„Trumpianer“ und „Faucianer“

Der durch die Corona-Krise zum Medienstar gewordene Temeswarer Dr. Virgil Musta lag goldrichtig, als er meinte: „Die Rumänen leben in zwei parallelen Welten!“ Die einen (rund 45 Prozent der Bevölkerung) glauben nicht ans Vorhandensein des SARS-CoV-2 und verhalten sich sorglos, sind überzeugt, ihnen und den ihren könnte die Pandemie mit weltweit rund 18 Millionen Infizierten und wohl bald einer Million Toten nichts anhaben. Das sind „die Trumpianer“.

Die anderen (rund 55 Prozent) sind voller Sorgen um die täglich exponentiell wachsende Zahl von Krankheitsfällen und Toten, schauen in zaghafter Hoffnung auf die rund 200 Institute und Firmen, die fieberhaft nach Gegenmitteln forschen (sofern diese sich in die Karten blicken lassen – das Ganze ist auch ein Jahrhundertgeschäft!) und geben sich zunehmend Rechenschaft, dass das gesamte System der Gesundheitsbetreuung, wie es bislang aufgebaut worden war, nur in Normalzeiten funktioniert, nicht in Zeiten einer Pandemie. Das sind „die Faucianer“, nach dem Immunologen Anthony Fauci, der amerikanischen Stimme der Vernunft in der Coronakrise.

Während die „Trumpianer“, die „Ungläubigen“, bei ausgehenden Argumenten und anhaltender Weigerung, die Wirklichkeit zu sehen, wie sie ist, (dies das Hauptmerkmal des wahlkampffokussierten US-Präsidenten), sich in endlose Verschwörungstheorien vertiefen – die Erforschung von Mechanismen der Verschwörungstheorien erlebt in diesen Zeiten einen Höhenflug – kommen die „Faucianer“ zur Überzeugung, dass bei rumänischen Politikern alles verloren ist.

Die rumänische Politik, wie sie in den beiden Parlamentskammern gelebt und via Fernsehen den (Wahl-)Bürgern nahegebracht wird, hat zu einem schier unüberbrückbaren Bruch in der Nation geführt, mit dem Ergebnis, dass die Corona-Krise von niemandem mehr beherrscht werden kann. Der Corona-Graben, der die rumänische Gesellschaft und Nation in allen Bereichen spaltet, geht über die Politik auch durch die Kultur, obwohl die Trennlinien nicht unbedingt genau kongruent sind.

Es gibt die Unterstützer der Johannis-Orban-Regierung (Präsident und Regierungschef müssen gekoppelt betrachtet werden, denn nicht umsonst sprach Johannis gebetsmühlenartig von „meiner Regierung“), die „Faucianer“, die die Gefahr ernst nehmen, die von SARS-CoV-2 ausgeht. Die aber durch Sozialdemokraten und ALDE und durch die nahenden Wahltermine dieses Jahres geknebelt sind. Und dann gibt es alles, was zu ihnen in Opposition steht, wobei „Opposition“ nicht auf Meinungsverschiedenheiten (mit Versöhnungs- oder Kompromissperspektive) sondern auf divergierenden (vor allem persönliche und Clan-)Interessen, persönlichem und kollektivem Hass, Unversöhnlichkeit, Rachsucht und ungeniert gezeigtem Bildungsmangel fußt.

Eine Epidemie ist eigentlich ein wissenschaftlich-technisches Problem, das in einer normalen Gesellschaft mit vereinten Kräften angegangen wird. Leider haben wir seit Februar-März kaum Länder, wo das so geschehen ist. Mitnichten in Rumänien. Die rasant hochgeschnellten Infektionszahlen bestätigen das, sogar bei immer noch geringen Testzahlen, wie in Rumänien. Anzeichen dafür, dass sich in der Politikerkaste etwas in der Angehensweise der Krise ändert – gibt es keine.

Die PSD, mit dem politisierten Verfassungsgericht und der parteiischen Ombudsfrau, schießt quer und hofft, bei den Wählern zu punkten. Die PNL, ohne Parlamentsmehrheit und im selben Führungsmodus wie die PSD (Hauptziel: „verdiente“ eigene Leute in Führungsämter zu hieven), beweist beharrlich, keine Wahl-Alternative zu sein. Und der Präsident? Nach anfangs glänzendem und eindringlich-glaubhaftem Wirken, hat er in den letzten Wochen wieder auf Stummsein oder Polarisierung geschaltet.

„Noch nie hat Rumänien mehr Bürgersinn und mehr vernunftbasierten Glauben an die Behörden nötig gehabt als heute“, schreibt der Philosoph Andrei Cornea.