Intelligente Wähler gesucht

Laura Codruța Kövesi ist der Prüfstein für die Haltung der Politiker zur Korruption in diesem Land. Ihre Kandidatur für das Amt der Europäischen Chefermittlerin – Chancen steigend, seit Frankreich sich für sie aussprach! – spielt auch die Dekantierrolle im bereits entflammten Präsidentschaftswahlkampf. Kommentatoren sprechen vom „Kövesi-Test“, wenn sie die Präsidentschaftskandidaten unter die Lupe nehmen. Es geht ums demokratische Engagement.

Dacian Cioloș hat im Namen der Überraschungssieger der EU-Parlamentswahlen („Allianz 2020”, USR / PLUS) und der Fraktion Renew Europe im EU-Parlament sowie durch seinen als Vertreter der von ihm geleiteten Fraktion verfassten Brief an Macron einen Stein ins Rollen gebracht, der für Kövesi entscheidend sein könnte.
Befremdlich hingegen die (bisherige) öffentliche Haltung des wieder angetretenen Staatspräsidenten Johannis. Klar, er will zum zweiten Mandat in der Rolle des Vaterlandsverteidigers gegen die Machtübergriffe der regierenden PSD / ALDE auftreten. Aber dass er die Aktionen von Cioloș zur Unterstützung von Kövesi bagatellisieren musste? Und das, obwohl dieser eigentlich sein natürlicher Partner ist? Simpler politischer Opportunismus (aber konsequent, hat Johannis doch bislang kaum öffentlich die Kandidatur von Kövesi unterstützt)! Auf diese Art macht man die peinliche Episode der Abberufung von Kövesi und das Vorschieben der Sprecherin des Präsidialamtes sicher nicht vergessen...

Gleiches gilt für die Passivität, mit der Präsident Johannis die Erodierung des Wirkungsbereichs der Präsidial-Funktion durch die illiberale Parlamentsmehrheit von PSD / ALDE in den vergangenen zwei Jahren mitangesehen hat, und ebenso für die Teilnahmslosigkeit, mit der Johannis offensichtlich akzeptierte, dass die ihm feindliche Parlamentsmehrheit die demokratischen Institutionen bis zur Zahnlosigkeit „novellierte”. Ist das politischer Zynismus?

Dubios auch das Agieren dessen, der sich zum Wahlkampfagenten des amtierenden Präsidenten aufgeschwungen hat, des Ex-„Journalisten“, kaum verkappten Nationalisten und EU-Parlamentariers der „Präsidentenpartei“ PNL, Rareș Bogdan, dem gegenüber an dieser Stelle bereits vor den EU-Wahlen im Mai Vorbehalte geäußert wurden. Der urplötzliche „Anwalt der rumänischen Bauernschaft” (von der er bisher nie bewies, dass er von ihr auch nur die blasseste Ahnung hätte) und Feind von Dacian Cioloș (dem er nonchalant „Landesverrat zugunsten Frankreichs“ vorwirft) tut eigentlich nichts anderes, als der PSD-Kandidatin Vasilica Dăncilă – die, nach gegenwärtigem Stand, von Johannis glatt niedergerungen werden wird – den Weg fürs Erreichen der zweiten Wahlrunde zu ebnen. Ist der gefährlichste Gegner von Johannis in diesem Rennen, Dan Barna von der USR, einmal außer Gefecht gesetzt, steht praktisch einer Wiederwahl Johannis´ nichts entgegen. „Nichts“, das ist in diesem Fall die PSD-Regierungschefin Dăncilă. Das ist das Ziel, das der PNL-Wahlapparat und sein Wortführer Rareș Bogdan anstreben.

Die PSD, als Partei mit dem am besten funktionierenden Wahlkampfgefüge, ist nach der Doppelschlappe vom Mai (Einkerkerung von Parteichef Dragnea und schwaches Abschneiden bei der Europawahl) in einer Phase der Reorganisierung, in der sie tut, was sie am besten kann: neue Partei-Clans emporhieven, die alten zurückschieben, die Chefstellung konsolidieren. Dazu diente die „Regierungsumbildung“, im Rahmen derer die Hardlinerin Dan und der überholte Meleșcanu durch zwei Clan-Mitglieder (aus Konstanza und Bukarest) ersetzt wurden, die der sich festbeißenden Parteichefin Vasilica Dăncilă momentan ergeben sind. Ausschau gehalten wird nach einem Dăncilă ergebenen Justizminister (Ana Birchall hat mit ihrer zustimmenden Haltung zur Auflösung der Sonderstaatsanwaltschaft für Justizstraftaten eine rote Linie überschritten und ist demnach unhaltbar). Für Präsidentschaftswahlkampf bleibt kaum Zeit. Vorbereitet wird hingegen 2020, das Jahr der Kommunal- und Parlamentswahlen. Intelligenztests für eine politikmüde Wählerschaft.

Wer weckt sie auf?