oder gar im Stehen oder zu Hause, am Küchentisch etwas passieren, aber man muss das Glück doch nicht grob fahrlässig herausfordern.

Fazit: Eine Änderung der Straßenverkehrsordnung muss her, die die Nutzung der Elektroroller regelt und mindestens versucht, zur Sicherheit der sich unbewusst allerlei Gefahren aussetzenden Fahrer und somit auch der anderen Verkehrsteilnehmer beizutragen. Was bis dahin an Unfällen eintreten kann, mag man sich lieber nicht vorstellen. Auf alle Fälle: Wenn es unbedingt ein Elektroroller sein muss, dann entsprechende Schutzausrüstung, sprich mindestens einen Helm, tragen und versuchen, im Verkehr auf sich und andere zu achten und – ich kann das nicht genug hervorheben – nicht zwei Kinder zugleich vor sich und ausgerechnet zur Hauptverkehrszeit auf dem Roller mitführen!