Impfquote in Rumänien im Abwärtstrend

WHO warnt: Ausgerottete Krankheiten könnten wieder auftauchen

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„Die Impfquote in Rumänien wird immer niedriger. Es gibt Initiativen gegen das Impfen. Ich weiß nicht, welches Ziel mit diesem verrückten Spiel verfolgt wird. Passt auf!“ Es waren harte Worte, die der europäische Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis verwendete, als vor Kurzem das Thema „Impfen“ in Bukarest angesprochen wurde. Vytenis Andriukaitis beteiligte sich Mitte September zusammen mit Raed Arafat, dem Staatssekretär im Gesundheitsministerium, an einem Bürgergespräch, bei dem europäische Gesundheitsthemen angesprochen wurden.

Es ist knapp ein halber Monat her, seitdem die Nachricht an die Öffentlichkeit drang, dass im Südwesten der Ukraine zwei Kinder an Polio erkrankt waren. Laut Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist das der erste Ausbruch der Krankheit in Europa seit 2010. In Rumänien wurden die letzten Erkrankungen an Kinderlähmung im Jahr 1992 gemeldet. Laut Vytenis Andriukaitis würde es ausreichend sein, dass nur einige Menschen aus jener Gegend nach Rumänien kommen, damit auch hierzulande Probleme auftauchen. „Dadurch, dass sich immer mehr Eltern entscheiden, ihre Kinder gegen Polio nicht impfen zu lassen, entsteht ein Risiko. Die nicht Geimpften könnten sich mit dem Virus anstecken und an Polio erkranken“, betonte Staatssekretär Raed Arafat.

Aktuell beträgt die allgemeine Impfrate in Rumänien laut Angaben des Nationalen Statistikamtes ungefähr 85 Prozent. Die WHO empfiehlt eine Impfquote von mindestens 95 Prozent und dies über mehrere Jahre hinweg, um eine Infektionskrankheit in einem Land auszurotten. Im Jahr 2000 hatte Rumänien eine 98-prozentige Impfrate, diese ist jedoch in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen. Grund für diesen Rückgang seien vor allem die Impfgegner, die mit verschiedenen, medizinisch nicht belegten Theorien aufwarten, die behaupten, dass Impfungen krank machen. Die Moderatorin des privaten Fernsehsenders PRO TV Olivia Steer gehört zu den prominentesten Impfgegnern in Rumänien.
„Gegen Polio werden in der Ukraine nur 15 von 100 Kindern geimpft“, sagte Victor Olsavszky, der Vertreter Rumäniens bei der WHO.

In Rumänien werden die Kinder kostenlos gegen Kinderlähmung im Rahmen des nationalen Impfschemas geimpft. Diese Schema, das in diesem Jahr verändert wurde, sieht vor, dass Babys im Alter von zwei, vier und elf Monaten ein Sechsfachimpfstoff verabreicht wird, der gegen Diphtherie, Tetanus, Pertussis, Hepatitis B, Poliomyelitis und Haemophilus influenzae b schützt. Bis vor Kurzem gab es landesweit eine Impfstoff-Krise, zumal der Lieferant der Impfung, die Firma Sanofi, das Produkt nicht zeitgerecht liefern konnte. Das Fehlen der Sechsfachimpfung war bis vor Kurzem auch im Verwaltungskreis Temesch ein Thema, allerdings meldete das Temescher Gesundheitsamt, in diesem Monat eine ausreichende Zahl an Vakzinen an die Hausärzte liefern zu können. Es handelt sich dabei um 3300 Impfungen des Typs „Hexacima“, die im September den Kindern verabreicht werden.

Viele Bürger in Europa befürchten, dass durch die hohe Flüchtlingswelle und wegen der gesunkenen Impfquote in einigen europäischen Ländern Krankheiten, die bereits ausgerottet wurden, erneut auftauchen könnten. Die WHO meldete jedoch, dass die meisten Flüchtlinge, die in Europa ankommen, aus Ländern stammen, in denen gegen die meisten Krankheiten geimpft wird. Trotzdem empfiehlt die WHO den Menschen, die nach Afghanistan, Kamerun, Äquatorialguinea, Äthiopien, Irak, Israel, Madagaskar, Mali, Nigeria, Pakistan, Somalia, Syrien und in die Ukraine reisen, die Polio-Impfung vier Wochen vor dem Reiseantritt machen zu lassen.