Reformstopp mit oder ohne Abnicken

Randbemerkungen

Die jüngste Aufforderung der parlamentarischen Opposition an die Bildungsministerin Ligia Deca, sich doch endlich den Fragen der Parlamentarier zu stellen und Verantwortung zu übernehmen für ihr eigenbrötlerisch-geheimnisvolles Köcheln in der Kuchl des Bildungsministeriums, fällt in die Bilanzziehung der Öffentlichkeit für die großen politischen Offensiven des Präsidenten Johannis: „Gebildetes Rumänien“ und Novellierung der Justizgesetzgebung. Die Bilanz lautet, auf den Punkt gebracht: Die sozial-politisch hochgestellten Abschreiber von Doktorarbeiten kriegen Immunität, zusätzlich einen Schutzschirm mit Tarnkappe, die Gesetzesbrecher werden amnestiert.

Dass dieses Scheitern bezüglich der zwei Hauptrichtungen einer ethisch-moralisch-menschlichen Sanierung Rumäniens auch noch von Brüssel abgenickt wird – wie sonst könnte man das anstehende Einstellen des Sondermonitorings bezüglich der Rechtsstaatlichkeit deuten, das Rumänien seit mehr als einem Jahrzehnt sich gefallen lassen muss? – das irritiert jeden denkenden Bürger. Und weckt Zweifel. Ist Brüssel auf die Bukarester Trickkiste reingefallen? Allerdings tut man der Präsidentschaft unrecht, wenn man sie allein verantwortlich macht für die Abstumpfung der Spitzen ihrer eigenen Initiativen: Wesentlich (aber nicht ganz entscheidend) dazu beigetragen hat die Regierungsallianz PSD-PNL, die nicht zufällig an 2002 erinnert (PSD-PDL, als Sozial-Liberale Union USL) die von den Kommentatoren heute „USL 2.0“ getauft wurde. Und der mit Knechten der Politik durchsetzte Verfassungsgerichtshof CCR, der kalt alle glühenden Kohlen aus dem Feuer holt, die von Präsidentschaft, Parlament oder Regierung als zu heiß angesehen werden: jüngst die Plagiatfrage.

Die CCR-Entscheidung klingt, als ob sie von den Plagiatoren selber zu ihrer Eigenimmunisierung verfasst wäre (worausgesetzt, die Profi-Abschreiber hätten dazu ausreichend Grips). Auf alle Fälle: Den Doktorenfabriken (zu denen neuerdings sich auch die UBB Klausenburg gesellt hat – siehe den Fall des Innenministers Bode) ist ewiges Grünlicht beschert worden. Und das nennt man dann: „Nulltoleranz gegenüber Plagiaten!“ Wer hat das nur, wann, öffentlich deklariert?!! Typisch cotroceni-politisch.

Der Spruch des Verfassungsgerichts muss devot auch von der Unterrichtsministerin als novelliertes Bildungsgesetz umgesetzt werden – was ihr gar nicht schwerfallen dürfte, liegt es doch auf ihrer (falschen) Toleranzlinie. Eine Institution, die Plagiate überprüft, darf es künftig nicht mehr geben, weil die Überprüfungshoheit ausschließlich jener Universität zufällt, die einen akademischen Titel – Doktor... – vergeben hat.

Der „Rindviehzüchter“ muss künftig auch der „Schlächter“ sein. Oder umgekehrt, wer weiß das schon so genau... Da kann man sich nur mitfühlende „Schlächter“ wünschen, um schnell zu einem Doktortitel zu gelangen.

Damit werden die Weichen in die politisch von allen Interessierten gewünschte Richtung gestellt: Kompetenz- und Bildungslosigkeit müssen so aufgewertet werden, dass sie salon-, also immerdar parlaments- und regierungsfähig sind. Integrität im weitesten Wortsinn wird zu „res non grata“, jedwede „Reform“ wird zur Worthülse, zu tausenden Sandkörnern, die uns in die Augen gepustet werden. Aufgebaut wird eine Beförderungspyramide, die ausschließlich den schulischen Hinterbänklern aus der Politik zur Manipulation zur Verfügung gestellt wird. Neben „Feudalisierung des Bildungssystems“ (ein weiterer von glaubhaften Kommentatoren verwendeter Begriff) wird die Komplizenschaft der Politik mit den Dieben intellektuellen Guts gefördert.
Von alldem bleibt eine Grundfrage: welche Alternative hat der immer noch dem Land gegenüber wohlmeinende Bürger bei den nächsten Wahlen? Die Gefahr einer Nichtbeteiligung, des Schwänzens von Bürgerpflicht und -recht, steigt.

Akut.