„Musik ist eine universelle Sprache für alle Menschen“

ADZ-Gespräch mit der Temeswarer Mathematikerin und Musikerin Ligia Loretta Cristea

Die in Österreich lebende Ligia Loretta stammt ursprünglich aus Temeswar. Im vergangenen Jahr erschien ihre erste CD.

Wissenschaft und Kunst, Mathematik und Musik, Arbeit und Hobby. Eine Temeswarerin, die seit gut 14 Jahren in Österreich lebt, hat die optimale Mischung zwischen diesen Begriffen gefunden. Ligia Loretta Cristea besuchte in Temeswar die deutsche Nikolaus-Lenau-Schule und das Informatik-Lyzeum, danach studierte sie Mathematik, war als Lehrkraft an der TU Politehnica tätig und ging für ihre Doktorarbeit nach Graz, wo sie bis heute an Wissenschaftsprojekten mitarbeitet. In Österreich hat sie auch ihre künstlerische Seite entdeckt und weiterentwickelt. Ende 2015 kam es zur Produktion einer Musik-CD. „Learning to Fly“ heißt das erste Album von Ligia Loretta, das sie in diesem Jahr auch in Temeswar vorstellen möchte. Außerdem will sie hier ein paar Konzerte bestreiten. Mit der Mathematikerin und Musikerin sprach ADZ-Mitarbeiter Adrian Ardelean.

Wie war es, als Rumänin vor österreichischen Studenten aufzutreten und sie zu unterrichten?

Ich hatte das Glück, dass ich sehr gut Deutsch konnte. Ich spreche aber trotzdem ein bisschen anders und da fragen mich die Leute immer, woher ich komme. Da antworte ich immer gerne, dass ich Temeswarer Deutsch spreche, das dem Wiener Deutsch ähnlich ist. Und tatsächlich fragen  mich die Leute manch-mal, ob ich aus Wien komme. An der Uni gibt es auch andere ausländische Dozenten, die gar nicht so gut Deutsch können und erst dort die Sprache lernen.

Während Ihrer Forschung haben Sie bemerkt, dass es viele Berührungspunkte zwischen Wissenschaft und Kunst gibt. Sie haben sich ein bisschen auch mit der Kunst beschäftigt, und zwar mit der Musik. Wie kam das?

Die Musik war eigentlich mein erster Traum, den ich irgendwann mal versucht habe zu begraben. Entschlossen habe ich mich für Mathematik, weil das meine große Leidenschaft war, und ich dachte, Musik kann ich auch hören, wenn ich sie nicht selbst mache. Als ich aber nach Österreich kam, habe ich mir nach den ersten drei Monaten schon von meinen ersten Ersparnissen ein Keyboard gekauft. Und sobald es da war, habe ich parallel zur Doktorarbeit ganz viel Musik geschrieben. Das Instrument war hier, ich setzte mich am ersten Tag hin und es entstand ein Lied. Ich habe mich auch gewundert, woher das wohl kommt. In den nächsten Tagen kamen mehr Lieder hinzu. Und bis die Doktorarbeit fertig war, hatte ich bereits zwei CDs, die ein Kollege von mir aufgezeichnet hatte, damit ich die Ideen nicht verliere. Seither mache ich auch Musik und es sind schon über 14 Jahre vergangen.

Sie haben auch mehrere musikalische Projekte durchgeführt, also Sie haben nicht nur zu Hause für sich selbst musiziert, sondern auch öffentliche Auftritte gehabt. Wie ergab sich das?

Sieben-acht Jahre habe ich alleine in meiner Wohnung musiziert. Da habe ich mich sehr danach gesehnt, mit anderen Musikern zu spielen. Bei einer Jamsession habe ich einen Gitarristen gehört, der mir gefallen hat. Ich dachte, es wäre super, wenn wir gemeinsam Musik machen würden. Erst ein Jahr später habe ich mich dann getraut, ihn zu fragen, und so haben wir angefangen, jede Woche zu proben. Eineinhalb Jahre später hat uns ein anderer Musiker gehört und gefragt, wieso wir nicht auftreten, denn er fände das o.k. und würde sogar mitspielen. So haben wir 2010 den ersten Auftritt von Lola Sheep gehabt, ein Amateurprojekt. Mit der Zeit habe ich dann ein Tangoprojekt gegründet, wofür ich Profimusiker gesucht habe. Gemeinsam haben wir Auftritte gehabt, sodass ich sie auch engagieren konnte. Durch diese Zusammenarbeit habe ich andere Musiker kennengelernt. Irgendwann habe ich auch ein Projekt unter dem Namen „Dor de România / Sehnsucht nach Rumänien“ gestartet. Das beinhaltet alte rumänische Lieder, die wir umgeschrieben und bearbeitet haben. Und da ich mit Musikern aus vier verschiedenen Ländern daran gearbeitet habe, klingt es dementsprechend anders. Inzwischen habe ich weiterhin an meinen eigenen Stücken geschrieben und als ich gefühlt habe, dass mein Projekt reif ist, habe ich meinen Kollegen vorgeschlagen, dass wir meine Musik einstudieren und spielen. Das war im Herbst 2013. Aus diesem Projekt habe ich eine CD gemacht, die ich Ende vergangenen Jahres veröffentlichen konnte.

Das Album beinhaltet dreizehn Stücke in verschiedenen Sprachen, aber alle haben einen gemeinsamen Nenner, nämlich einen sogenannten „Jazz-Touch“.

Das stimmt, es ist aber auch ein Touch von Chanson, denn in allen Liedern geht es um die Liebe, egal, ob es sich dabei um die Natur, den Wald, das Meer, die Tiere, die Menschen, um Freundschaft oder Ähnliches handelt. Die Lieder haben hauptsächlich, aber nicht ausschließlich englische Texte. Es kommen auch andere Sprachen vor: Deutsch, Rumänisch, Spanisch, und ich habe ein Lied mit ganz vielen Sprachen, da kommen neun Sprachen vor, von denen ich leider nur acht spreche. Ich liebe Sprachen. In meiner Freizeit in Österreich habe ich mich viel mit Sprachen beschäftigt. Vor allem, als ich übersiedelt bin und noch keine Freunde hatte, da habe ich monatelang viel gelesen und Sprachen gelernt. Das ist praktisch für meine Lieder, das kann ich sofort anwenden.

Und welche Sprache sprechen Sie mit Ihren Musikern?

Sie können alle Deutsch, weil sie in Österreich leben, aber einer kommt aus Frankreich, einer aus Deutschland, einer aus Serbien, einer aus Brasilien und mehrere aus Österreich. Musik ist eine universelle Sprache für alle Menschen.