Romafrage: Eher heikles Thema,als Schengen-Hindernis

Grenzfreies Reisen bleibt für die Rumänen ein Prestigeakt

„Wir sind als Gesellschaft nicht auf Schengen vorbereitet“, sagt die Bankangestellte Roxana Baciu, nachdem erneut Rumänien bei der Schengen-Prüfung durchgefallen ist. Sie sieht es wie viele Bürger in Temeswar sowohl als Frust aber auch mit Verständnis, dass Rumänien vor zwei  Wochen erneut eine Abfuhr aus Brüssel hat hinnehmen müssen. Einen Fahrplan in Richtung grenzfreien Reisens gibt es bisher nicht. Rumänien hofft – wie schon so oft – dass es im Dezember ein leises Ja-Wort gibt.

In Rumänien hat man erneut einen Termin ins Auge gefasst, auch wenn man in Regierungskreisen eine Antwort auf die Schengen-Frage angeblich nicht mehr auf die Prioritätenliste setzen wollte. März 2014 gilt nun als neuester Beitrittstermin. In Rumänien glaubt jedoch kaum jemand, dass Rumänien und Bulgarien in 8-10 Monaten „mehr vorbereitet“ sei auf Schengen, als dies heute der Fall ist. Petru Vela stellt sich die rhetorische Frage, was sich denn „bis Dezember ändern könnte, in Sachen Korruption“. Höchstens, man wolle in der EU ganz einfach Rumänien den Zutritt in den Schengener Raum gewähren und dieses leidliche Thema vom Hals haben, sagt Vela. Genauso sei es doch auch 2007 mit den in vielen Hinsichten von den Auflagen her überforderten Staaten Rumänien und Bulgarien beim EU-Beitritt verlaufen.

Mittlerweile hat auch die Migrationsfrage minder bemittelter Bevölkerungsgruppen nach Westeuropa für Kontroversen im deutschen Parlament gesorgt. Der Vorsitzende des Ausschusses für europäische Angelegenheiten aus dem Bundestag, Gunther Krichbaum (SPD), sagte, der Zugang ausgebildeter Arbeitskräfte dürfe nicht unterbunden werden.

Die Entscheidung zum Thema Schengen müsse unabhängig von der Migration der Roma getroffen werden. „Es kann nicht am Roma-Problem festgemacht werden, ob Rumänien die Schengener-Auflagen erfüllt, oder nicht, sagte der Temescher Kreisratspräsident (PSD), Titu Bojin, unabhängig von der Aussage von Gunther Krichbaum. „Das Roma-Problem und deren Migration ist ein jahrhundertealtes Phänomen und dürfte jetzt nicht für Schengen stehen. Das ist ein europäisches Phänomen, dem man mit Toleranz Abhilfe schaffen muss“, sagt Bojin. „Es sollte uns aus dem Westen klar gesagt werden, wo Nachholbedarf besteht, aber zu Aspekten, die wahrhaftig die Schengen-Frage betreffen“, so der Kreisratspräsident.

Die Vorsitzende der FDP-Gruppe im deutschen Bundestag, Gisela Piltz, hob ihrerseits hervor, dass die Reisefreiheit eines der Grundprinzipien der Europäischen Union ist. Und eben von dieser Reisefreiheit profitieren auch deutsche Arbeitgeber, sagte Piltz. Für den deutschen Unternehmer Peter Hochmuth, der seit Jahren in Rumänien tätig ist, bedeutet die Verweigerung des Schengener Beitritts für Rumänien praktisch „kein großes Hindernis.

Es geht bloß um ein paar Minuten, die man an der Grenze länger verweilen muss“. Andererseits sei es jedoch ein Zeichen, dass die EU-Auflagen nicht erfüllt sind, „dass man in Rumänien mit der Korruption nicht zurechtkommt, aus welchen Gründen auch immer“. Das Problem der Roma und ihrer Migration hat nach Ansicht von Hochmuth mit den Schengen-Beitritt eigentlich nichts zu tun: „Roma können ja mit oder ohne Schengen sowieso ausreisen. Sie haben das gleiche Problem wie ich auch – sie müssen an der Grenze ihre Papiere zeigen“, sagt Hochmuth.

Rumäniens Staatschef Traian Băsescu hat den Beitritt zum Schengener Raum weiterhin auf die Prioritätenliste gesetzt. Nicht nur auf seine eigene Prioritätenliste, sondern auch auf jene von Regierung und Parlament. Das Roma-Problem könne man mit Bildung lösen, sagte Mitte der Woche Băsescu.

Die Roma selbst sind sich über weite Strecken im Unklaren, warum die Schuld auf sie selbst geschoben wird. Die einen sind auf der gleichen Wellenlänge mit Băsescu, und glauben, die Roma bräuchten mehr Bildung, die andere sehen sich frustriert, benachteiligt und ohnehin „Zigeuner“ genannt. Zum Teil wissen sie gar nicht, was „Schengen“ bedeutet und einer brachte es so auf den Punkt, wie viele Bürger Rumäniens es wohl insgeheim vermuten, aber nicht laut aussprechen. „Eine meiner Töchter ist fünf Jahre alt. Soll sie erst nach ´Germany´ reisen dürfen, wenn sie studiert hat“?