Fotografische Nostalgieausstellung über Reschitza

Das Donauschwäbische Zentralmuseum zeigt Fotos aus dem Glasplattenfundus des Reschitzaer Museums des Banater Montangebiets

Auf dem Gelände der Lokomotivfabrik in Reschitz/Reșița. Die erste in Reschitz für die staatliche Eisenbahngesellschaft C.F.R. (Căile Ferate Române) gebaute Lokomotive mit der Nummer 50.243 konnten der Generaldirekter der U.D.R. und Transportminister Văleanu König Ferdinand I. am 10. Juni 1926 übergeben.
Foto: Vermutlich Hermann Heel, Museum des Banater Montangebiets, Reschitza

Anstich eines Hochofens in Reschitz/Reșița, um 1938
Foto: Hermann Heel, Museum des Banater Montangebiets, Reschitza

Am kommenden Sonntag, dem 3. Oktober, 16.30 Uhr, wird im Foyer der Reschitzaer Außenstelle der Klausenburger „Babeö-Bólyai“-Universität die Ausstellung „Glühender Stahl und rauchende Schlote. 300 Jahre Industriegeschichte des Banater Berglands“ eröffnet. Die Ausstellung beruht auf digital bearbeiteten Glasplatten aus dem Archiv des Reschitzaer Museums des Banater Montangebiets, die großformatig reproduziert und als Roll-ups gezeigt werden. 

Es handelt sich um eine Auswahl von 60 Fotografien, die der Industriearchäologe Dr. Volker Wollmann für das Donauschwäbische Zentralmuseum (DZM) in Ulm traf und die überwiegend vom langjährigen Reschitzaer Werksfotografen Hermann Heel stammen. Die Aufnahmen stammen aus der Zeitspanne zwischen den Jahren 1920 und1960.

Aus Aussagen des seinerzeitigen Leiters des Stadtmuseums von Reschitza, Dr. Volker Wollmann, ist bekannt, dass die Leitung der Reschitzaer Werke 1967 anlässlich einer „Entrümpelungsaktion“ die im Fotoatelier des Werks gestapelten rund 2000 Glasplatten „entsorgen“ wollte, und dass diese sozusagen im letzten Augenblick von dem Museografen des Stadtmuseums Reschitza „gerettet“ wurden, indem sie die Glasplatten übernahmen. Allerdings lagerten sie seither im Museumsdepot und sind auf keine Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden. Bis das Ulmer Donauschwäbische Zentralmuseum (DZM) 2018 die Initiative ergriff und durch den heute in Deutschland lebenden, aber in Rumänien als Industriearchäologe äußerst aktiven Dr. Wollmann (der seine Berufskarriere in Reschitza als Geschichtslehrer begann) die Platten sichten und das Gesichtete digitalisieren ließ.

Was für das deutsche Publikum durch diese Ausstellung eine Korrektur zum Standardbild der Industrialisierung bedeuten konnte – dito: Nicht nur in England und im Ruhrgebiet gab es so etwas, sondern auch in Osteuropa! –, das dürfte für die Reschitzaer Besucher der Ausstellung ein starker Faktor der Nostalgie und ein Anstoß zu Erinnerungen sein: Die Fotos legen Zeugnis ab von der einst überwältigenden Dominanz von Reschitza – und implizite des Banater Berglands – in der Schwerindus-trie des nach dem ersten Weltkrieg entstandenen Großrumäniens. Die Ausstellung dokumentiert den Beginn dieser Industrialisierung ab 1718, über den 1872 begonnenen Bau von Dampflokomotiven sowie den Modernisierungsschub in der Zwischenkriegszeit.

Ein anderer Bereich der Ausstellung erzählt von den Menschen, die diese Schwerindustrie am Laufen hielten: Die rumänische Mehrheitsbevölkerung und Angehörige weiterer 18 Ethnien, die aus der ganzen Donaumonarchie angelockt wurden und deren Nachkommen größtenteils heute noch im Banater Bergland leben. „Sie beleuchtet das Mit- und Nebeneinander der verschiedenen Kulturen, den harten Alltag der Arbeiter, die Feste, die sie feierten, die Vereine, die sie gründeten und die Kämpfe, die sie ausfochten“, heißt es in der den Medien zugestellten Ausstellungspräsentation des DZM. 

Zur Vernissage in Reschitza am Sonntag reist der Ulmer Museumsleiter Christian Glass an, es spricht unter anderen auch der Historiker Dr. Rudolf Gräf, ein gebürtiger Reschitzaer. Die Ausstellungseröffnung gehört zur Veranstaltungsreihe des 250. Gründungsjahrs der Industrie im Oberen Bersautal, die über das gesamte Jahr 2021 das Kulturgeschehen in Reschitza dominiert.