Papageienarten Südamerikas und 150 Jahre alte Europakarte

Neue Ausstellungen im Brukenthalmuseum

Die Europakarte von Joseph Ritter von Scheida Foto: der Verfasser

Das imperiale Zeitalter Europas zwischen der Märzrevolution 1848 und dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges hat Spuren hinterlassen, die sich nicht auf Wunschkommando wegwischen lassen. Hundert Jahre nach Beginn der Epoche der Nationalstaaten werden die Karten immateriellen Kulturguts der Vergangenheit erneut gemischt. An transnationalen Verhandlungstischen nehmen jeweils auch Spitzenvertreter aus Diplomatie und Politik Platz, deren Spielinstinkt in der Wahrnehmung reflektierender Bürger nicht auf das Erreichen gemeinsamer Nenner zielt. Die heimliche Sucht Einzelner nach Vergeltung kränkender Gebietsumwälzungen, die Jahrzehnte bis Jahrhunderte zurückliegen und noch immer als nicht bereinigte Schäden verteidigt werden, schrauben das fünfte Rad am Karren der Europapolitik fest. Die Marschroute von schwarzweißer zu bunter Weltanschauung ist mit etlichen Hürden gespickt und verbindet zwei ebenso hart umkämpfte Standpunkte.

Bis einschließlich Sonntag, den 3. November, lädt das Kartografische Kabinett des Brukenthalmuseums am Großen Ring/Piața Mare in Hermannstadt/Sibiu Geschichtsliebhaber zum Bestaunen der monochromen „Generalkarte von Europa in 25 Blättern. Seiner Kaiserlich-Königlichen und Apostolischen Majestät Ferdinand dem Ersten, Kaiser von Österreich, in allererster Ehrfurcht zugeeignet von Joseph Scheida, Chef der Lithographischen Abteilung im K.u.K militärisch-geographischen Institute in Wien 1845-1847“ ein. Die Ausstellung wurde am 18. September eröffnet. Direkt am Eingang hängt – in voller Originalgröße – eine Kopie vom Meisterstück aus der Hand des Joseph Ritter von Scheida zur Betrachtung aus. Namenszüge wie „Großrussland“ und „Krajova“ sind auf dem papierenen Zeugnis des Habsburgerreiches um die Mitte des 19. Jahrhunderts zu lesen. Die 25 Segmente der Generalkarte sind durch römische Ziffern gekennzeichnet und können einzeln an den Innenwänden des Ausstellungsraumes abgeschritten werden.

Am 20. September erfolgte im temporären Ausstellungsraum desselben Brukenthalpalais die Vernissage der Reihe „Waves of the Sublime“ (Schwünge der Erhabenheit) von Maler Alexandru Cînean (Hermannstadt, Jahrgang 1988), auf dessen Ölbildern Exemplare sechs verschiedener Papageienarten Südamerikas ihre Flügel ausbreiten. Raluca Elena Coșăreanu, Modedesignerin und Partnerin des ausstellenden Künstlers, der sich zu keinem einzigen gesprochenen Wort hinreißen ließ, hat ein weißes Damenkleid mit Papageien-Mustern nach Art der Exponate Alexandru Cîneans entworfen, das bis einschließlich Montag, den 2. Dezember, die Blicke des Publikums auf sich ziehen wird. Kurator Dr. Alexandru Sonoc schien kein Interesse daran zu haben, seine eigenhändig vorbereitete und trocken vom Papier abgelesene Präsentation überzogener Länge kurzweilig auszugestalten. Als Dr. Alexandru Chituță ihn ablöste, war deutlich zu spüren, dass der bald anstehende Startschuss des offiziellen Präsidentschaftswahlkampfes in Rumänien auch einen Mann vom öffentlichen Ansehen des Brukenthalmuseums-Beauftragten für Bildung, Vertrieb und Kommunikation zu fragwürdigen Geistesblitzen verleiten kann: „Auch in Rumänien sind Papageien anzutreffen. Zwar nicht solche wie in den Wäldern Südamerikas, aber dennoch eine eigene Spezies.“