Eltern und Schüler des Goethe-Kollegs wollen ihre Lehrerin wieder

Zwei Leserbriefe unterstützen Deutschlehrerin Maria Lipan-Weber

Fast drei Monate sind vergangen, seitdem der Kontrollausschuss des Bildungsministeriums das Leben der Lehrer und Schüler des Bukarester Goethe-Kollegs vor zahlreiche Herausforderungen stellt. Eine einzige, aber gut eingebrachte Beschwerde einer unzufriedenen Mutter hat es geschafft, trotz derzeitigem Mangel an handfesten Beweisen, die Tätigkeit des Goethe-Kollegs auf den Kopf zu stellen, was nicht nur zum Rücktritt der Schulleitung geführt hat, sondern auch zu Stundenplanänderungen, zu Einsatzänderungen der  Lehrkräfte in der Mitte des Schuljahres, zu ständigen und oftmals ungeplanten Besuchen des Schulinspektorats oder des Kontrollausschusses des Bildungsministeriums und zu generellem Durcheinander, wie zahlreiche Lehrkräfte für die ADZ erklärt haben. 

Auch wenn handfeste Beweise bis dato nicht vorgelegt wurden, bzw. die Bildungseinheit die  Anschuldigungen beweiskräftig widerlegen konnte, führt das Bildungsministerium die Untersuchungen unbeirrt weiter – dies angeblich in derselben, von den Lehrkräften als demütigend beschriebenen Art, die zum Rücktritt der Schulleitung und zum spontanen Streik im Januar geführt hatte.  Gleichzeitig scheinen die Behörden die beruhigenden und ermutigenden Aussagen der neuen Schulleitung nicht wahrzunehmen, gleichwohl auch die unterstützenden Stellungnahmen der Eltern der Schüler aus den Klassen der beschuldigten Lehrkräfte. Eine der beschuldigten Lehrerinnen hat ihre Stunden bei einer der angesprochenen Klassen aufgegeben, eine andere hat sogar unbezahlten Urlaub beantragt und somit auch ihre Stunden aufgegeben, was in weiterer Folge eine zusätzliche Herausforderung nicht nur für die Schulleitung, sondern für das gesamte Fachpersonal mit sich bringt, zumal ein derart kurzfristiger Ersatz für eine Deutschlehrerin nicht leicht zu finden ist.

Tatsache ist, dass der gesamte Skandal dem Image der historischen deutschen Schule in Bukarest schadet und die Bildungstätigkeit derselben in noch größerem Maße beeinträchtigt.

In dem Versuch, wieder eine ungestörte schulische Ausbildung innerhalb des deutschen Goethe-Kollegs zu ermöglichen, geprägt von den Traditionen und Werten der deutschen Gemeinde, haben die Schüler der zurückgetretenen Lehrerin Maria Lipan-Weber sowie deren Eltern je eine Stellungnahme in zwei offenen Leserbriefen an die ADZ-Redaktion übermittelt.


Leserbrief der Eltern


Sehr geehrte Damen,
Sehr geehrte Herren, 

mit Empörung und Traurigkeit nehmen wir die Veröffentlichung von beleidigenden und verleumdenden Artikeln zur Kenntnis, die auf einseitigen, verzerrten und unwahren Behauptungen gegen die renommierte Deutschlehrerin Maria Lipan Weber beruhen, seitens Eltern dreier Schüler der 11. Klasse des Deutschen Goethe-Kollegs, welche die DSD2-Prüfung (die Prüfung zur Bestätigung des Lese- und Hörverstehens sowie der Schreib- und Sprachkenntnisse in Deutsch auf B2- oder C1-Niveau, die von der Kultusministerkonferenz der Bundesrepublik Deutschland am Goethe Kolleg mit deutschen Lehrern und mit der Unterstützung des entsprechenden Klassenlehrers bei der Prüfung der mündlichen Kommunikation organisiert wird) nicht bestanden haben und möchten darauf hinweisen, dass die Meinungen dieser Eltern nicht der Realität entsprechen und nicht mit den Meinungen der anderen Eltern und Schüler von Frau Professor Maria Lipan Weber übereinstimmen:

1. Obwohl die Schüler, die Deutsch als Muttersprache lernen, in der Regel gute Noten in der deutschen Sprachprüfung am Ende der 8. Klasse erzielen, was vor allem darauf zurückzuführen ist, dass die Prüfung in diesem Fach insbesondere in den letzten Jahren leichter war als erwartet, sehen einige Schüler die Aufnahme in die Oberstufe als einen Moment der Befreiung an, wenden sich vom Lernen ab und geben sozialen Beziehungen (online und offline), dem Aussehen und dem Selbstbild sowie ihren eigenen Hobbys und Leidenschaften den Vorrang.

2. Während das angezielte Niveau der Deutschkenntnisse am Ende der 8. Klasse die Stufe B1 ist, wofür ein DSD1-Zertifikat erworben werden kann (ausgestellt von der Kultusministerkonferenz), wird am Ende der Oberstufe (11. oder 12. Klasse) erwartet, dass die Schüler mindestens das Niveau B2 oder sogar C1 erreichen, wobei dementsprechend ein DSD2-Zertifikat erworben werden kann (ebenfalls ausgestellt von der Kultusministerkonferenz). Es ist klar, dass die Schüler auch während der Oberstufe Fortschritte machen müssen, wobei eine gute Note bei der landesweiten Bewertung am Ende der 8. Klasse nicht automatisch bedeuten muss, dass die Schüler auch die DSD2-Prüfung bestehen werden, wenn sie die Prüfung nicht ernst nehmen.

3. Die Redlichkeit der Lehrkräfte aus Deutschland, die die Kandidaten bei der DSD2-Prüfung beurteilen, steht außer Zweifel. Von den vier Prüfungen - Lesen, Hören, Schreiben und Sprechen auf Deutsch - nimmt der Lehrer des Schülers nur an der Sprachprüfung für die deutsche Sprache teil, zusammen mit zwei anderen Lehrern aus Deutschland, von denen einer der Vorsitzende des Prüfungsausschusses ist und bei erheblichen Unterschieden in der Benotung des Schülers das letzte Wort hat. Es ist ausgeschlossen, dass sich die deutschen Lehrkräfte von der rumänischen Lehrkraft beeinflussen lassen würden, um die Ergebnisse der DSD2-Prüfung zu verfälschen.

4. Es ist normal, dass Schüler, die nicht lernen, die ihre Hausaufgaben nicht machen, die die von den Lehrern formulierten Aufgaben nicht erfüllen und die der Schule mit geringem Interesse begegnen, vom Lehrer getadelt oder entsprechend benotet werden, soweit ihre Ergebnisse und ihre schulischen Leistungen insgesamt nicht zufriedenstellend sind. Es ist eben selbstverständlich, dass jeder das bekommt, was ihm zusteht, oder mit anderen Worten: man erntet, was man sät.

5. Es ist wahr, dass ein Lehrer mit Erfahrung, dessen Schüler sehr gute Ergebnisse haben, etwas anspruchsvoller, strenger und direkter in seiner Ausdrucksweise sein kann - insbesondere ein Deutschlehrer, von dem die Eltern, die ihre Kinder der deutschen Schule anvertrauen, erwarten, dass er seinen Schülern auch die deutsche Strenge und Disziplin, ebenso auch bestimmte Werte wie Ernsthaftigkeit, Pünktlichkeit und Freude an der Arbeit vermittelt. Natürlich muss nicht jeder im Einklang mit der traditionellen deutschen Erziehung sein, aber die überwiegende Mehrheit der Eltern, die ihre Kinder in die deutsche Schule bringen, hat genau diese Erwartungen - die Professor Maria Lipan Weber mit typisch deutscher Ernsthaftigkeit und Fairness erfüllt.

6. Die überwiegende Mehrheit der Eltern der Schüler, die Frau Lipan unterrichtet, ist mit ihrer Tätigkeit und ihren Leistungen sehr zufrieden, erkennt die Vorteile einer Lehrerin, die deutsche Muttersprachlerin und Verfechterin der traditionellen deutschen Erziehung ist, und hat keine überzogenen Haltungen sowie kein missbräuchliches oder willkürliches Verhalten ihrerseits wahrgenommen. Die Kinder, die getadelt werden, wissen, weswegen es passiert, die meisten von ihnen schneiden gut ab und ihre Ergebnisse im Fach Deutsch sind außergewöhnlich. Das alles wird mit den Vorteilen der übermittelten deutschen Erziehung ergänzt, die die Eltern von dieser Schule der deutschen Minderheit erwarten.

7. Die überwiegende Mehrheit der Schüler von Frau Professor Weber liebt ihre Lehrerin, bewundert sie und wünscht sich, dass sie so bald wie möglich in den Unterricht zurückkehren kann.

Bildhaft für die Einstellung und die Meinung des Großteils der Eltern und Schüler ist die rührende Stellungnahme der Schüler der Lehrerin Lipan Weber (auf Deutsch, an eine Deutschlehrerin), sowie die mit Enthusiasmus von den Eltern der Schüler gezeichneten Stellungnahmen, die wir diesem Schreiben beilegen (mit anonymisierten Unterschriften). Die Stellungnahmen wurden auch dem Kontrollausschusses des Bildungsministeriums vorgelegt.

In der Hoffnung, dass in Zukunft nicht ausschließlich abweichende Meinungen, bescheidene schulische Leistungen und einzelne Verhaltensweisen von Schülern, die nicht lernen, als Maßstab für eine ganze Schule genommen werden, bitten wir Sie, die vorliegende Stellungnahme der anderen Eltern der Schüler von Lehrerin Maria Lipan Weber vom Deutschen Goethe-Kolleg zu veröffentlichen.

Unterschrieben: 
Die Eltern der Schüler


Offener Brief der Schüler an ihre Lehrerin

Liebe Frau Weber,

Wir möchten Ihnen mitteilen, wie sehr wir Ihre Entscheidung bedauern, unsere Schule zu verlassen. Von Anfang an haben Sie nicht nur Ihre Pflichten als Lehrerin erfüllt, sondern Sie haben auch einen einzigartigen und positiven Einfluss auf uns alle gehabt.

Ihre Art,wie Sie uns unterrichtet haben, ging weit über die bloße Vermittlung von Wissen hinaus. Auch wenn Sie streng waren, haben Sie uns ermutigt, uns selbst zu entdecken, uns in Diskussionen einzubringen und uns stets unterstützt, unsere Fähigkeiten zu verbessern. Ihre Leidenschaft für das Unterrichten hat uns inspiriert und uns geholfen, selbst in den schwierigsten Momenten nicht aufzugeben.

Es ist nicht nur Ihre Fachkompetenz, die uns dazu bewegt, Sie zurück in unserer Schule haben zu wollen. Es ist Ihre Fürsorge und Ihre Fähigkeit, jeden einzelnen Schüler zu unterstützen und zu ermutigen, sein Bestes zu geben. Sie sind mehr als nur eine Lehrerin für uns, Sie sind eine vertrauenswürdige Ratgeberin und eine Mentorin.

Wir verstehen, dass Veränderungen manchmal unausweichlich sind, aber wir möchten Sie dringend bitten, Ihre Entscheidung zu überdenken und wieder zu uns zurückzukehren. Ihre Abwesenheit wird eine Lücke in unserer Schule hinterlassen, die nicht leicht zu füllen sein wird. Wir glauben fest daran, dass unsere Lernerfahrung ohne Sie nicht vollständig ist.

Bitte denken Sie darüber nach, wie viel Sie für uns bedeuten und wie sehr wir Ihre Anwesenheit schätzen. Ihre Rückkehr würde nicht nur uns Schülern, sondern auch der gesamten Schulfamilie Freude bereiten.

Mit aufrichtiger Wertschätzung und der Hoffnung auf Ihre Rückkehr,
Ihre Schüler