Von der Angewandten Germanistik zur „Angewandten Diplomatie“

Dritte Internationale Tagung zur Angewandten Germanistik in Bukarest

Die Technische Universität für Bauwesen Bukarest (UTCB), die Universität Wien, die Universität Bukarest und das Schillerhaus veranstalteten in der Zeitspanne 13. bis 15. Juni im Bukarester Schillerhaus die dritte Internationale Tagung zur Angewandten Germanistik. Die diesjährige Auflage, die mit der Unterstützung der Österreichischen Botschaft in Bukarest, des Österreichischen Kulturforums und der Österreich-Bibliothek zustande kam, wurde zum Diskussionspodium für etwa dreißig Forscherinnen und Forscher sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem In- und Ausland (Österreich, Deutschland und Ungarn), die ihre Beiträge zu literatur- sowie sprachwissenschaftlichen Themen, zur Didaktik und Methodik verfassten und somit neue transdisziplinäre und praxisbezogene Akzente setzten. Eröffnet wurde die Veranstaltungsreihe mit dem Grußwort des Botschaftsrats der Österreichischen Botschaft Bukarest, Benedikt Saupe, der den Anlass als „Angewandte Diplomatie bzw. Diplomatik“ beschrieb – ein permanentes Vorhaben der Österreichischen Botschaft, Österreich und Rumänien miteinander zu vernetzen und somit den Austausch weiter zu fördern.

Die Initiative, eine Tagung zur Angewandten Germanistik in Bukarest zu veranstalten, kam von Sorin Gădeanu (Wien/Bukarest), der bereits in den vergangenen Jahren auf die Relevanz des Terminus „Angewandte Germanistik“ hinwies. Die Tatsache, „dass Forschung auch Angewandtes bedeutet“, hob Hermine Fierbințeanu von der Universität Bukarest für die ADZ hervor. Als Novum der dritten Auflage dieser Tagung sicherte die erstmalige intensive Beteiligung der Germanistikabteilung an der Universität Bukarest eine wissenschaftliche Breitenwirkung der Veranstaltung, die durch die österreichische Lektorin Susanna Konnerth, Hermine Fierbințeanu, Ileana Ratcu und Mihai Draganovici vertreten wurde, während die Wahl des Kulturhauses „Friedrich Schiller“ als Tagungsort die Öffentlichkeitswirksamkeit der Veranstaltung erhöhte.

Die Hauptvorträge der Tagung boten – wie bereits in den vorangehenden Auflagen – nicht-kanonische Impulse aus angrenzenden Wissenschaftsgebieten für die teilnehmenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler: Larisa Schippel aus Wien sprach zum Übersetzen als transdiskursiver Transfer, Inci Dirim aus Wien zur Rassismuskritik als neue Perspektive im Bereich Deutsch als Zweitsprache und Susanne Hochreiter (Wien) zu den notwendigen Verque(e)rungen in Elfriede Jelineks Geschlechtertheater.

Ein reges Diskussionsthema war die Migrationspädagogik, das mit dem Vortrag von Inci Dirim (Universität Wien) begonnen hatte, gefolgt von einem Rundtischgespräch, an dem sich Österreicher, Deutsche, Rumänen und Rumäniendeutsche beteiligten und über grenzüberschreitende Themen wie Identität und Diskriminierung diskutierten. In diesem Zusammenhang wurde besonders auf den Unterschied zwischen der Situation in Österreich und in Deutschland zum einen und der Situation in Rumänien zum anderen eingegangen. Wichtig dabei ist, zwischen historischen und neueren Minderheiten zu differenzieren, schlussfolgerten die Teilnehmenden. Durch das Migrationsphänomen kamen zu den bereits existierenden historischen Minderheiten neue Minderheiten hinzu. Dieser Prozess wirkte sich auch auf das Unterrichtswesen aus, sodass sich daraus ein neuer Forschungszweig entwickelte – die Migrationspädagogik. Selbst wenn man in Rumänien nicht mit einer ähnlichen Situation konfrontiert ist, sollte man den anderen als solchen wahrnehmen und den Austausch mit ihm in eine gewinnbringende Erfahrung umwandeln. „Weder die Ethnie noch die Kultur und die Sprache oder die Nationalität, sondern das Individuum, der Mensch an sich ist wichtig. Man muss an das Gute im Menschen glauben, dann schafft man es bestimmt, zumindest als Lehrer“, sagte Fierbințeanu im Anschluss daran. Abgerundet wurde die Tagung durch ein Seminar von Inci Dirim (Wien) zu den Begriffen Kultur und Identität aus der Perspektive des Faches Deutsch als Zweitsprache.

Die Angewandte Germanistik untersucht als transdisziplinäres Fach Produktions-, Verbreitungs- und Vermittlungsbedingungen der schriftlichen und mündlichen Kommunikation sowie das Zusammenwirken von Literatur, Medien, Politik und Gesellschaft.
Die kommende vierte Auflage der abgeschlossenen Tagung soll 2020 in Wien stattfinden.