Versöhnung über den Gräbern

Deutsch-rumänisches Camp zur Pflege deutscher Kriegsgräber

Gruppenfoto vor dem Gefallenendenkmal auf dem „Pro Patria“ Friedhof in Bukarest. In der ersten Reihe sind u.a. Dr. Cristian Scarlat (1.v.l.), GenLt. Mihai [omordolea (Mitte), OStFw. Günter Schlüter (4.v.r.) und Oberstlt. Matthias Pfeifer (2.v.r.) zu sehen. Foto: VDK

Am 27. Juni fand auf dem Ehrenfriedhof „Pro Patria“ in Bukarest (Olteniței-Straße 11) die offizielle Abschlussfeier des deutsch-rumänischen Camps zur Pflege der deutschen Militärnekropole statt. Die Zeremonie hatte eine dreifache Bedeutung: Gefeiert wurden nicht nur die Leistungen der Teilnehmer am Camp, sondern auch 27 Jahre seit der Unterzeichnung des rumänisch-deutschen Abkommens über Kriegsgräberfürsorge 1996, sowie der 105. Jahrestag der Einweihung des „Pro Patria“-Ehrenfriedhofs in Bukarest. Zwei Wochen lang führten 12 freiwillige deutsche Soldaten – aktive und Reservisten – Pflege- und Wartungsarbeiten auf dem gesamten Friedhofsgelände durch, mit Unterstützung der rumänischen Soldaten des 96. Pionier-Bataillons und der 122. Logistikbrigade „Muntenia“.

An der Zeremonie beteiligten sich zwei rumänische Generäle, Generalleutnant Mihai [omordolea, Sekretär des Obersten Verteidigungsrats des Landes CSAT, der eine Rede auf Rumänisch und Deutsch hielt, und Generalmajor Ciprian Marin, Stabschef der Landstreitkräfte. Die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland war mit dem gesamten Amt des Militärattachés unter der Leitung von Oberstleutnant Matthias Pfeifer vertreten.

Im Anschluss an die Reden des Historikers und Vertreters der gemeinnützigen Organisation „Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. (VDK)“ Dr. Cristian Scarlat und des GenLt. Mihai Șomordolea, die den Kontext der Zeremonie erklärten und die rumänisch-deutsche Zusammenarbeit im Bereich der Kriegsgräber unterstrichen, wurden das Totengedenken und das Gebet der Vereinten Nationen gesprochen. Oberstabsfeldwebel Günter Schlüter, Befehlshaber der deutschen Abteilung, beziehungsweise Hauptfeldwebel George Ilinca, Befehlshaber der rumänischen Abteilung, trugen diese vor.

Dann wurden Trauerkränze seitens des rumänischen Staatspräsidenten Klaus Johannis, des Botschafters der Bundesrepublik Deutschland in Rumänien, Dr. Peer Gebauer, und der Soldaten, die sich am Camp beteiligt hatten, am Fuße des Gefallenendenkmals niedergelegt.

Für die Feierlichkeit der Zeremonie sorgte auch die Anwesenheit einer Ehrenkompanie mit Schlachtfahne und die musikalische Untermalung der Blaskapelle. Viele der Anwesenden waren insbesondere von der Darbietung des Lieds „Ich hatt‘ einen Kameraden“ an der Trompete tief gerührt. Die Zeremonie klang mit der Parade der Ehrengarde aus.

Am 25. Juni 1996 wurde das bilaterale Abkommen über die deutschen Kriegsgräber in Rumänien und die rumänischen Kriegsgräber in der Bundesrepublik Deutschland unterzeichnet. Ziel dieser Vereinbarung war und bleibt die Erhaltung und Pflege der Gräber der in den beiden Weltkriegen Gefallenen.

Zur technischen Umsetzung der Verpflichtungen des deutschen Staates in Rumänien wurde der unter Schirmherrschaft des deutschen Bundespräsidenten stehende „Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V.“ (VDK) ermächtigt.

Die rumänische Seite beauftragte 2004 wiederum das „Nationale Amt für Heldenkult“ (Oficiul Național Pentru Cultul Eroilor, ONCE) mit der Pflege der rumänischen Kriegsgräber in Deutschland. Im Jahr 2019 feierten die beiden 1919 gegründeten Institutionen ihr hundertjähriges Bestehen. Heute pflegt der VDK die Gräber von 2,8 Millionen deutschen Soldaten auf 832 Friedhöfen in 46 Ländern.

Gemäß (noch vorläufigen) statistischen Daten sind in Deutschland in Städten wie Ulm, Worms, Zwickau, Mannheim, Haltingen oder Ingolstadt etwa 1800 rumänische Soldaten begraben – die meisten von ihnen sind während des Ersten Weltkriegs in Gefangenschaft gefallen. Ihre Gräber werden von den örtlichen deutschen Behörden gut gepflegt.

Nach der Unterzeichnung des Abkommens intensivierte die deutsche Organisation ihren Einsatz zur Identifizierung und Verbesserung des Zustands der jahrzehntelang „vergessenen“ Grabstätten deutscher Soldaten in Rumänien. Zunächst wurden die Überreste der deutschen Soldaten nach Jassy überführt und zentralisiert, wo auf dem Friedhof „Eternitatea“ mit großzügiger Unterstützung der örtlichen Behörden eine große Ehrengrabstätte angelegt wurde.

In Rumänien sind an etwa 170 Orten die sterblichen Überreste von über 95.000 deutschen Soldaten begraben, die in beiden Weltkriegen gefallen sind. Die wichtigsten Kriegsgräberstätten befinden sich in Bukarest (Soldatenfriedhof Pro Patria) sowie in den Landeskreisen Vrancea (Țifești, Bordești, Soveja, Focșani), Jassy/Iași, Buzău, Prahova, Dâmbovița (Titu-Sălcuța), Argeș (Dragoslavele, Țuici, Lerești, Curtea de Argeș), Vâlcea (Titesti, Călinești), Kronstadt/Brașov, Buzău, Bihor, Gorj, Konstanza/Constanța, Brăila, Hermannstadt/Sibiu, Bacău u.a.

Ab 1999 wurden in Rumänien Schülercamps sowie Lager für deutsche Soldaten organisiert, die als Freiwillige Wartungsarbeiten an deutschen Kriegsgräbern in Bukarest, Kronstadt, Buzău, Brăila, Focșani, Konstanza/Constanța, Craiova, Jassy, Oberwischau/Vișeu de Sus usw. durchgeführt haben. Von Anfang an unterstützten die rumänischen zentralen und lokalen Behörden, in erster Linie das Verteidigungsministerium M.Ap.N, die Bemühungen der deutschen Partner. Auch das rumänische Militär beteiligte sich an der Pflegearbeit und übernahm die Unterbringung und Verpflegung der Teilnehmer in den eigenen Stützpunkten.

Für dieses Jahr sind zwei solcher Camps mit militärischen Freiwilligen geplant. Das bereits im Juni stattgefundene und ein im September anstehendes, beide auf dem „Pro Patria“-Soldatenfriedhof in Bukarest.

Im Hinblick auf die erfolgreiche gemeinsame Aktion der freiwilligen deutschen und rumänischen Soldaten während des zweiwöchigen Camps und auf den heutigen geopolitischen Kontext waren sich die Redner zum Schluss einig: Das Motto des VDK „Versöhnung über den Gräbern – Arbeit für den Frieden“ sei aktueller denn je.


Gebet der Vereinten Nationen 
(Auszug)

Gott der Freien, wir verpflichten unsere Herzen und Leben heute der Sache der gesamten freien Menschheit.

Gewähre uns Sieg über die Tyrannen, die alle freien Menschen und Nationen versklaven würden. Gewähre uns Glauben und Verständnis, um all jene zu ehren, die für Freiheit kämpfen, als wären sie unsere Brüder. Gewähre uns Brüderlichkeit in Hoffnung und Einheit, nicht nur für die Zeit dieses bitteren Krieges, sondern für die kommenden Tage, die alle Kinder der Erde vereinen werden und müssen.

Unsere Erde ist nur ein kleines Gestirn im großen Weltall. An uns liegt es, daraus einen Planeten zu machen, dessen Geschöpfe nicht von Kriegen gepeinigt werden, nicht von Hunger und Furcht gequält, nicht zerrissen in sinnlose Trennung nach Rasse, Hautfarbe oder Weltanschauung. Gib uns Mut und Voraussicht, schon heute mit diesem Werk zu beginnen, damit unsere Kinder und Kindeskinder einst stolz den Namen Mensch tragen. (...)

Doch vor allem gewähre uns Brüderlichkeit, nicht nur für den heutigen Tag, sondern für alle unsere Jahre – eine Brüderlichkeit nicht der Worte, sondern der Handlungen und Taten. Wir alle sind Kinder der Erde – gewähre uns dies einfache Wissen. Wenn unsere Brüder unterdrückt werden, dann werden wir unterdrückt. Wenn sie hungern, hungern wir. Wenn ihnen die Freiheit genommen wird, dann ist unsere Freiheit nicht sicher. Gib uns einen gemeinsamen Glauben, dass der Mensch Brot und Frieden kenne – dass er Recht und Gerechtigkeit kenne, Freiheit und Sicherheit, gleiche Möglichkeiten und gleiche Chancen sein Bestes zu tun, nicht nur in unseren Heimatländern, sondern in der ganzen Welt. Und in diesem Glauben lass uns auf die reine Welt zumarschieren, die unsere Hände erschaffen können. Amen. 


Was ist der „Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge“?

Der gemeinnützige Verein „Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V.“ (VDK) betreut über 830 Kriegsgräberstätten in 46 Staaten, auf denen rund 2,8 Millionen deutsche Kriegstote bestattet wurden, und engagiert sich in der Gedenk- und Erinnerungskultur. In Workcamps, Begegnungs- und Bildungsstätten sowie Projekten im In- und Ausland fördert der Volksbund die Auseinandersetzung mit historischen und aktuellen Ereignissen. 

Der Verein wurde 1919 gegründet, um die Gräber der deutschen Gefallenen des Ersten Weltkrieges zu erfassen und zu pflegen. Bis Anfang der 1930er Jahre wurden zahlreiche Kriegsgräberstätten geschaffen. Von 1933 an stellte sich die Führung aus eigenem Antrieb in den Dienst des Nationalsozialismus, dennoch durfte der Verein nach 1945 in den drei westlichen Besatzungszonen weiter tätig sein: Dem Verein kam nun seine formale Unabhängigkeit von der NSDAP zugute. Ab 1946 legte der Volksbund  mehr als 400 Kriegsgräberstätten in Deutschland an. Von der britischen Militärregierung wurde der Volksbund 1946 offiziell als für die Kriegsgräberfürsorge zuständig anerkannt, die amerikanische Anerkennung folgte 1947. Die Bundesregierung beauftragte den Verein 1954 offiziell, deutsche Soldatengräber zu suchen, Tote zu bestatten und die Anlagen zu pflegen.

Der Umgang des VDK mit Opfern und Tätern des Krieges hat sich über die Jahrzehnte verändert, wie eine von Verein selbst in Auftrag gegebene Studie zeigt: Problematisch war etwa die Heroisierung von Soldaten oder die Scheu, Täter und Opfer klar zu benennen. Der Verein hat diese Aspekte seiner Geschichte transparent aufgearbeitet – möglich gemacht hat dies unter anderem, dass die direkten Nachkommen der NS-Soldaten, die ihre Väter nicht als Täter sehen wollen, weniger werden. 

Landesvorsitzende Karen Koop erklärte gegenüber dem „Hamburger Abendblatt“: „In unserer Arbeit geht es nicht um Verehrung der Toten, sondern um die würdige Erinnerung an sie.“ Der Verein wurde für seine Arbeit mehrfach ausgezeichnet. (Veronika Zwing)