„Ich träume von einem grünen Rumänien“

Der Erfinder, der uns von fossilen Brennstoffen befreien will

Der Mann, der Putin eine lange Nase drehen will: Erfinder Iuliean Horneţ

Diplome aus aller Welt bestätigen den Wert der Erfindung.

Beispiele für Brennstoffpellets aus Biomasse - und ihre Schlacken
Fotos: George Dumitriu

Putin droht wackelnd mit dem Zeigefinger, während er am Gashahn schraubt. Doch das kleine Männchen im Blaumann zeigt sich wenig beeindruckt: Frech dreht es ihm eine lange Nase, während seine Kumpels hinter ihm auf orangenen Brennern hocken und in ganz Europa einheizen. So ungefähr sieht der Zeichner Vali Ivan das Werk des Erfinders, der von sich behauptet: Ich kann die Welt von fossilen Brennstoffen befreien! Ein gewaltiger Satz, den man sich erstmal auf der Zunge zergehen lassen muss - in Anbetracht all der Ratlosigkeit, die Politiker und Fachleute befällt, wenn es darum geht, die Treibgasemissionen in den nächsten Jahren so drastisch herunterzuschrauben, dass ein 2°C-Szenario der Erderwärmung noch zu halten und die drohende Klimakatastrophe abzuwenden ist. Ein Satz, der aber auch neugierig macht auf den Rumänen, der, während diese Zeilen entstehen, gerade beim Premierminister in Tirana weilt und zwei Tage später in Pjöngjang auf Einladung der nordkoreanischen Regierung. „Eigentlich träume ich nicht, ich realisiere“, korrigiert sich Iuliean Horneţ energisch. „Denn wenn ich einen Traum habe, muss ich ihn unerbittlich verfolgen.“

Es ist dunkel in der Eingangshalle der Firma EcoHornet. Die meisten Angestellten sind längst heimgegangen. Der Mann im orangenen Pulli und der legeren Lederjacke posiert vor einem Ständer voller Urkunden aus aller Welt: Elitemitglied der „World Confederation of Businesses“ in Houston, Manager des Jahres im International Socrates Committee, bestes Unternehmen im Europe Business Assembly sowie die Silber- und Goldmedaille der UGAL INVENT für die Erfindung eines ökologischen Multissystem-Brenners für Biomasse in Pelletform...

Daneben eine weitere Vitrine mit transparenten Gefäßen, die etwas beinhalten, das wie Hundefutter aussieht. Iuliean Horneţ greift in eines der Gläser und läßt ein Bröckchen in meine Hand gleiten. Es ist trocken, geruchlos, fast will ich hineinbeißen, um herauszufinden, woraus es besteht. Das könnte man auch, versichert der Erfinder. Denn obwohl es aus einer Kläranlage stammt, ist es nahezu steril - ein Pellet aus Klärschlamm, verbrannt mit über 1250 Grad zu neutraler Asche, die man nun als Dünger im Garten verstreuen kann. Rückstandslos in Flammen aufgegangen bei Hochofentemperaturen, bei denen sogar Metalle schmelzen - nur der Ofen von Iuliean Horneţ nicht. Während er das Bröckchen zwischen den Fingern zu Staub zerbröselt, erzählt er amüsiert von einem japanischen Kunden, den er vier Jahre nach dem Verkauf einer solchen Heizanlage zufällig wieder traf. „Na, funktioniert der Brenner noch?“ begrüßte er den Asiaten. Dieser antwortete entwaffnend ehrlich: „Der Ihre schon - nur der unsere ist beim ersten Versuch geschmolzen...“.

Biomasse rückstandlos verbrennen

Ein Bröckchen aus einem anderen Glas landet in meiner Hand. Diesmal kein Abfall, sondern Brennstoff: Ein Pellet aus Stroh, Garten- oder Hausmüll, wenn es sein muss, sogar aus Altkleidern und Autoreifen. „Alles was brennt ist geeignet, zu Pellets gepresst zu werden, sogar Substanzen mit hohem Siliziumgehalt, die kein anderes System verträgt“, erklärt Iuliean Horne]. Ob verbrauchte Einstreu von Tieren mit allem, was sich darin angesammelt hat, ob Sonnenblumenstängel oder Artischockenschalen nach dem Herauslösen der Frucht. „Die Natur beliefert uns gratis“, scherzt er und fügt an, ohnehin sollte man Ernteabfälle nicht auf den Feldern liegenlassen, weil sie dort vergammeln und Treibgase produzieren oder Nitrite ins Grundwasser infiltrieren.

Doch was ist so neu am Verbrennen von Müll? Und vor allem - was macht es umweltfreundlich? Trotz der späten Stunde nimmt sich Iuliean Horne] ausgiebig Zeit und führt durch die Lagerhalle. Auf Knopfdruck erwacht ein riesiger Heißlufterhitzer zum Leben, der mit einer Handvoll automatisch angesaugter Pellets fast augenblicklich Wärme spendet - alles automatisiert. Nach der Demonstration wirft er seine Powerpoint-Präsentation an. Bunte Balkendiagramme bevölkern eine weiße Wand. Der CO-Ausstoß in Milligramm pro Kubikmeter: das vorgegebene Ziel für 2018 zum Klimaschutz liegt bei 300 - der Brenner, den Iuliean Horneţ erfunden hat, unterbietet es mit 100 mg/m3 bei einer Effizienz von 94-97 Prozent.
Zum Vergleich: die in Deutschland zugelassenen Höchstwerte liegen bei 1000, rumänische Standardwerte bei 2500. Ähnlich die Werte für Emissionen von Partikeln und flüchtigen organischen Verbindungen: Die Zahlen, seit Jahren veröffentlicht auf der mehrsprachigen Homepage von EcoHornet, sind bislang unangefochten. „Einmal schickten mir die Amerikaner einen Experten von einem Analyselabor ins Haus“ berichtet Iuliean Horneţ. „Ich ließ ihn messen, bat ihn aber im Gegenzug um die Emissionswerte der Konkurrenten, die ihn beauftragt hatten.“ Schnell war klar, dass Horneţs Werte, die in der Fachwelt zwar als unglaublich gelten, die Realität wiedergeben. „Meine Produkte sind geeignet für die anspruchsvollsten Anforderungen des dritten Jahrtausends bezüglich Emissionen und Effizienz - und dies bereits nach den Standards, die erst bis zum Jahr 2050 umgesetzt werden müssen“, bezieht er sich auf das Klimaprotokoll. Ohne Rauch, ohne Ruß und giftige Dioxine, denn die bilden sich erst gar nicht bei den hohen Temperaturen. Auch Schornsteinfegen ist daher überflüssig, ja, nicht einmal einen Kamin braucht man, es genügt ein einfaches Rohr. Vor allem aber handelt es sich um erneuerbare Energie aus Biomasse, die ganz ohne Abholzungen auskommt!

Energetische Unabhängigkeit für alle

Rentabel ist das System für jeden Betrieb, in dem Biomasse als Abfall entsteht: Maiskolben und -stängel, Dreschreste, Gartenabfälle oder Unkraut sind geeignete Rohstoffe für Pellets. Bereits der Hausmüll einer Familie deckt gut die Hälfte ihres Brennstoffbedarfs ab, erklärt Horneţ. Wer selbst keine Pellets produzieren will, kann sie freilich auch im Handel kaufen, wobei Rindenreste oder andere Verunreinigungen, die bei herkömmlichen Pelletheizungen die Zufuhrschnecke verkleben, für diesen Brenner kein Problem sind. Für landwirtschaftliche Betriebe lohnt sich hingegen der Erwerb einer Presse.
Der Erfinder rechnet vor: „Für eine Hühnerfarm, wo man nur den Boden heizen muss und nicht die ganze Halle, sichern die während eines Jahres anfallenden Exkremente plus Einstreu den Brennstoff für das gesamte nächste Jahr.“ Hunderte Betriebe im In- und Ausland arbeiten bereits mit seinem System: Ein Blumenproduzent in Slatina, der für das Beheizen von 1000 Quadratmetern Glashausfläche mit Dieselöl 36.000 Euro im Jahr ausgab, zahlt seit der Umrüstung zwischen 3600 und 6000 Euro. Mit dem Erwerb einer Presse, die eigene Gartenabfälle in Pellets transformiert, wurden die Kosten nochmal auf 2000 Euro gesenkt.

Sogar Wohnblocks und Häuserviertel lassen sich mit einer Zentralheizungen auf Pelletbasis ausstatten: Für einen Block mit 13 Etagen in Bukarest fielen nach der Umstellung für jede der 50-Quadratmeter-Appartments 165 Euro Heiz- und Warmwasserkosten an - pro Jahr! Nicht einmal die Arktis kann Iuliean Horne] schrecken: Seine jüngste Erfindung ist ein mobiler Heißluftgenerator, der bei Schneesturm, Regen und bis zu minus 45 Grad Celsius funktioniert. Die neueste Herausforderung, an der er bereits tüftelt, ist ein pelletbetriebenes Auto mit einem Stirlingmotor.

Erfinder aus Leidenschaft

Das Basteln lag dem Erfinder schon in der Kindheit im Blut. Stundenlang konnte er einsam über technischen Büchern brüten. Lachend erinnert er sich an ein altes Militärmotorrad, das er wider Erwarten aller zum Laufen brachte. Das ganze Dorf sollte es erfahren, und so drehte der Junge das normalerweise nach oben gebogene Auspuffrohr kurzerhand um und preschte damit über die staubige Dorfstraße. Gärten, frisch aufgehängte Wäsche und wütende Menschen versanken in einer gigantischen Staubwolke! Später, in der Militärschule, glänzte er immer wieder mit ungewöhnlichen technischen Lösungen. „Für mich war es die beste aller Schulen - dort hab ich die Basis für alles weitere erhalten“, schwärmt der Autodidakt, der sich dort auch als Ballistiker im Kanonenbereich einen Namen machte.

Doch mit den neuen Möglichkeiten nach der Wende kam auch der Wunsch nach beruflicher Unabhängigkeit. 2002 erwarb er ein Gelände am Stadtrand von Bukarest, gründete eine Transportfirma und handelte mit Fahrzeugen, Ersatzteilen und Baumaschinen. „So begann auch die Geschichte meiner Erfindung“, verrät er augenzwinkernd. Denn Berge von Autoreifen hatten sich angesammelt, die irgendwie entsorgt werden mussten, erzählt Iuliean Horne]. Sein Bruder Aurel - Metallurgieingenieur und ein ebenso begeisterter Tüftler wie er - hatte sich hierfür eine Verbrennungsanlage mit automatisierter Zufuhr für Kautschukbriketts ausgedacht. „Da sagte ich ihm, das geht nicht mit Briketts - lass es uns mit Pellets versuchen“, erzählt der Erfinder und fügt an: „2008 waren unsere ersten Injektoren auf dem Markt, 2009 zwei experimentelle Brenner.“

Als der Bruder 2011 unerwartet verstarb, beschloss er, alle anderen Geschäfte aufzugeben und sich nur noch auf die Entwicklung von Heizzentralen zu konzentieren. Fieberhaft arbeitete er an der Kontrolle der Emissionen. Ein Jahr lang verbrachte er jede zweite Nacht vor dem Brenner, beobachtete den Abbrand und dachte nach, wie man das Problem der verschiedenen Abbrandgeschwindigkeiten lösen könne. „Es ist mir gelungen“, bemerkt er bescheiden lächelnd.

Hindernisse für ein grünes Rumänien

Immer wieder erhält der mittlerweile auf internationalen Messen und Konferenzen herumgereichte Erfinder Angebote namhafter Firmen, sein Patent oder zumindest eine Produktionslinie zu verkaufen. Für Iuliean Horneţ kein Thema. „Was soll ich mit den Millionen?“ braust er unwillig auf. Seine Ideen gehören zu ihm wie Kinder, die man nicht einfach verschachert.

„Wo sehen Sie sich in drei Jahren?“ will ich von ihm wissen. „In drei Jahren könnte Rumänien energetisch unabhängig und grün sein“, kommt es wie aus der Pistole geschossen. Leider stehen die Gesetze hierzulande diesem Traum noch im Weg, fügt er etwas bitter an. Es gibt kaum Unterstützung für umweltfreundliche Technologien, statt dessen jede Menge rechtlicher Hindernisse. Horneţ schwärmt von England, wo grüne Energien seit über 20 Jahren durch massive Steuernachlässe und Subventionen gefördert werden, oder von Frankreich, das gerade im Begriff ist, nachzuziehen. Kein Wunder, dass Rumänen auswandern und nun dort Energie produzieren, wie er erzählt. Im Hinblick auf den Besuch beim albanischen Premierminister meint er nachdenklich: „Wenn es mit Rumänien nicht klappt, dann wünsche ich es mir zumindest für Albanien... oder ein anderes Land in Osteuropa.“