„Mich hat der Charme des Ortes dazu gebracht, mich einzubringen und weiterzumachen“

Gespräch mit Paul Dărășteanu, dem Vorsitzenden des Vereins „Europäisches Jugendbegegnungszentrum Kirchenburg Holzmengen e.V“

Paul Dărășteanu
Foto: Vlad Dumitru

Holzmengen mit Kirchenburg
Fotos: Aurelia Brecht

Immer wieder kommen junge Menschen in der Kirchenburg von Holzmengen/Hosman zusammen, um an den verschiedenen Gebäuden von Kirchenburg und Jugendzentrum zu arbeiten. Vom 29. bis 31. Oktober fand in dem malerischen Dorf bei Hermannstadt/Sibiu zum wiederholten Mal ein Restaurierungsworkshop mit Freiwilligen statt. Über den Sinn und die Freude an solchen gemeinsamen Aktionen im naturgeschützten und touristisch attraktiven Harbachtal erzählt Paul Dărășteanu, der Vorsitzende des Vereins Jugendburg Holzmengen, ADZ-Redakteurin Aurelia Brecht.

Am letzten Oktoberwochenende traf man sich in Holzmengen zu einer Neuauflage des Restaurierungsworkshops. Wie läuft so ein Wochenende eigentlich ab? 

In Holzmengen organisieren wir traditionell zwei Restaurierungsworkshops pro Jahr: Wir kümmern uns bei dieser Gelegenheit immer um die Dinge, die zu reparieren sind: An diesen alten Gebäuden gibt es immer etwas zu reparieren und zu restaurieren. Im Rahmen der Workshops binden wir Freiwillige mit ein und ermöglichen ihnen, zu lernen, wie man historisches Erbe erhält. In diesem Jahr hatten wir Volontäre aus der ganzen Welt dabei; hauptsächlich Erasmusstudenten, die Interesse an den Siebenbürger Sachsen und ihrer Kultur hatten und die gerne an der Kirchenburg arbeiten wollten.

Wie kann man sich für einen Workshop einschreiben?

Über E-Mail und unsere Kanäle in den sozialen Medien und über Kontaktpersonen, die unseren Verein kennen. Es sind immer wieder Leute dabei, die schon einmal Veranstaltungen bei uns organisiert haben und die die Verbindung zu den Erasmusstudenten haben, die meist für sechs Monate in Hermannstadt studieren. Es gab aber auch eine öffentliche Ausschreibung und wer Zeit hatte, ist dann am Wochenende dazu gekommen. Freitag, Samstag und Sonntag wurde gearbeitet – am Sonntag war dann Abfahrt. Wir suchen immer junge Leute, die Interesse an der Kultur und an den Baudenkmälern der Siebenbürger Sachsen haben.

Und was wurde dieses Mal erneuert?

Jetzt im Oktober haben wir uns um das Eingangstor zum Pfarrhaus gekümmert; dort haben wir ein paar vermoderte Bretter und Balken ersetzt und es neu gestrichen. Zusätzlich konnten wir auf einer weiteren Baustelle sauber machen: Im Sommer wurde das Dach eines kleinen Gebäudes restauriert, das sich an der Mauer der Kirchenburg befindet. Dort war viel Schutt übriggeblieben, also haben wir sauber gemacht. Es gibt immer viel zu tun. Den Zaun reparieren, Material von A nach B schleppen…

Was nehmen die Teilnehmer des Workshops mit?

Zunächst einmal die Erfahrung, ein Wochenende an diesem Ort zu verbringen: Dieser Platz mit Pfarrhaus und Kirchenburg, die Ruhe, die Natur, die Umgebung – das alles hat einen besonderen Charme. Das nehmen, denke ich, alle Leute mit, die uns besuchen. Zudem ist der Workshop eine gute Gelegenheit, neue Leute kennen zu lernen. Nicht zuletzt lernt man neue Restaurierungsmethoden und bekommt Gelegenheit, mit den Händen zu arbeiten und seine handwerklichen Fähigkeiten zu entwickeln. Der Workshop bietet die Möglichkeit, Dinge selbst zu tun, von denen man nicht wusste, dass man sie leicht machen und so auf einfache Art handwerklich etwas umsetzen kann.

Welche Ziele hat der Holzmengenverein allgemein?

Die Hauptaufgabe der Jugendburg Holzmengen ist derzeit die Verwaltung des Pfarrhauses neben der Kirchenburg. Verwaltung bedeutet nicht nur, hie und da etwas zu reparieren, das Haus zu heizen oder Dachziegeln zu erneuern, sondern den Ort mit Leben zu füllen, ihm eine Funktion zu geben. Wir möchten, dass Holzmengen zu einem Ort der Begegnung wird. Deswegen auch der Name „Begegnungzentrum“ für die Jugend. So bekommt dieser Ort eine neue Rolle: Ein Ort, an dem sich die Leute treffen, an dem sie gemeinsam Spaß haben, gemeinsam etwas über Geschichte lernen und gemeinsam die Natur genießen können, denn wir wissen ja, dass das Harbachtal „Site Natura 2000“ ist. Es ist wirklich eine schöne Gegend und im Harbachtal gibt es auch noch andere Vereine, die aktiv sind. Es gibt also viele Menschen, die daran arbeiten, die Dörfer zu beleben und einem breiten Publikum zugänglich zu machen.

Was treibt Sie in Ihrer Rolle als Vorsitzender des Holzmengenvereins an?

Damit es ein solches Begegnungszentrum geben kann, muss viel Arbeit investiert werden. Nicht nur technische Abläufe vor Ort, sondern auch Abläufe der Verwaltung. Damit ein Verein gut läuft, braucht es Menschen, man muss sich um Dokumente kümmern, damit wir den rechtlichen Rahmen für die Veranstaltungen haben, die wir organisieren. Mich persönlich hat der Charme des Ortes dazu gebracht, mich einzubringen und weiterzumachen. Es ist dort sehr schön – ich habe schon als Kind viele Kirchenburgen besucht und Holzmengen ist, denke ich, ein gutes Beispiel dafür, was man an einem solchen Ort machen kann – das motiviert mich. Ich habe später als Jugendlicher und als Tourist auch andere Kirchenburgen gesehen, die sich nicht eignen, um Veranstaltungen darin auszurichten, weil sie zu verfallen waren. Den Verfall zu beobachten, tut weh – deswegen freue ich mich, dass es in Holzmengen dieses Projekt gibt. Nach und nach konnte ich mich in die Vereinsarbeit immer mehr einbringen und habe nun die Rolle des Vorsitzenden übernommen.

Wo sehen Sie die Potenziale des Ortes und des Vereins?

Die Potenziale des Ortes liegen in der Natur, der Aussicht auf die Fogarascher Berge – die Kirchenburg könnte meiner Meinung nach ein Symbol für alle Kirchenburgen sein. Sie hat noch intakte Ringmauern, die Aussicht ist sehr idyllisch. Die anderen Vereine, die in der Gegend aktiv sind, die „Mocani]a“ (Schmalspurbahn), die dort im Sommer fährt, all das macht die Region interessant. Auch die Nähe zu Hermannstadt ist attraktiv – Tagesausflüge können problemlos dorthin unternommen werden. Der Garten ist schön, es gibt viel Nutzungsfläche um die Kirchenburg herum. Die Scheune bietet die Möglichkeit, sich draußen zu treffen. Die Chance des Vereins ist somit im Prinzip, das er das Potenzial des Ortes sichtbar machen kann und damit arbeitet. Dass sich Menschen zusammenfinden und für diesen Ort einbringen – das ist das Ziel. Und das ist das Schöne an der „Jugendburg Holzmengen“: Es kamen und gingen immer wieder Leute, aber so lange sie bei uns waren, hatten sie immer Interesse, hier mitzumachen und zusammen zu arbeiten – in einer Welt, in der viele ziemlich individualistisch agieren, finde ich, dass man in Holzmengen schön zusammenarbeitet.

Worauf kann man sich im kommenden Jahr in Holzmengen freuen?

Sicherlich werden wieder zwei Restaurierungsworkshops stattfinden – einer im Frühjahr und einer im Herbst. Wir haben uns vorgenommen, dass wir auch noch aktiver mit der Jugend aus dem Dorf arbeiten wollen. Wir wollen eine Art „Schule anders“, ein Programm für die Kinder aus dem Dorf organisieren, weil sie immer vor unserem Tor warten und neugierig sind. Und so entstand die Idee, ihnen auch die Möglichkeit zu geben, das Gelände zu erkunden, aber auf geordnete Art und Weise, sodass sie auch verstehen, wo sie dort sind: Wir wollen ihnen den Ort erklären – darauf eingehen, wer die Leute waren, die diese Gebäude gebaut haben. Und natürlich erwarten wir wieder viele Besucher beim Holzstockfestival, das im Sommer 2022 erneut stattfinden wird. Wir wissen zwar noch nicht, welche Bands spielen werden, aber die „Early Bird Tickets“ sind schon im Online-Verkauf. Und dieses Jahr findet natürlich noch der Weihnachtsmarkt in Holzmengen statt, auf dem lokale Produzenten ihre Waren anbieten. Das ist auch ein gutes Beispiel für den Austausch zwischen Stadt und Dorf. Der Weihnachtsmarkt ist ein interessantes Angebot für diejenigen, die sich für die Kirchenburg interessieren und ein wenig weihnachtliche Stimmung in diesem alten Gemäuer erleben wollen – mit Lebkuchen und Glühwein und hoffentlich Schnee.

Weitere Informationen unter: www.holzmengen.ro und www.facebook.com/jugendburgh