Gefahrenbereich: historisches Baudenkmal

Vielversprechende Gesetzesinitiative soll Gebäudesicherung stärken

In Rumänien gab es zum Stand des Jahres 2022 rund 800 Baudenkmäler, die kurz vor dem Kollaps standen, einige davon auf der UNESCO-Liste des Weltkulturerbes – erklärt Architekt Eugen Vaida, Gründer und Vorsitzender des landesweit aktiven Denkmalschutzvereins „Ambulan]a pentru Monumente“. Dieser ist erst vor wenigen Wochen mit dem Großen Preis des Architekturbiennale Rumäniens ausgezeichnet worden. Gelegentlich fühlen sich aber die Rettungsaktionen des Vereins mit ehrenamtlichen Helfern unter fachlicher Anleitung wie eine Sisyphusaufgabe an: Wird ein Baudenkmal von der Ambulanz aus dem Gefahrenbereich gerettet, tun sich andern Orts neue Einsturzgefahren auf. Längst steht fest, dass die Zivilinitiativen nicht leisten können, wo der Staat gefragt ist. Schließlich sind Baudenkmäler identitätsstiftend für das gesamte Land.

Im Frühjahr hat der Denkmalschutzverein eine Gesetzesinitiative in die Wege geleitet, die nun in die entscheidende Phase getreten ist. Unter dem Titel „ Nationalprogramm zur Außergefahrbringung immobiliären Kulturerbes“ („Programul National de Scoatere din Pericol a Patrimoniului Cultural Imobil“ - PNSP) soll dem Gegenargument, dass kein ausreichendes Staatsbudget für den Denkmalschutz vorhanden sei, konkret begegnet werden. Die Gesetzesinitiative ist folglich eigentlich eine Gesetzesänderung mit administrativem Charakter, die in das seit über zwanzig Jahren bereits bestehende Gesetz zum Schutz von Baudenkmälern (legea nr. 422) gezielt eingreift und es ergänzt.

Der im März durch Senatoren (PNL) aus der Moldau eingebrachte Vorschlag reifte mit einigen Anpassungen im Senat, erhielt dort zunehmend Unterstützung von weiteren Senatoren (PNL) aus allen Regionen des Landes, durchlief dortige Fachkommissionen, wurde schließlich als Gesetzesvorhaben verabschiedet und Mitte September an die Abgeordnetenkammer verwiesen. Dort wird es inzwischen von zwei Fachausschüssen befürwortet, weitere Erörterungen stehen kurzfristig an, um danach im Parlament debattiert und hoffentlich beschlossen zu werden.

Die Gesetzesinitative „PNSP“ soll das Kulturministerium verstärkt in die Pflicht nehmen. Ziel ist es, landesweit jährlich rund 100 Baudenkmäler aus dem Gefahrenbereich zu holen. Demnach soll das Amt für Kulturerbe (Direc]ia de Patrimoniu Cultural) alljährlich im September eine Prioritätenliste gefährdeter Baudenkmäler für Förderprojekte vorschlagen, die jedoch mit mindestens zwei Vorhaben je Landeskreis ausgeglichen gestaltet sein muss. Auf Basis jener Liste soll alljährlich im Oktober dann vom Kulturministerium der Vergabewettbewerb eröffnet werden, wobei die entsprechenden lokalen Ämter der Kreisräte mit eingebunden werden. Anfang November ist folglich die Klassifizierung der Vorhaben nach definierten Maßstäben vorgesehen. Eingabeberechtigt sind u.a. Eigentümer – Privatpersonen wie auch Institutionen. Im Dezember jeden Jahres sollen schließlich genehmigte Förderprojekte des Nationalprogrammes PNSP publik gemacht werden, wobei die maximale Förderhöhe 500.000 Lei betragen soll. Offensichtliches Anliegen ist es, gefährdete Baudenkmäler zu sichern und nicht komplett zu sanieren. Eine Renovierung ist im gleichen Rahmen dennoch über ergänzende anderweitige Fördermöglichkeiten gegeben. 

Der Clou: Um Budgetlücken vorzubeugen sieht das Gesetzesvorhaben vor, dass 3% der Staatseinnahmen aus Glücksspielen dem dafür vorgesehenen Fond im Gesetz Nr. 422 zum Schutz von Baudenkmälern zugewiesen werden – und zwar spätestens bis zum 31. Mai. 

Die Dringlichkeit dieser Initiative, die eigentlich eine administrative Präzisierung bestehender Gesetze darstellt, verdeutlicht die Situation aus dem Vorjahr. Aus den existenten Programmen des Nationalinstituts für Kulturerbe wurde im Jahr 2022 ein Budget von lediglich 1.500.000 Lei für Sicherungsmaßnahmen eingeplant, ohne jedoch einen Vergabewettbewerb für Projekte auszuschreiben. Für Restaurierungsmaßnahmen wurden 2022 insgesamt nur 13.500.000 Lei dreißig Projekten zugewiesen, wovon keines eine Sicherungsmaßnahme dargestellt hat. Dabei waren 219 Baudenkmäler den Behörden als einsturzgefährdet bekannt, zu denen 184 gefährdete Sakralbauten hinzukommen. Eile ist geboten und auch als „eiliges Verfahren“ wurde das Gesetz unter der Federführung von Senator Liviu Bratescu (Jassy/Ia{i) in die Wege geleitet.

Architekt Eugen Vaida und „sein“ Verein ruft als treibende Kraft dazu auf, Abgeordnete auf dieses Gesetzesprojekt Nr. 503/2023 anzusprechen, damit es - ohne aufgeweicht zu werden - in der  parlamentarischen Abstimmung die erforderliche Mehrheit erhält. Seine Praxiserfahrung im Bereich von Denkmalschutz vor Ort als auch mit Förderpraktiken und Behörden spiegelt sich in diesem Gesetzentwurf wieder. Die Situation in der Kirchenburgenlandschaft Siebenbürgens sowie städtischer Baudenkmäler wie auch von Bauerngehöften in traditioneller Bauweise, Synagogen und öffentlicher Gebäude, die das Stadtbild prägen, aber deren Fassade mit Fangnetzen verhangen sind, damit abbröckelnder Putz Passanten nicht gefährdet – all das ist bekannt. 33 Jahre nach der Wende kann man sich nicht lediglich auf Fördermittel der EU, des britischen Königshauses, Kulturstiftungen, Privatspenden, bürgerschaftliches Engagement berufen – der rumänische Staat ist in der Bringschuld. In diesem Sinne ist dieses Gesetzesvorhaben ein verbindlicher und damit wichtiger Schritt, der Unterstützung braucht.