Identität – Nationalität – Politik

25 Jahre seit der Gründung des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien

Der DFDR-Abgeordnete Ovidiu Ganţ, Interims-Bürgermeisterin Astrid Fodor und der DFDR-Vorsitzende Dr. Paul-Jürgen Porr auf der Pressekonferenz

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier mit Mitgliedern der Volkstanzgruppe des Brukenthalgymnasiums Fotos: Vlad Popa

Vor 25 Jahren gab es einen kritischen Moment, als in den ersten Monaten 1990 die Hälfte der deutschen Gemeinschaft Rumänien in Richtung Deutschland verließ. Der letzten Volkszählung vor der politischen Wende zufolge lebten 250.000 Rumäniendeutsche im Land. Beim Zensus 1992 waren es nur mehr rund 120.000. Zehn Jahre später wurden rund 60.000 Angehörige der deutschen Minderheit gezählt, bei der letzten Volkszählung im Jahr 2012 waren es rund 40.000. Selbst wenn die Ziffern relativ sind, eine Tendenz beinhalten sie.

Der kritische Punkt – die Soziologen schätzen ihn auf etwa 10.000, um als Minderheit bestehen bleiben zu können – wurde nicht erreicht und sei auch angesichts der wenn auch vereinzelten Rückwanderer und Zuwanderer und also Neuzugänge zur rumäniendeutschen Gemeinschaft nicht zu befürchten. Mit diesen Ausführungen antwortete Dr. Paul-Jürgen Porr, der Vorsitzende des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien, Montag, den 9. März, auf Fragen von Journalisten auf der Pressekonferenz. Auf dieser hatte er zusammen mit der Interims-Bürgermeisterin von Hermannstadt/Sibiu, Astrid Fodor, und dem DFDR-Abgeordneten Ovidiu Ganţ die 25 Jahre seit der Gründung des Deutschen Forums und seine Leistungen Revue passieren lassen.

Auch teilte Dr. Porr mit, warum die 25-Jahr-Feier im März stattgefunden hat: Nach den Gründungen in Schäßburg/Sighişoara, Hermannstadt/Sibiu und Temeswar/Timişoara im Dezember 1989 und jenen weiterer Foren in anderen Ortschaften, wurde im März der Landesverband konstituiert und bei Gericht eingetragen.

Das Ziel des neu gegründeten Verbands war es, die Interessen der deutschen Minderheit zu vertreten und wahrzunehmen, was auf allen Ebenen denn auch getan worden ist. Von Anbeginn jedoch hat man sich darauf nicht beschränkt, sondern in die Bemühungen im Bildungs- und Sozialbereich aber auch der Wirtschaftsförderung die andersnationalen Mitbürger eingeschlossen  und das Wirken auf Landes- und europäischer Ebene zugunsten des gesamten Staates eingesetzt. Das beste Beispiel ist die Bereitschaft von Klaus Johannis, Rumänien zu einem europäischen Antlitz zu verhelfen, sowie die Lobby des DFDR-Abgeordneten Ovidiu Ganţ für den EU-Eintritt Rumäniens 2007 und nun den Schengen-Beitritt.

Erfolge in der Kommunalverwaltung

Das Einbringen in die Kommunalverwaltung ist der deutlichste Beweis dafür, dass das Deutsche Forum über die Belange der eigenen Gemeinschaft hinaus Verantwortung übernommen hat und übernimmt. Die dabei insbeson-dere seit 2000 erzielten Erfolge zählte Hermannstadts Interims-Bürgermeisterin Astrid Fodor auf. Nach der Wahl von Klaus Johannis zum Bürgermeister „hat sich die Situation radikal verändert“ in Hermannstadt, da es ihm gelungen ist, eine moderne Verwaltung umzusetzen mit sichtbaren Ergebnissen.

Der Erfolg sollte sich in seiner Wiederwahl vier Jahre später zeigen, als das DFDR aber auch die Mehrheit im Stadt- und Kreisrat von Hermannstadt erreichte, in Martin Bottesch den Kreisratsvorsitzenden stellen konnte, im Kreis Hermannstadt aber noch weitere zwei Bürgermeister und Vizebürgermeisterposten sowie mehrere Kommunalräte gewann. Von Vorteil für das Deutsche Forum war, dass es keine politische Partei ist, man sich also an politischen Disputen nicht beteiligte, sondern pragmatisch in die Verwaltung kniete. Von der Mehrheitsbevölkerung gewählt – der Anteil der Rumäniendeutschen macht im Kreis Hermannstadt rund 1,6 Prozent aus – setzte diese kleine Minderheit ihr Können für das Wohl aller ein. Und schuf sich eine schöne Visitenkarte, wie es Astrid Fodor formulierte.

Das wichtigste politische Ereignis für das Deutsche Forum war kategorisch die Wahl von Klaus Johannis zum Staatspräsidenten, sagte der DFDR-Abgeordnete Ovidiu Ganţ. Begünstigt hat diese Wahl die Minderheitenpolitik der rumänischen Regierungen nach 1990, die auf europäischer Ebene beispielhaft ist. In diesem Sinn hatte Rumänien als einer der ersten Staaten im April 1995 das Rahmenübereinkommen für den Schutz nationaler Minderheiten unterzeichnet, ein Datum, das sich heuer zum 20. Mal jährt, wie der rumänische Außenminister Bogdan Aurescu in seiner Festansprache feststellte. Auf dieser Grundlage sind die Maßnahmen getroffen worden, welche den 19 in Rumänien anerkannten historischen Minderheiten ihre kulturelle Diversität sichern helfen.

Der bundesdeutsche Außenminister Dr. Frank-Walter Steinmeier ging in seiner Festrede auf die 40 Jahre alte KSZE-Schlussakte von Helsinki und das 15 Jahre danach unterzeichnete Kopenhagener Dokument zurück, mit dem die OSZE-Staaten bestätigt haben, „dass die Achtung der Rechte von Angehörigen nationaler Minderheiten fester Bestandteil des Corpus universell anerkannter Menschenrechte ist.“

Identität – Nationalität

Auf der Grundlage des oben genannten Regelwerks wurde 1992 der Freundschafts- und Partnerschaftsvertrag zwischen Rumänien und der Bundesrepublik Deutschland geschlossen, der den Rahmen bildet für die Förderung der deutschen Minderheit. Die „institutionelle Grundlage“ für die bilaterale Zusammenarbeit der beiden Staaten hierfür ist die gemischte Deutsch-Rumänische Regierungskommission für Angelegenheiten der deutschen Minderheit in Rumänien, so Dr. Steinmeier. Vereinbart worden ist in den bilateralen Gesprächen am 9. März, dass diese Kommission heuer im Juni in Temeswar zusammentreten soll, gab Außenminister Aurescu bekannt.

Mindestens ebenso wichtig wie dieser institutionelle Rahmen sei, „... wie Sie hier in Rumänien diesen Vertrag innerhalb der letzten Jahrzehnte mit Leben gefüllt haben, wie sich das Zusammenleben in der Gesellschaft konkret gestaltet, wie Sie Ihre Identität leben“, sagte der deutsche Außenminister. Er formulierte, was in Mittelosteuropa gang und gäbe war, hoffentlich bleibt und zuletzt am Beispiel von Klaus Johannis als „ethnisch deutschem, rumänischen Staatsbürger“ ins Bewusstsein gerückt wurde: Dass kulturelle Identität und Nationalität nicht identisch sein müssen – aber wichtig sind. „Das Verhältnis von Nationalität und Identität ist sowohl innen- wie außenpolitisch bedeutsam!“, so Dr. Steinmeier. „Innenpolitisch, weil nur eine Nation, die die Vielfalt von Identitäten schützt und in ihr Gemeinwesen einbindet, in dieser modernen, dynamischen Welt nachhaltig erfolgreich sein kann. Und außenpolitisch, weil nur Nationen, die die Vielfalt innerhalb ihrer Grenzen schützen und einbinden, friedlich mit anderen Nationen zusammenleben können.“

Was die deutsche Minderheit in Rumänien angeht, versicherte er, sei sie „ein aktiver Teil des politischen Lebens in Rumänien“ und gehört „zum wesensmäßigen Kern der rumänischen Gesellschaft. Aber sie hat zugleich ihre kulturelle Identität, ihre Traditionen und ihr Brauchtum bewahrt.“