Schöne Bescherung mit Geld der Steuerzahler

Bankrottes Temeswarer Stadtunternehmen verteilt Sponsorengelder

Unsere Polizei hat ihre Methoden – die sind nicht immer klar verständlich für den Normalbürger, auch nicht stets von Erfolg gekrönt. Zum Beispiel treiben unsere einheimischen cleveren Taschendiebe in den Großstädten, so auch in der Begastadt, vor der Nase der Polizeipatrouillen zum Leidwesen der Bevölkerung ungestört ihr Unwesen: vor allem im Stadtzentrum, auf den vielbesuchten Stadtplätzen, in der Zone der überfüllten Marktplätze, in den Haltestellen des Nahverkehrs sowie in den öffentlichen Verkehrsmitteln und in den letzten Wochen inmitten des Feiertagsrummels am Weihnachtsmarkt. Die gewieften Langfinger, zu zweit oder gar im Fünferteam unterwegs, sind den Fahrgästen gar schon bekannte Figuren. Da meist kein  Lokalpolizist zu Hilfe eilen könnte, bleibt den Leuten als einzige Lösung und Rettung nur eins: Beim Einsteigen und während der Fahrt Brieftasche befühlen und Handtasche eng an den Körper drücken! Die Diebe lachen sich meist ins Fäustchen, sie schaffen es da und dort trotzdem, am leichtesten wohl bei alten Leuten.

In Temeswar jedenfalls scheint die Lokalpolizei, von der großen Schwierigkeit, einen Taschendieb in flagranti zu ertappen, abgeschreckt und genervt, derzeit eher eine kuriose Fahndung nach falschen Weihnachtsmännern zu führen. Und das, oh Wunder, führte gar zum Erfolg: Man entdeckte diese in der Adventszeit nicht am überfüllten Weihnachtsmarkt, auch nicht in der Straßenbahn, sondern ganz unerwartet beim Sitz des städtischen Unternehmens für Nahverkehr RATT. Eine erste Untersuchung ergab, dass die Leitung dieses von der Stadt verwalteten Unternehmens, das seit langem schon Jahr für Jahr nur durch millionenschwere Zuwendungen von der Stadt stets in zwölfter Stunde vor dem Bankrott gerettet wird, seit etwa drei Jahren auf unverantwortliche Art und Weise nach Gutdünken Finanzierungen an Vereine und Organisationen verteilt. Das heißt: Es wird Weihnachtsmann mit diesen Steuergeldern spielt. Ein erstes Ergebnis der Untersuchung wurde auch dem Temeswarer Stadtrat, der RATT verwaltet und finanziert, zugeschickt: Der marode Nahverkehrsbetrieb hat in der Zeitspanne 2012-2014 der orthodoxen Pfarrei aus dem Tipografilor-Stadtviertel die hohe Summe von 71.000 Lei zukommen lassen.

Den großzügigen Sponsor spielte RATT auch für den Verein „Mein Freund Gabriel“ (9000 Lei), die Temeswarer Verkehrsgewerkschaft (8400 Lei), für die Gewerkschaft TEPO TRANS (2400 Lei), für das Temeswarer Kulturhaus (2000 Lei) und sogar für die Gesellschaft des hl. Nectarie... aus dem entfernten Klausenburg (10.000 Lei). Bürgermeister Nicolae Robu, von der Temescher Kreispolizei vor diese ärgerlichen Tatsachen gestellt, meinte etwas verdutzt, aber nicht gerade überzeugend dazu: „Ich bin sicher, dass dieses Sponsoring gesetzlich abgewickelt wurde!“ Bürgermeister Robu riet nun dem RATT-Direktor, Ioan Goia, fürs Erste, ähnliche Bescherungen zu unterlassen, da solche Untersuchungen gerade jetzt für niemand gut sein können. Bitte also, kein derartiges Sponsoring mehr! Die ganze Angelegenheit führte schon zu einer Debatte im Temeswarer Stadtrat. Das anhand der Unterlagen von RATT. Lokalrat Alfred Simonis (PSD) schlug vor, dass ab nun alle von der Stadt verwalteten Unternehmen keinerlei Gelder für Sponsoring mehr im Budget haben sollen. Also Strich darunter, und in Zukunft sollte keiner mehr sündigen! Ist die Sache damit abgetan?

Die Stadt und ihre treuen Sorgenkinder

Es ist wohl nicht so einfach: Der seit Jahren bankrotte Temeswarer Nahverkehrsbetrieb überlebt eigentlich trotz seiner langjährigen Verlustgeschichte Jahr für Jahr allein mit den Finanzierungen aus dem Temeswarer Haushalt. Es sind stets viele Millionen Lei im Spiel, und diese kommen von den Geldern der Steuerzahler. RATT gehört mit RETIM, dem Heizwerk Colterm und dem städtischen Wegebauunternehmen zu den großen Sorgenkindern der Stadt. RATT hockt auf Altschulden von 40 Millionen Lei. Der monatliche Profit dieses Unternehmens durch den Verkauf von Fahrkarten (Tram, Bus, Obus) beträgt kaum zwei Millionen Lei. Das, weil das 2008 angeschaffte kostspielige System der elektronischen Entwertung von Fahrkarten, diese von der Stadt großzügig und mit großen Erwartungen finanzierte Investition, die übrigens vier Millionen Euro gekostet hat, sich als ein totales Verlustgeschäft erwies. Viele der 700 Entwerter sind nach sechs Jahren nicht betriebsfähig oder werden einfach von den Fahrgästen ignoriert. Auch etliche der 70 teuren Bildschirme mussten aus den Verkehrsmitteln entfernt werden. Eine RATT-Untersuchung hat ergeben, dass in Temeswar nur einer von fünf Fahrgästen seine Fahrkarte entwertet. Von monatlich je fünf Millionen Fahrten wird, laut RATT-Pressesprecher Cosmin Bradu, durchschnittlich nur bei einer Million Fahrten nach Vorschrift entwertet. Es werden also monatlich enorme Verluste eingefahren.

Hinzu kommen die Stadtanleihen für RATT, die das Stadtbudget auf gefährliche Art belasten: So hat man erst 2010 eine millionenschwere Anleihe für den Ankauf von 30 Mercedes-Bussen gemacht. Die vier Millionen Euro für das elektronische Entwertungssystem sollen auch nicht vergessen werden, es handelt sich ja ebenfalls um geborgtes Geld. Trotzdem hat man bei RATT auch noch große Investitionspläne für die nächste Zukunft: Der Betrieb möchte sein altes Tramdepot am Take-Ionescu-Boulevard der Stadt überlassen und auf ein freies Gelände von 5,6 Hektar im Randviertel Busiascher Straße übersiedeln. Und das soll, laut Vertreter der Kommunalverwaltung, mehrere Millionen Euro kosten. Wenn man dafür keine EU-Finanzierung beantragen kann, so soll eben wieder der Stadthaushalt dafür hinhalten. Es ist nicht das einzige Sorgenkind der Stadtverwaltung. Vor Kurzem rettete der Stadtrat nämlich das Heizwerk Colterm vor einer noch größeren Katastrophe: Mittels einer Stadtanleihe von 100 Millionen Lei sollen die Altschulden des Heizwerks von 78 Millionen Lei beglichen werden. Dieser Stadtkredit muss in 20 Jahren zurückgezahlt werden. Kürzlich wurde bekannt gemacht, dass RETIM, die städtische Müllabfuhr, auch beim Temeswarer Stadtrat mit 12 Millionen Lei in der Kreide steht.

Mit derartigen besorgniserregenden Nachrichten über diese von der Stadt verwalteten Unternehmen könnte man ohne weiteres fortfahren. Dass diese bankrotten Unternehmen trotz ihrer Sondersituation auch noch auf unverantwortliche Art und Weise nach rechts und links Sponsorengelder verteilen und den Weihnachtsmann spielen, ist sozusagen ein Glanzstück der städtischen Verwaltung von öffentlichen Geldern. Mit den Steuerzahlern wird im Rathaus jedoch nicht gespaßt, denen werden ausnahmslos und prompt Geldstrafen für nicht fristgerecht beglichene Lokalgebühren und Steuern aufgebrummt.