Randbemerkungen: Zwischenstopp – Bilanz wabbrig

Die dringend nötige Verwaltungs- und Territorialreform darf als Totgeburt (im Banater Bergland heißt es „Krepierl“) angesehen werden, deren Notwendigkeit alle einsehen, aber deren Umsetzung die Bereicherungs- und Machtversessenheit derer, die sie durchführen müssten, nach Kräften verbarrikadieren.

Rund einen Monat vor der angekündigten und im Regierungsprogramm der Koalition PSD-PNL-UDMR-Minderheiten vorgesehenen Rochade in der Exekutive kann diese Koalition der machtgeilen Regierungsunfähigen („meine Regierung“, so unser Präsident) mit nichts aufwarten, sieht man von der Desolatheit ihrer hehren Vorhaben ab: Nach vier Monaten haben sie 2023 schon ein Haushaltsloch von 20 Milliarden Lei gescharrt und tapsen herum beim Versuch, es zu flicken; PSD und PNL verhandeln zäh um die Neuverteilung der politischen und Verwaltungsmacht im Land und sehen nicht, wie darüber diverse Ratten ihre Macht annagen; die „Reform“ des Bildungswesens haben sie vergammelt, indem sie zwei Grundprinzipien zeitgemäßer Bildung außen vor ließen: Die Erziehung zum kritischen Denken und die Unterstreichung des laizistischen Charakters des Staates – ganz abgesehen vom trottligen Verzicht der Bildungsministerin auf die Forderung nach einer ordentlichen Finanzierung des Systems durch den Haushalt – wie es eigentlich gesetzlich vorgeschrieben ist; die Haltung des offiziellen Rumänien gegenüber der Moskauer Propagandamaschine ist zweideutig und extrem interessengebunden, was immer mehr den Eindruck erweckt, dass man nie von der traditionell die Bündnistreue als fakultativ ansehenden Haltung der rumänischen Politik („Flexibilität“?) loskommen wird – siehe die (bewusst und gezielt?) lahmen (bis überhaupt fehlenden) Reaktionen auf die jüngsten Enthüllungen über die Verbindungen des brandgefährlichen rechtsextrem-nationalistischen AUR-Führers zu den russischen Geheimdiensten; keine der großen Parteien konnte sich auch nur einen Millimeter vom Einfluss der „Parteibarone“, einiger (Langzeit-)Bürgermeister und mancher Berater loslösen. 

Am undurchsichtigsten in der Praxis der rumänischen Politik ist gerade das Wirken dieser Beraterkaste geblieben, der „Ewigberater“, von denen es heißt, sie hätten die Ministerien und das unübersichtliche Gestrüpp der Regierungs-Agenturen in der Hand – in vielen Fällen ein hochbezahltes Abstellgleis für abgetakelte oder zeitweilig aus der Schusslinie geholte Politiker und für die Verwandtschaft der Parteispitzen und Minister. 

Alles in allem ist es dieser Regierungskoalition zur Hälfte ihres Mandats – die „Rochade“ ist Anlass zur Bilanzierung – „gelungen“, Hoffnungen zu verbuddeln und Alternativen zu unterminieren, die wirtschaftliche Unsicherheit und Vorausseh-/Kalkulierbarkeit zu vernebeln und die allgemeine Verunsicherung, die der Ukrainekrieg der Russen schürt, um keinen Deut zu dämpfen. Dadurch hat sie nichts Besseres getan, als Behauptungsmöglichkeiten für die Rechtsnationalen und Populisten freizuschaufeln. 

Es wäre ratsam und vielleicht heilsam für jeden Politiker, sich in einen Pendlerzug oder in ein Dorfwirtshaus zu setzen und mal zuzuhören, worüber, was und wie die Menschen dort reden, auf die Bauernmärkte zu gehen und das Gespräch mit den Leuten zu suchen, auf ihre Gockelhaftigkeit und Bodyguard-Abschirmung kurz zu verzichten und sich (unvoreingenommen!) denen zu nähern, die sie im kommenden Jahr wählen sollen. 

Ungemein gefährlicher scheinen die Profiteure der Stümperhaftigkeit der Spitzenpolitiker: Der Amateurkoch und Ex-PSD-Chef Liviu Dragnea, die notorische nationalistische Skandalnudel Diana Șoșoacă, die schon „konsekrierte“ AUR (in Umfragen manchmal gleichauf mit PNL oder USR). Eine ganze Schar von Klein- und Splitterparteien hat sich „Entpolitisierung“ auf die Fahnen geschrieben und preist Popen, Akademiemitglieder und sich selbst als Retter der Nation.