Verdacht auf Untergrabung der Volkswirtschaft

Systematische Ausschlachtung des Reschitzaer Maschinenbauwerks wird neu bestätigt

Der in der Zwischenkriegszeit gebaute Teil des Maschinenbauwerks UCM Reschitza gehört zu den von den Betrügern nicht berührten Teilen, der Restbetrieb ist aber mit hohen Schulden belastet und in Insolvenz. Foto: Zoltán Pázmány

Gegen die beiden Ex-Spitzenmanager des Reschitzaer Maschinenbauwerks, Adrian Chebuţiu (er war „Präsident-Generaldirektor“ von UCMR) und Adrian Coriolan Preda (er war der Finanz- und Wirtschaftsdirektor), gibt es gegenwärtig ein noch nicht rechtskräftiges Urteil auf je fünf Jahre Gefängnisstrafe und außerdem laufen drei Strafverfolgungsverfahren gegen sie wegen Bildung einer organisierten Verbrechergruppe (zu der neuerdings, mit soliden Argumenten der Staatsanwaltschaft, auch Chebuţius zweite Ehefrau Lăcrămioara als aktive Mitwisserin gezählt wird) und wiederholter Unterschlagung.

Beide haben binnen nicht einmal fünf Jahren kaum vorstellbare Vermögenswerte auf ihren Namen eintragen bzw. verbuchen lassen, während das Werk Insolvenz anmelden musste und fast zweitausend z. T. hochqualifizierte Arbeitnehmer in „technischer Arbeitslosigkeit“ gehalten werden, also zuhause sitzen mit einer 75-prozentigen Lohnfortzahlung (auf Kosten der Arbeitslosenversicherung) und darauf warten, bei Bedarf zur Arbeit gerufen zu werden. Was gelegentlich geschieht.

Nach und nach sickern von der Staatsanwaltschaft und bei Gericht zusätzliche Informationen durch über die Art und Weise, wie das Tandem der beiden Adrian das Großwerk zerstückelt und sich die Filetstücke in unterschiedlichster Form angeeignet hat, immer darauf bedacht, die schwierig verwertbaren Abteilungen unter dem Namen UCMR stehen zu lassen und auch alle Schulden, mit denen das Werk nach der Wende überlastet wurde, auf die Reststücke zu transferieren, die ihnen nicht behagten bzw. die sie selber ausgemustert hatten.

Immer mehr verdichtet sich dabei die Vermutung, dass die Staatsanwaltschaft bald über ausreichend Indizien verfügt, eine Anklage auf Untergrabung der Volkswirtschaft zu erheben, die schwerwiegendste Anklage bei Wirtschaftsverbrechen in diesem Land. Vor dem Obersten Justiz- und Kassationshof hingegen werden die bisherigen Anklagen der Staatsanwaltschaft weiter verhandelt und analysiert.

5 Millionen Euro investiert, 60 Millionen Euro zurückgefordert

Zunächst ging es um die Affäre mit den unverkäuflichen Motoren, die im Hof des Maschinenbauwerks noch aus sozialistischer Zeit dahinrosteten. Diese waren gegen Ende der 1980er Jahre als Reserve-Diesel-Elektroaggregate für das Sicherheitssystem des Kernkraftwerks Cernavodă gebaut und nicht mehr abgeholt worden, nachdem nach 1990 auf die russische Lizenz für das Kernkraftwerk verzichtet und mit einem kanadischen Investor das Vorhaben nach in Westeuropa akzeptierter Lizenz fertiggebaut wurde. Auf Initiative Adrian Chebu]ius und des Libanesen Said Baaklini sowie mit Adrian Coriolan Preda als willigem Handlanger und bevollmächtigtem Boten (in den abgehörten Telefongesprächen zwischen Chebuţiu und Baaklini: „der Kahle“, „Chelu“) und mit aktiver Mithilfe des damaligen Chefs der Hafenbehörden von Konstanza, Bogatu, wollten sie die Roststücke „exportieren“ und dafür vom Staat die fiktiv angesetzte Mehrwertsteuer von rund 60 Millionen Euro wiederhaben. Seit die Sache vor mehr als vier Jahren aufgeflogen ist (begonnen hat die Affäre im Frühjahr 2010), leugnen Chebuţiu und Preda hartnäckig die Tatsachen, sind aber dafür bereits zu je fünf Jahren Gefängnis verurteilt worden und kämpfen gegenwärtig mit dem Heer ihrer Advokaten vor dem Obersten Justiz- und Kassationshof dagegen an.

Schon bei diesem Geschäft waren die Implizierten eindeutig auf das Schröpfen des Staates aus, indem Chebu]iu mit Baaklini übereingekommen waren, die vier Diesel-Aggregate im gegebenen Zustand für 5 Millionen Euro plus Mehrwertsteuer zu verkaufen, während Drittfirmen alles Fehlende zuliefern sollten: die technischen Dokumentationen, die fehlenden Bestandteile, die technischen Anleitungen und Gebrauchsanweisungen usw.

Von daher ein erstes Verwirrspiel mit Rechnungen und Quittungen und im Spindelverfahren einander zugeschickten Belegen, von Schein- und Fiktivfirmen – alles mit dem letztendlichen Ziel, vom Staat die durch buchhalterische Purzelbäume errechneten 60 Millionen Euro Mehrwertsteuer „zurück“zufordern – die nie gezahlt worden sind.

Phantomfirmen mit Falschrechnungen

So kamen die Firmen SC Beta Trading & Investment SRL und SC Mike Trading & Investment SRL auf den Plan, beides Appartementfirmen, hinter denen bislang bloß zwei Hintermänner entdeckt werden konnten. Beide Firmen erwiesen sich, laut Staatsanwaltschaft, als Lügenmärchen, die Chebu]iu bei seinen Aussagen vor der Staatsanwaltschaft treuherzig auftischte: „Offensichtlich haben diese Aussagen des Beschuldigten nichts mit der Wirklichkeit zu tun“, stellte das Gericht fest, „unter Bedingungen, wo der Beschuldigte keinerlei Beweise vorlegen konnte, dass die beiden Firmen irgendwelche Lieferungen – Betriebsdokumente oder Ersatzteile – an UCM Reschitza oder die SC Libarom Agri SRL des Said Baaklini getätigt haben, um die Motoren in Betrieb zu setzen.“

Dass Chebuţiu während seiner Aussagen vor der Staatsanwaltschaft auch behauptet hatte, nie einen Mohammed Rajef Sharif oder einen Yacoub Jean kennengelernt zu haben, die beim Handelsregister als Geschäftsführer der beiden Firmen fungieren (und zum Bekanntenkreis des Said Baaklini gehören) und denen er als „Präsident-Generaldirektor“ von UCM Reschitza bereit war, für ihre Zulieferungen 143 bzw. 100 Millionen Euro zu „bezahlen“ (wobei in Wirklichkeit kein Geld geflossen ist und sich alles nur auf dem Papier abgewickelt hat), damit die fünf Millionen Euro teuren Diesel-Aggregate wieder in Betrieb gesetzt werden können – diese für jeden Laien offensichtlichen wirtschaftlichen Absurditäten hatte der als „Wirtschaftsgenie“ hochgelobte Chebu]iu vor Gericht als „heutzutage völlig normalen Vorgang“ eingestuft.

Inzwischen mehren sich die Gerüchte in Reschitza, dass die „Verbrechergruppe Chebuţiu-Preda-Lăcrămioara Chebuţiu“ irgendwelche „starken Hintermänner“ gehabt haben muss, sonst hätten sie sich nicht so offensichtlich als Ausschlachter des Maschinenbauwerks betätigen können. Beweise und konkrete Personen werden (noch?) keine genannt.

Adrian Chebu]iu ging sogar so weit, dass er von den schlechtest beleumdeten Rechnungs- und Quittungsfälschern Rumäniens, den Zigeunerclans aus Strehaia, aber auch von chinesischen Geschäftemachern im berüchtigten Bukarester „Dragonul Roşu“ (Der Rote Drache) Buchhaltungsdokumente angenommen und mit Hilfe seines Wirtschaftsdirektors Adrian Coriolan Preda in den Geschäftsverkehr des Reschitzaer Maschinenbauwerks eingeschleust hatte.

Xion Mingwei hatte keine Ahnung

Nicht nur, dass Chebu]iu das Maschinenbauwerk – einst ein gediegenes Unternehmen in der Wirtschaft Rumäniens – in Geschäfte mit Phantomfirmen (wie die SC Beta Trading & Investment SRL und die SC Mike Trading & Investment SRL) verwickelt hat, manche der Rechnungen, die sich Chebu]iu von seiner Buchhaltung vergüten ließ, stammen sogar von chinesischen Kleiderfirmen aus dem Bukarester „Roten Drachen“. Auch die SC Mike Trading & Investment SRL präsentierte dem Maschinenbauwerk zwei Rechnungen aus dem dortigen undurchsichtigen chinesischen Firmengewucher als Quittungen für technisches Zubehör, angekauft von einer SC Cora Star SRL. Nur: Es hatte einmal, vor 2010, eine solche Firma gegeben, die sich inzwischen in SC Kardinal International Trade SRL umbenannt hat – und das seit dem 6. April 2010, Monate bevor die Rechnungen an UCMR ausgestellt waren...

Vor Gericht sagte der jetzige Geschäftsführer der Firma, Xion Mingwei, unter Eid aus, dass er nie etwas an eine der implizierten Firmen verkauft habe und dass er überhaupt nie Maschinenzubehör und –ersatzteile in seinem Angebot hatte. Zudem habe Xion Mingwei bis zu diesem Prozess nie etwas von Firmen wie SC Beta Trading & Investment SRL und SC Mike Trading & Investment SRL gehört. Also können die Rechnungen, die auf seine Firmen ausgestellt sind, nicht von ihm stammen und seien pure Fälschungen. Im Übrigen habe ihm die Finanzpolizei zur Kenntnis gebracht, dass Rechnungsformulare seiner früheren Firma auch von diversen anderen Firmen in Umlauf gebracht worden sind.
All diese Aussagen werden gegenwärtig noch einmal vom Obersten Justiz- und Kassationshof geprüft. Die Staatsanwaltschaft erwartet zumindest die Bestätigung des Urteils des Temeswarer Berufungsgerichts, das Chebuţiu und Preda zu je fünf Jahren Gefängnis verurteilt, wenn nicht gar eine Verschärfung desselben.