Taxi, Taxi!

Eben noch rot, dann plötzlich grün!? Gerade noch einmal Glück gehabt, an der Piaţa Dorobanţilor noch ein freies Taxi erwischt zu haben. Nach einem langen Tag auf den Beinen waren wir müde und wollten nach Hause. Der Fahrer schaute fragend in den Rückspiegel. Als er die Adresse vernahm, verzog sich augenblicklich sein Gesicht. Sein Taxifunk ertönte und er antwortete seiner Zentrale. Einige Sekunden verstrichen, der Fahrer schien schwer beschäftigt. Er hatte uns doch wohl nicht schon vergessen? „Herr, wir wohnen dort!“, gab ich ihm zu verstehen. „Es ist um diese Uhrzeit zu viel Verkehr unterwegs“, bemerkte er. Dann wandte er sich erneut seinem Taxifunk zu. Wir blieben sitzen. Nach einer Weile setzte sich das Taxi in Bewegung, der Fahrer war weiterhin mit allerlei externer Kommunikation beschäftigt. Inzwischen hielt die Abenddämmerung Einzug.

Überall waren Menschen unterwegs. Digitale Neonreklamen erwachten in der stickigen Abendluft. Im Zeitlupentempo zog das Taxi an fassadengroßen Bannern und grell reflektierenden Werbespots vorbei, als würde man sich auf direktem Weg in ein psychedelisches Konsummärchen befinden. In gewissen Abständen tauchten in den Nischen zwischen den hohen Bauten kleine weißgetünchte Kirchen auf. Inmitten vollgefüllter Boulevards und Kreuzungen übernahmen Polizisten nun die Verkehrsregelung. Auf manuelle Weise wurden die Ampelsignale durch Handzeichen und Trillerpfeifen ersetzt, damit es zu keiner Selbstjustiz seitens drängelnder, fluchender und hupender Verkehrsteilnehmer kommt. Die Präsenz der Beamten stellte nicht nur einen psychologischen Effekt dar. In gemäßigtem Schritttempo ging es weiter.

„Hätten wir nur nicht so schwere Taschen“, dachte ich des Öfteren. Währenddessen lief der Taxifahrer zur Hochform auf. Er schien die Gunst der Stunde nutzen zu wollen. In seinen Ohren steckten Kopfhörerknöpfe, auf dem Armaturenbrett lagen mehrere Handys, teils miteinander gekoppelt. Man konnte nun direkt beobachten, wie sich auf engstem Raum sein Cockpit in ein Verkaufsbüro verwandelte. Der Verkehr kam mittlerweile fast zum Erliegen. Der Fahrer handelte mit Autos, soviel war zu entnehmen, man konnte die feilschenden Summen, die abwechselnd von ihm und Interessenten in den Raum geworfen wurden, wie bei einer Minibörse mitverfolgen. Zwischenzeitlich meldete sich immer wieder seine Zentrale, die ihm irgendwelche Infos durchgab. Von Zeit zu Zeit schaute er aus dem Augenwinkel in den Rückspiegel, vielleicht um sich zu vergewissern, ob wir noch da wären. Nach einigen Minuten beendete er seine Geschäfte. Da ich die Stadt inzwischen gut kannte und mich manchmal über seine eingeschlagene Route wunderte, fragte ich nach, um mich zu vergewissern, ob alles in Ordnung sei.

Er war ein Schlitzohr, jedoch kein unangenehmes. Hektischen Blickes suchte er im Rückspiegel den Augenkontakt, es folgte eine der Standardfragen: „Von wo seid ihr?“ Seine Augen weiteten sich: „Was Deutschland? Oh, Audi, BMW, Mercedes, Volkswagen: ich liebe sie alle!“, meinte er lachend. Meine Frau sah mich fragend an, ich zuckte mit den Schultern und nahm es mit Humor, da wir unser Ziel ja bald erreichen sollten. Der Verkehr kam erneut zum Stehen. „Mul]umim frumos, numai bine, sănătate, să trăiţi!!!“ Nach ca. einer Dreiviertelstunde verließen wir schließlich das Taxi in der Str. Mântuleasa und legten die letzten zwei- bis dreihundert Meter zu Fuß zurück.