Temeswarer dringen auf Lösungen für Umweltprobleme

Öffentliche Debatte zum Thema Luftverschmutzung

Messungen der Staubbelastung in Temeswar
Foto: Zoltán Pázmány

Rumänien erhielt Anfang 2011 eine Geldstrafe von der Europäischen Kommission wegen Luftverschmutzung in den Großstädten. Temeswar/Timişoara war eine dieser Städte, wo Feinstaubbelastung die zugelassene Grenze überschritten hatte. Die Geldstrafen für die Luftverschmutzung können sogar einige Hundert Euro pro Tag betragen. Diese Bußgelder werden dann immer höher, wenn keine Lösungen für die Luftreinheit gefunden werden. Eine Lösung in dieser Hinsicht wurde vor Kurzem in Temeswar gesucht, als eine öffentliche Debatte stattfand. Etwa 50 Vertreter verschiedener Temeswarer Institutionen und NGOs wie auch Studenten und Bewohner der Stadt äußerten sich diesbezüglich, gaben ihre Meinung zu diesem Thema zum Besten und versuchten, Lösungen für eine saubere Luft zu finden.

„Temeswar atmet ein: Stoppt die Luftverschmutzung jetzt!“ Die Lösung für eine saubere Luft wurde zur Debatte gestellt. Eine Art Brainstorming fand aus diesem Anlass statt. Die Teilnehmer stellten ihre Meinung bezüglich dieses Themas vor. Mehrere ökologische Parkplätze in der Stadt, Verbesserungen beim Nahverkehrsbetrieb RATT, die Einrichtung einiger Parkhäuser an den Einfahrten in die Stadt, wo Bürger ihre Autos parken können und danach mit einem öffentlichen Verkehrsmittel durch die Stadt fahren, die Einrichtung von Grünanlagen auf Überdachungen, mehr gepflanzte Bäume und höhere Geldstrafen für die Umweltverschmutzer – diese waren nur einige der vorgeschlagenen Lösungen für eine saubere Luft in der Stadt an der Bega.

Auch Studenten und andere Einwohner äußerten ihre Meinung diesbezüglich. Alle hatten je drei Minuten zur Verfügung. Jean Pierre Pascal war der erste Redner. Der Franzose lebt schon seit 20 Jahren in Rumänien und wohnt zusammen mit seiner Frau und seinen Kindern in der Ortschaft Schag/Şag bei Temeswar. Der französische Ingenieur und Investor beschwerte sich bezüglich der ehemaligen Mülldeponie bei Paratz/Parţa in unmittelbarer Nähe der Ortschaft und beschuldigte die Gesellschaft für Müllentsorgung RETIM, dass sie nach der offiziellen Schließung der Deponie im Januar 2009 weiterhin Müll auf der Halde abgelagert hat. Die Temeswarer Gesellschaft für Müllentsorgung (RETIM) durfte aber bei Paratz auch nach der Schließung der Halde den Bauschutt ablagern, doch laut Aussagen von Jean Pierre Pascal haben die Vertreter von RETIM auch Haushaltsmüll dort – illegal – abgelagert. Der Franzose erhielt während der öffentlichen Anhörung keine Antwort von den anwesenden RETIM-Mitarbeitern. Die Luft, der Boden und das Grundwasser wurden im Laufe der Jahre in dieser Gegend verseucht. Bis die Ortschaft über keine Kläranlage verfügt, ist das Leitungswasser nicht trinkbar.

Der Feinstaub war ein weiteres Thema bei der öffentlichen Debatte. Vom Regionalkommissariat des Umweltamtes kam Silviu Megan als Vertreter. Temeswar war Anfang des Jahres eine der zehn rumänischen Großstädte, wo die Feinstaubbelastung dreimal die von der Europäischen Kommission festgelegten Grenzen überschritten hatte. Das, obwohl der Stadt landesweit die größte Grünfläche pro Einwohner zukommt. Zusammen mit der Technischen Universität „Politehnica“ möchte das Umweltamt ein Projekt in die Wege leiten, um die Quellen der Umweltverschmutzung  zu  erkennen.

Eine umweltfreundliche Lösung für die Milderung der Luftverschmutzung wäre laut Meinung einer Temeswarer Studentin die Einrichtung von Grünanlagen auf den Studentenheimen. Beatrice Iovescu ist Studentin der TU „Politehnica“. Sie berechnete sogar die Kosten einer solchen Einrichtung auf den Dächern der 17 Studentenheime der Universität und schätzte die Investition auf maximal 40 Euro pro Quadratmeter Grünfläche. Ein anderer Student der TU schlug einen umweltfreundlichen Verkehr in der Stadt vor. 15 Prozent aller Autos einer Institution sollen demnach Elektro-Autos sein und bis 2015 sollen etwa 20 Prozent aller Taxis der Stadt solche umweltfreundliche Wagen sein. Ähnlich äußerten sich auch andere Teilnehmer an der Debatte über öko-freundliche Verkehrsmittel. Mehr Fahrradwege und Fußgängerzonen in der Innenstadt sowie einen umweltfreundlichen Verkehr auf der Bega waren nur einige der zusätzlich erwähnten Themen.

Die Temescher Verkehrspolizei ist der Meinung, dass der Verkehr keinen Staub produziert, sondern den Straßenstaub bloß aufwirbelt. Als Quelle für den Straßenstaub sind laut Ansicht der Verkehrspolizei mehrere Faktoren zu nennen, darunter: die ungepflegten Gehsteige, die Straßen, wo die Sanierungsarbeiten nicht zu Ende gebracht wurden, verlassene Gelände innerhalb der Stadt, Industrieplattformen und Baustellen. Andererseits brachte Livian Hotico, der Pressesprecher der RETIM-Gesellschaft, Gegenargumente diesbezüglich und sagte, dass die Temeswarer Straßen mit einem Mittel gereinigt werden, das Meeresalgen beinhaltet und die Staubpartikel neutralisiert. Auch im Winter wurden die Enteisungsmittel für Fahrbahnen und Gehwege mit Kalziumchlorid ersetzt. „Seit Jahren versucht man, keinen Sand mehr als rutschfestes Mittel zu benutzen. Die Straßen waren dadurch im Frühling immer sehr schmutzig“, sagte Livian Hotico. Als Staubfaktor sieht der RETIM-Mitarbeiter auch den außer Kontrolle geratenen Baubereich in Temeswar und die schmutzigen Autos, die von außerhalb der Stadt kommen.

Der Feinstaub ist auch ein Auslöser für verschiedene Krankheiten. Er gilt als eines der größten Probleme bei der Luftreinhaltung. Die winzigen Teilchen gelangen über Blut und Atemwege direkt in den Körper, wobei das Risiko, eine Herz- Kreislauf-Erkrankung zu bekommen, recht hoch ist. Die Ergebnisse der Debatte werden derzeit analysiert und erst in einigen Wochen der Öffentlichkeit bekannt gegeben.