Kronstadt soll um eine Attraktion reicher werden

Ausgrabungen in der Brasoviaburg auf der Zinne sollen wieder aufgenommen werden

In den 30er Jahren wurden Ausgrabungen gemacht.

Mauerabschnitt der Brasoviaburg, heute von Gestrüpp überwuchert.

Grundriss und Querschnitt durch die Zisterne in der Brasoviaburg, aus „Mitteilungen des Burzenländer-Sächsischen Museums“ von 1939 (Heft 1-2).

Lageplan der Brasoviaburg, aus „Kronstadt“ von Ernst Jekelius, 1928

Kronstadts Stadtrat kündigte im Frühling dieses Jahres ein ehrgeiziges Projekt an, durch welches die Grundmauern der Burg auf der Zinne freigelegt werden sollen, sodass diese von Besuchern besichtigt werden können und zu einem neuen Anziehungspunkt im Tourismusangebot werden.

Da nun die meisten bürokratischen Hürden überwunden und auch die notwendigen Geldmittel für die Ausgrabungen bewilligt wurden, konnte auch eine Arbeitsgruppe von Fachleuten unter der Leitung des Abgeordneten Gabriel Andronache gebildet werden, welche sich an diesem Projekt beteiligen werden.

Dazu gehören der Direktor des Kreisamts für Kultur, Glaubensgemeinschaften und Nationales Kulturerbe Alexandru Stănescu, ein Vertreter des Bürgermeisteramtes, des Öffentlichen Forstdienstes Kronstadt, der Kreisbehörde für Umwelt und der Metropolitan-Agentur Kronstadt.

Die Arbeitsgruppe legte schon eine umfassende Studie über das archäologische Potenzial vor und machte abschließend den Vorschlag, noch in diesem Herbst mit den Ausgrabungen zu beginnen. Das wären rund 75 Jahre, nachdem diese 1938 eingestellt worden waren (1937 nach anderen Quellen). Das ist ein Anlass, um einige der Ergebnisse zu erwähnen, welche vor einem dreiviertel Jahrhundert erzielt worden sind.

Die Bibliografie über die Brasoviaburg ist umfassend, doch beschränken wir uns an dieser Stelle nur auf die Beiträge, welche sich mit noch vorhandenen Ruinenteilen befassen, hauptsächlich mit dem Burgbrunnen.

Einen Beitrag zu diesem Thema veröffentlichte der Wahlkronstädter Alfred Prox in der Ausgabe der „Mitteilungen des Burzenländer-Sächsischen Museums“ von 1939 (Heft 1-2). Darin fasste Prox, unter dem Titel „Unsere mittelalterlichen Burgen: Die Zisterne in der Brasoviaburg“ die Ergebnisse der Ausgrabungen von 1933 und die späteren, von 1937, zusammen.

Über die ersten Ausgrabungen, die von 1933, gibt es noch einen ausführlichen Bericht in derselben Mitteilungsreihe, und zwar in Heft 1/1934, verfasst von Gustav Treiber. Von Treiber stammen übrigens auch die ersten genauen Zeichnungen mit Maßangaben von der Brasoviaburg, welche Ernst Jekelius in seinem Band „Kronstadt“ (1928) verwendete und die teilweise wohl vor den eigentlichen Ausgrabungsarbeiten angefertigt wurden.

1933 wurden die Grundmauern der Leonhardskapelle freigelegt, welche unweit des Tores der Brasoviaburg bis 1458 stand. Dabei wurde auch die Brunnenöffnung zugänglich und man begann mit dessen Räumung bis auf etwa drei Meter Tiefe. Wintereinfall und später auch fehlende Mittel brachten die Arbeiten zum Stillstand, sodass diese erst 1937, „durch eine Spende des Herrn Ing. Richard Schiel“, wie Alfred Prox betont, wieder aufgenommen werden konnten.

Über diese Arbeiten finden wir in dem erwähnten Beitrag von Prox viele Einzelheiten. So zum Beispiel betrug der Umfang des ausgehobenen Brunneninhaltes etwa 12-15 Kubikmeter und 20.000 Liter Wasser. Der Brunneninhalt wurde mit Eimern und einem improvisierten Flaschenzug an die Oberfläche gehievt, während das Wasser, welches stetig nachfloss, mit Hilfe eines langen Schlauches beseitigt wurde.

Dafür wurde ein Ende des Schlauches am Brunnenboden gehalten und das andere über den nahen Abhang verlegt, um einen natürlichen Abfluss zu erzeugen. Der Brunnenschacht hat einen Durchmesser von 6,8 Metern und ist mit einem Kranz aus Bruchstein ausgelegt. Durch seine Lage bedingt – es bestand immerhin die Möglichkeit des Wasserverlustes durch die Risse im Kalkstein des Zinnenberges –, musste der Brunnenboden abgedichtet werden, was mit einer undurchlässigen Lehmschicht gemacht wurde, welche 1937 noch bestand. Zu dieser Zeit dürfte das Foto gemacht worden sein, auf welchem der Stand der Ausgrabungen gut sichtbar ist.

Interessant ist auch Alfred Prox‘ Beschreibung der Technik, welche für den Bau von Zisternen und Brunnen in felsigem Boden angewandt wurde und welche vermutlich auch in diesem Fall eingesetzt worden ist. Um das Gestein aufzulockern oder zum Bersten zu bringen, wurden die zu entfernenden Gesteinsschichten stark erhitzt und mit Wasser abgeschreckt, ein Verfahren, welches übri-gens schon im vorgeschichtlichen Bergbau Anwendung fand. Die Spuren der Hitzeeinwirkung waren 1937 ebenfalls durch die Verfärbung des Gesteins sichtbar.

Auf die Frage, wie der Brunnen mit Wasser gefüllt wurde, konnte Prox nach Freilegung des Brunnens eine klare Antwort geben: Er wurde durch eine wasserführende Kluft gespeist, eine eher seltene geologische Eigenheit, wenn man die Höhenlage von etwa 960 Metern in Betracht zieht.

Aus dem Brunneninneren wurden wenig Funde geborgen und diese waren auch nicht in bestem Zustand: neben Tierknochen, wahrscheinlich Speisereste, kamen ans Tageslicht: Bruchstücke von gebrannten Ziegeln, ein menschlicher Unterkiefer, zwei Oberschenkelknochen, eine hölzerne Radnabe die wohl dem Brunnenrad entstammte aber auch eine 58 cm hohe, geschnitzte Bischofsfigur und der halbe Kopf einer Heiligenfigur neben einigen Bausteinen.

Zusammenfassend mach-te Alfred Prox folgende Feststellungen: „Bei der Anlage der Brasoviaburg, die wahrscheinlich in das Ende der Völkerwanderungszeit fällt, schnitzten die uns bisnoch unbekannten Erbauer beim Aushauen der Zisterne im Kalkstein zufällig eine wasserführende Kluft an und bauten dann hier einen Brunnen aus, diesen als Kultstätte verwendend.

In späteren Jahrhunderten, nach erfolgter Bekehrung, setzten dann diese Burgbewohner oder aber Eroberer, die auch das Christentum mitbrachten, über diese  heidnische Kultstätte eine kleine, christliche Kapelle, deren Ausmaße sie vollkommen jenen des vorhandenen Brunnens anpassten. Gleichzeitig wurde wahrscheinlich auch der innere Steinkranz ausgeführt. Nach Abtragen der Kapelle im Jahre 1458 scheint er nicht mehr benutzt worden zu sein.“

Welche Funde nun die neuen Ausgrabungen ans Tageslicht bringen werden, das ist abzuwarten, denn diese werden von Alexandru Stănescu auf mindestens drei Jahre geschätzt. Dass aber Kronstadt um eine Attraktion reicher sein wird, wenn die vorhandenen Grundmauern besichtigt werden können, das werden wir wohl schon im nächsten Sommer erleben.