Neue Autobahn auf dem Reißbrett

Gute Chancen für Autobahn Temeswar – Belgrad

Jahrelang blieben das Banat und die Westregion, neben dem Ballungsraum Bukarest als wirtschaftlich entwickelteste Region des Landes betrachtet, weit entfernt von der modernen Straßeninfrastruktur. National- und Kreisstraßen wurden höchstens jährlich ausgebessert. Von Schnellstraßen oder Autobahn konnte bisher kaum die Rede sein. Seit Ende 2011 sind nun mit der Trasse Temeswar/Timişoara – Arad die ersten 50 Kilometer Autobahn funktional. Im Bau befinden sich noch die Abschnitte Nadlak/Nădlac – Arad sowie Temeswar-Lugosch. Nicht im gewünschten Bautempo, aber immerhin... 

Die Zukunft soll jedoch etwas besser aussehen. Im April absolvierte Alexandru Nazare, zeitweiliger Transportminister in der zeitweiligen Ungureanu-Regierung, seinen ersten und letzten Arbeitsbesuch auf den Banater Autobahn-Baustellen und hinterließ beachtliche Statements: 2014 sollen die neuen Autobahnstrecken Neumarkt/Târgu Mureş – Jassy/Iaşi – Ungheni, Bukarest – Craiova – Calafat und Temeswar-Belgrad angegangen werden. Die wichtigsten europäischen Verkehrskorridore hätte man damit endlich auf die rumänische Landkarte gebracht, sodass auch deren Finanzierung aus EU-Geldtöpfen möglich wäre.

Die geplante Autobahn, die Temeswar mit Belgrad, aber nicht nur, verbinden soll – sie ist im Rahmen der EU-Verkehrsstrategie nur ein Teilstück des europäischen Korridors XI, der die Verbindung zwischen Westrumänien und dem Süden der EU bzw. Italien schaffen soll – ist schon seit 2010 ein heißes Gesprächsthema zwischen der serbischen und der rumänischen Regierung. Der serbische Vizepremier Bozidar Djelic kündigte anlässlich eines Treffens mit Ex-Premier Emil Boc schon im Januar 2010 den Start der Bauarbeiten als prioritäres Bauprojekt des Landes mit fester Absicherung im Landesbudget auf serbischer Seite an. Leider konnte die rumänische Seite damals und bis heute kaum mithalten. Derzeit laufen in Serbien die Bauarbeiten an der Trasse Belgrad – Cacak (127 Kilometer) sowie an der Ringstraße von Werschetz (8 Kilometer). Diese Autobahn, deren Finalisierung von Rumänien, Serbien, Montenegro und Italien abhängt, soll eine Gesamtlänge von 660 Kilometern haben, davon 400 Kilometer auf dem Gebiet Serbiens, 160 Kilometer in Montenegro (aus Montenegro, über Podgorica und Bar, würde die Fähre bis Bari, Italien, eingesetzt werden) und zirka 50 Kilometer auf rumänischer Seite. Bisher stehen noch zwei Routen zur Diskussion: die Route Temeswar-Hartfeld – Belgrad (178 Kilometer) und die Route Temeswar – Detta – Werschetz – Belgrad (164 Kilometer). In beiden Projektvarianten würde die Autobahntrasse auf rumänischem Boden, zwischen Temeswar und Morawitza, zirka 50 Kilometer messen und bei Remetea Mare, 15 Kilometer von Temeswar, die Verbindung mit der West-Autobahn und dem internationalen Flughafen „Traian Vuia“ herstellen. In beiden Fällen würde durch diesen Parallelverkehrsweg nur ein minimaler Gewinn für die Banater Straßeninfrastruktur erzielt. Die Variante Detta – Werschetz würde der rumänischen Seite gar zusätzliche Kosten bringen: Neue Brücken über die Temesch und die Bersau zwischen Schag und Urseni bzw. in der Zone Detta müssten gebaut werden. Man stellt sich auch die Frage, warum man die Direktroute Temeswar – Belgrad entlang des Flusses Temesch außer Acht gelassen hat: Diese Trasse über Zrenjanin auf serbischer Seite würde nur 126 Kilometer, davon nur 44 Kilometer im Banat, ausmachen, also letztlich fünf Kilometer Autobahn weniger, und damit weit geringere Kosten. Außerdem wäre der Bau einer neuen Temesch-Brücke nicht mehr nötig, die gesamte bestehende Infrastruktur mit Eisenbahn, Bewässerungskanälen, Gas- und Stromleitungen könnten umgangen werden.

Wie sieht die derzeitige Ausgangsposition auf rumänischer Seite aus? Es gibt noch keine Möglichkeitsstudie, kein technisches Projekt und auch keine sichere Finanzierungsquelle, sodass auch von konkreten Baufristen noch keine Rede sein kann. Projektstart könnte Ende 2012 mit einer ersten Möglichkeitsstudie sein. Könnte man also mit einem Start Mitte 2013 rechnen? Die serbische Regierung hat wiederholt die Priorität dieser Autobahn und deren Fertigstellung auf serbischem Gebiet im Jahr 2015 unterstrichen. Vielleicht könnte das die ganze Sache beschleunigen. Die Gesamtkosten können zu diesem Zeitpunkt leider nur abgeschätzt werden: Wenn man die durchschnittlichen Kosten eines Autobahnkilometers von zirka 3,6 Millionen Euro als Kostengrundlage benutzt, würde die Autobahntrasse Temeswar-Morawitza mit ihren 50 Kilometern letztlich zirka 180 Millionen Euro kosten.

Die enormen, nicht nur wirtschaftlichen Vorteile dieser neuen Autobahn für das Banat mit seinen zahlreichen italienischen Unternehmern und Partnern aus allen Tätigkeitsbereichen liegen auf der Hand. Die Strecke von 600 Kilometern von Temeswar bis Bari, einschließlich Adria-Überquerung, könnte letztlich in nur sechs Autostunden bewältigt weden.