Entlastung noch nicht in Sicht

Entwicklung, Straßen und Parkplätze bringen Hermannstädter Verkehr ins Stocken

„Gut“, „schnell“ und „billig“ sind nicht unter einen Hut zu bekommen. Soll es gut und schnell gehen, dann wird es teuer. Soll es schnell und billig werden, dann darf man keine Qualität erwarten. Will man etwas gut und billig gemacht haben, dann geht dies nicht schnell. Das Prinzip kann man auch in Hinsicht auf die Hermannstädter Stadtentwicklung anwenden und ihre Straßeninfrastruktur, die zusammenzubrechen droht. Die Stadt hat in den vergangenen bald 20 Jahren, zuerst unter der Leitung des vormaligen langjährigen Bürgermeisters und aktuellen Staatspräsidenten Klaus Johannis und dann, seit anderthalb Mandaten, der aktuellen Bürgermeisterin Astrid Fodor eine beachtliche Entwicklung durchgemacht. Aus einer langweiligen, farb- und reizlosen Provinzstadt mauserte sich Hermannstadt zu einem der leistungsstärksten Entwicklungspole in Siebenbürgen. Das Kulturleben blüht dank der Festivals und Kulturveranstaltungen, die hier das ganze Jahr über stattfinden und beachtliche Touristenmassen anziehen. Das akademische Angebot, die Qualität des Unterrichts und die vielfältigen Möglichkeiten, sich an Studentenwettbewerben, Freiwilligen- und Studienprogrammen zu beteiligen, ziehen jährlich Hunderte Jugendliche aus der ganzen Region nach Hermannstadt, die sich meist auch hier niederlassen. In diesen drei Punkten hat die Stadtverwaltung zusammen mit ihren Partnern einen unbestrittenen und lobenswerten Erfolg erzielt.

Beim Punkt der Mobilität aber kommt Hermannstadt langsam zu einem Stillstand. Die Infrastruktur wird gut verwaltet, hier kann man eigentlich wenig bemängeln. Liefen die Straßenarbeiten zur Zeit des vormaligen Bürgermeisters Klaus Johannis eher gemächlich (wobei aber gesagt werden muss, dass auch dann einiges geleistet wurde, man siehe die Planung und das Erwirken der Finanzierung zum Bau der Überführung in der Kog˛lniceanu-Straße oder die Boulevards, deren Fahrbahnbeläge mehrmals erneuert wurden und zahlreiche Erneuerungsarbeiten an den Versorgungsleitungen und der Straßeninfrastruktur in vielen Stadtteilen), sind sie unter der Leitung von Astrid Fodor so richtig auf Hochtouren gekommen. Sie brachte die Modernisierung der Straßenviertel ins Rollen, sagte den Schotterstraßen den Kampf an und zumindest in der warmen Saison wird in den allermeisten Stadtteilen modernisiert und asphaltiert, was das Zeug hält. Das Problem ist also nicht die Qualität oder dass in dieser Hinsicht nicht genug getan werden würde, sondern dass die Stadt leider nicht dehnbar ist. Die Boulevards, die Junge-Wald-Straße/Calea Dumbrăvii, die Poplaker Straße/Calea Poplăcii, die Heltauer Straße/Calea Cisnădiei sind Verkehrsstrecken, die zwar erweitert und modernisiert wurden, teilweise wurde hier der Einbahnverkehr eingeführt, doch reicht dies zu den Verkehrshauptzeiten bei Weitem nicht mehr aus. Zu diesen Problemzonen gesellte sich auch die Mitte November eröffnete Promenada Mall an der Bahnhofsbrücke, die knapp zwei Wochen lang für stockenden Verkehr in der Gegend sorgte. Über die besagte Brücke verläuft der Verkehr aus zwei Stadtteilen und die zwei Wohnblockgegenden, die sich zurzeit jenseits der Bahnhofsbrücke entwickeln, werden die Lage wesentlich erschweren. Dazu verfügt die Brücke nur über eine Fahrbahn in jede Richtung, sodass die zukünftige Entwicklung keine Überraschung sein dürfte.

Das Bürgermeisteramt ist zumindest deklarativ bemüht, dieser schwierigen Lage entgegenzuwirken, und es ist bekannt, dass bedeutende Erweiterungsmaßnahmen an der Heltauer Straße und der zukünftigen Südumfahrung geplant sind, die den Verkehr in der Stadt wesentlich entlasten sollen. Es wird versucht, den öffentlichen Nahverkehr durch Neuanschaffungen und neue Nahverkehrstrassen attraktiver zu gestalten. Bis diese Maßnahmen jedoch greifen, sitzen die Hermannstädter zuweilen mehrere Stunden in der Woche im Stau. Was soll man anderes auch tun? Eine junge Familie mit zwei kleinen Kindern, zum Beispiel, und dieser Fall ist dank der blühenden Stadtentwicklung verhältnismäßig oft anzutreffen, besitzt mindestens ein Fahrzeug. Wegen der Wege und Besorgungen, die teils in verschiedenen Stadtteilen zu erledigen sind, steigt man ins Auto oder teilt sich sogar auf zwei auf und dann sitzt man eben im Stau. Die Schlussfolgerung ist einfach: Was bislang getan wurde, reicht bei Weitem nicht mehr aus. Zum Einsatz kommt dieselbe Anzahl Nahverkehrsbusse, die zwar neu aber zahlenmäßig unzureichend sind und, mangels eigener Fahrspuren, da die Boulevards und Straßen eben nicht dehnbar sind, gemeinsam mit den anderen Fahrzeugen im Stau stehen und einfach unattraktiv sind. Die Fahrradpisten, auf die oft verwiesen wird, sind aufgrund ihrer Lage und Ausführung und der noch unvollständigen Trassen zwischen den Stadtteilen noch lange nicht attraktiv genug, um so genutzt zu werden, dass sie zu einer Entlastung des Verkehrs beitragen könnten. Als alternative Transportmöglichkeiten kämen zurzeit nur diese Varianten in Frage. Zuweilen war auch noch eine dritte angedacht, nämlich die Einführung oder Wiedereinführung der Straßenbahn oder, infolge des ausgearbeiteten Plans für urbane Mobilität, einer Stadtbahn, doch konnten konkretere Schritte diesbezüglich aus verschiedenen objektiven Gründen noch nicht getan werden.

Ihren nicht unwesentlichen Beitrag zum Verkehrschaos in Hermannstadt leisten auch die Parkplätze und die Parkbereiche in und um die Altstadt. In der Altstadt ist das Bürgermeisteramt gerade dabei, nach der Schließung des Huetplatzes auch andere Bereiche vom Verkehr zu befreien, was einerseits gut und löblich ist, andererseits aber nicht dem Verkehrsproblem entgegenwirkt, denn der Verkehr hier wird, ohne das zu wollen, auf die umliegenden Straßen abgewälzt, die zumindest in der Altstadt eben nicht dazu gedacht sind, ausreichend Stellplätze für alle diese Fahrzeuge zu bieten. Gegen den Verkehr in der Altstadt versucht das Bürgermeisteramt dadurch vorzugehen, dass es die Bürger ermutigt, zu den alternativen Fortbewegungsmitteln zu wechseln, doch ob das zum gewünschten Ergebnis führen wird, bleibt abzuwarten. Bis dahin ärgern sich die Bürger über die hohen Parkgebühren und die regelmäßig abgeschleppten Fahrzeuge oder die von der Lokalpolizei verhängten Strafen fürs Falschparken, die Taxifahrer über die unzureichenden Taxihaltestellen und die von der Lokalpolizei verhängten Strafen und die Bürger, Touristen und Taxifahrer zusammen, wenn sie zu den Hauptverkehrszeiten und während großangelegter Festivals in und um die Altstadt im Stau stehen oder ihnen gar zwischen dem Hermannsplatz/Piața Unirii und der Heltauergasse/Nicolae Bălcescu die Zufahrt verboten wird.

Was nun kommen mag, bleibt abzuwarten. Die Zukunft der Parkgarage am Bahnhofsplatz ist ungewiss und nach der Ausarbeitung der Machbarkeitsstudie im Vorjahr hat sich hier heuer wenig gerührt. Das Bürgermeisteramt hat das Ausschreibungsverfahren für die Ausarbeitung des technischen Projektes mittlerweile zum vierten Mal angegangen. Trotz der Erhöhung des Haushaltes um 30 Prozent lässt sich eine Projektgesellschaft zurzeit noch nicht blicken, weil der bürokratische Weg sehr schwierig ist und die Richtlinien angepasst werden müssten. Die lang erwartete Südumfahrung wird einigermaßen zur Entlastung des Verkehrs durch die Verbindung des Goldtal- und des Architektenviertels mit der Industriezone West beitragen, doch stehen die Ausarbeitung des technischen Projektes und die Ausführung der eigentlichen Arbeiten noch aus, was auch einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Die weiteren Verbindungsstraßen und die neue Brücke, die im Strandviertel entstehen werden, lassen auch noch einige Zeit auf sich warten, was auch für die Verbindungsstraßen nach Schellenberg/Șelimbăr gilt.

Summa summarum heißt es: warten, warten, warten. Wir warten alle im Verkehr, wir warten auf die Projektgesellschaften, die die Lösungen für die herbeigesehnte Entlastung des Verkehrs ausarbeiten sollen, und auf die Baufirmen, die die Arbeiten ausführen werden. Was danach aber kommen mag, könnte nur wirklich funktionieren, wenn sich die Hermannstädter als Gemeinschaft auch aktiv dafür einsetzen und beispiels-weise nicht mehr ins Auto steigen, wenn eine Besorgung auch mit dem Rad oder dem Bus erledigt werden kann, oder nicht mehr in unmittelbarer Nähe des Großen Rings/Piața Mare parken müssen und so die Straßen der Altstadt füllen, sondern auf die Parkplätze in der Umgebung zurückgreifen. Daher bleibt den Hermannstädtern nichts anderes übrig, als zu warten und zu hoffen, dass, wenn die vom Bürgermeisteramt angestrebten Lösungen schon teuer sind und ihre Umsetzung verhältnismäßig lange Zeit in Anspruch nimmt, sie mindestens zu den gewünschten, nachhaltigen Lösungen führen werden.