„Tief in Russland, bei Stalino…“

Gedenken im Banater Bergland an die Russlanddeportation

Im Banater Bergland organisierte man in der zweiten Hälfte des Januars mehrere Gedenkveranstaltungen in Erinnerung an die Russlanddeportation der Banater Berglanddeutschen, die im Januar 1945, vor 79 Jahren, begann. Der Kultur- und Erwachsenenbildungsverein „Deutsche Vortragsreihe Reschitza“ zusammen mit dem Demokratischen Forum der Banater Berglanddeutschen (DFBB) und den Partnern in den jeweiligen Orten des Gedenkens sorgten dafür. 

In der Zeitspanne 25. bis 31. Januar 2024 wurden mehrere Ausstellungen organisiert, so die im Deutschen Jugend-, Dokumentations- und Kulturzentrum „Alexander Tietz“,  Reschitza, mit der Eröffnung am 25. Januar, die im Mittelpunkt die Russlanddeportation hatte: die Kunstausstellung der Reschitzaer Künstler Doina & Gustav Hlinka und Viorica Ana Farkas, Mitglieder des Kreises „Deutsche Kunst Reschitza”, George Molin und Marianne Florea, Mitglieder des Holzschnitzerei-Kreises „Jakob Neubauer”, beide des Demokratischen Forums der Banater Berglanddeutschen, sowie Michael Messer aus Sanktmartin im Banat, heute in Augsburg / Deutschland lebend; dann die ebenfalls hier am 30. Januar eröffnete doppelte Ausstellung Philatelie zum Thema Russlanddeportation, aus der Sammlung von Norbert Blistyar aus Steierdorf, heute in Deutschland lebend, und die Kunstausstellung der Reschitzaer Künstler Anton Ferenschütz (*10.11.1927, Reschitza - †25.04.2018, Bielefeld / Deutschland), und Franz Binder (*14.11.1924, Steierdorf - †11.11.2004, Reschitza), sowie die letzte Ausstellungseröffnung am 31. Januar, in der Galerie der Kulturbehörde des Kreises Karasch-Severin, Reschitza, wo eine interessante Dokumentationsausstellung zum Thema 29 Jahre Russlanddeportierten-Denkmal in Reschitza gezeigt wurde.

Wie auch traditionell bis jetzt, so fanden auch in diesem Jahr Gebete für die verstorbenen Russlanddeportierten am 28. Januar im Rahmen der sonntäglichen Messen in mehreren Kirchen des Banater Berglands statt. So in der römisch-katholischen Kirche „Unbefleckte Empfängnis” Orschowa mit Pfr. Davor Lucacela, in der römisch-katholischen Kirche „Unbefleckte Empfängnis” Karansebesch mit Pfr. Marin Matieș, in der römisch-katholischen Kirche „Maria Königin” Ferdinandsberg mit Pfr. Călin Ciocian, in der römisch-katholischen Pfarrkirche „Maria Geburt” Dognatschka mit Pfr. Ferenc Ebenspanger, in der römisch-katholischen Pfarrkirche „Kreuzerhöhung” Orawitza und in der „Allerheiligsten-Dreifaltigkeits-Kirche“ in Steierdorf mit Pfr. Martin Jäger, in der römisch-katholischen Kirche „Unbefleckte Empfängnis” Deutsch-Bokschan mit Pfr. Alin Emil Irimiciuc. Nach den jeweiligen Sonntagsmessen wurden in Dognatschka und in Bokschan vor den jeweiligen hier errichteten Denkmälern Gebete mit Kranzniederlegungen organisiert.

Am Sonntag, dem 28. Januar 2024, wurde im Rahmen des deutschsprachigen Sonntagsgottesdienstes in der römisch-katholischen „Maria Schnee”-Pfarrkirche, Reschitza, ebenfalls für die Russlanddeportierten durch Erzdechant-Pfarrer Veniamin Pălie gebetet. Zum Schluss der Hl. Sonntagsmesse sprach der DFBB-Vorsitzende einige Worte des Erinnerns. Im Sinne der ausgeübten Ökumene sprach auch Pfarrer Walther Sinn der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien, zuständig für das gesamte Banat, Gebete für die verstorbenen Russlanddeportierten. Als Ehrengast des Tages kam der Vorsitzende des Demokratischen Forums der Deutschen im Banat, Prof. Dr. Johann Fernbach, nach Reschitza, der sowohl am Hochamt wie auch am Gedenken am Russlanddeportierten-Denkmal teilnahm.

Es folgte am Russlanddeportierten-Denkmal im ehemaligen „Cărășana“-Park Reschitza, seit 2022 „Märtyrerbischof Traian Valeriu Frențiu“-Park, das Gedenken an die Opfer der Russlanddeportation mit Gebeten, von Erzdechant-Pfarrer Veniamin Pălie und von Pfarrer Walther Sinn gesprochen. Begonnen hat das Gedenken mit Einführungsworten am 1995 errichteten Denkmal (Entwurf des in Reschitza geborenen, international anerkannten Künstlers Prof. Dr. Hans Stendl) durch den DFBB-Vorsitzenden. Es folgten die Kranzniederlegungen seitens des DFBB, des Vereins der ehemaligen politischen Häftlinge und Bărăgan-Deportierten Karasch-Severin, der Präfektur des Kreises Karasch-Severin (vertreten durch die Subpräfektin Adina Radics), des Kreisrates Karasch-Severin, des Bürgermeisteramts Reschitza, von den nach Reschitza gekommenen Delegationen seitens der Ortsforen aus Detta, Kalan und Petroschan, und nicht zuletzt von Michaela Medeea, einer Nachfahrin von Russlanddeportierten. Sowohl zum Schluss der Heiligen Messe in Reschitza, als auch beim Denkmal der Russlanddeportierten, wurde das allbekannte Russlanddeportierten-Lied „Tief in Russland, bei Stalino“ gesungen.

Einer der Höhepunkte der diesjährigen Gedenkveranstaltungen war das im Reschitzaer Deutschen „Alexander Tietz“-Zentrum organisierte Rundtischgespräch zum Thema Deportationen in der Mitte 20. Jahrhunderts unter dem Motto „Die Deportationen und ihre Geschichten“. Dazu eingeladen wurden Ivan Schnabel, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Reschitza, Cornelia Fetea, Vorsitzende der Kreisfiliale Karasch-Severin des Vereins der ehemaligen politischen Häftlinge Rumäniens und Dr. Ionel Bota, Historiker aus Orawitza. Im Rahmen der Gedenkveranstaltung sprachen noch Lewinus Licker, Marianne Chirilovici und Nicolae Sârbu. Ebenfalls wurden zwei Bücher vorgestellt: Es ging um „Russlanddeportation. 75 Jahre seit deren Beginn. Gedenkveranstaltungen im Banater Bergland, 1991 bis 2020, und Beiträge betreffend die Geschichte des Reschitzaer Denkmals für die Russlanddeportierten“ und „Russlanddeportation. 75 Jahre seit deren Beginn. Zeitzeugen und Erinnerungen“, beide herausgegeben von Erwin Josef Țigla im Reschitzaer „Banatul Montan”-Verlag. Der „Franz Stürmer“-Chor unter der Leitung von Elena Cozâltea umrahmte das Rundtischgespräch mit dem vorgetragenen Russlanddeportierten-Lied.

Im Rahmen des diesjährigen Gedenkprogramms fanden auch zwei Dokumentarfilmvorführungen im Deutschen „Alexander Tietz“-Zentrum statt: am 25. Januar, sowie am 30. Januar. Bei der Filmvorführung vom 30. Januar wurde auch ein musikalisches Programm organisiert, mit Hilfe der Musiklehrerin Nicoleta Garoiu und ihren Schülern vom „Sabin Păuța”-Kunstlyzeum Reschitza. Protagonisten dieses musikalischen Remembers waren die Schülerinnen und Schüler Matei Gheța, Allia Izvernari, Giulia Popa, Mark Bardocz, Darius Ștefan Szuiogan, Mario Andrei Marieșescu und Ian Adrian Dinuț und ihre Lehrkräfte Nicoleta Garoiu, Lucia Ghilea, Lucian Voina und Diana Silaghi.

Am 30. Januar fand im Studio des „Banat TV“-Senders Reschitza die TV-Live-Sendung „Reisender ohne Ticket“ mit Oberst Valentin Homescu (Moderator) und seinen Gästen, Cornelia Fetea, Vorsitzende des Kreisfiliale Karasch-Severin des Vereins der ehemaligen politischen Häftlinge Rumäniens, und Erwin Josef Țigla, statt. Thema des Abends waren die Deportationen in der Mitte 20. Jahrhunderts.

Die Gedenkveranstaltungen zum 79. Wiederkehrtag des Beginns der Russlanddeportation haben auch in diesem Jahr unter dem Motto „Nie wieder!“ stattgefunden.