Was ist für dich Heimat?

Was verstehen die Jugendlichen von heute unter Heimat? Finden sie es überhaupt noch cool, über so etwas zu reden? Oder ist dieses Thema mega out? Dieser Frage möchte ich auf den Grund gehen, also schalte ich den Computer ein und mit Googles Hilfe werde ich allmählich fündig. Die erste Definition, die ich zu lesen bekomme, ist kurz und bündig: „Heimat? Das ist da, wo mein Dealer wohnt“, meint Lukas.
Heimat-Bashing, also sich über die Heimat negativ auszulassen, ist bei vielen Jugendlichen offensichtlich schwer in. Es gab da aber freilich auch eine ganze Reihe von ernst gemeinten Antworten, die mich durch ihre Ehrlichkeit und direkte Art schwer beeindruckten, wie zum Beispiel: „Heimat? Null Ahnung! Ich hasse solche Fragen!“ oder: „Heimat? Mir doch egal!“ oder „Heimat? Ja! Aber doch nicht dieses Kaff hier.“ Die Null-Bock-Generation der 90er lässt also grüßen. Aber nur gelegentlich, denn oft läuft es auch anders: Einige Jugendliche sprechen begeistert von einer behaglichen, beschützenden Heimat, fast so wie man sie anno dazumal empfand, auch wenn sich einiges darin ziemlich geändert hatte. Annette aus D. hatte dazu sogar ein knappes Heimatgedicht verfasst: „Die Katze vor der Glotze schnurrt / Der PC in der Stube surrt / Oh, Heimat!“ Und ein gewisser Markus erklärte: „Auch wenn ich aus Istanbul komme, ist meine Heimat jetzt zu 100 Prozent in Köln-Kalk. Da fühle ich mich rundum wohl, und da kriegt mich keiner raus, denn da gibt’s Karneval und leckeres Kölsch.“

Jennifer hingegen ging rein mathematisch bei der Umschreibung des Heimatbegriffes vor: „Ich habe fünf Jahre in Sankt Petersburg und zehn Jahre in Mönchengladbach gelebt, also befindet sich meine Heimat zu 33,33 Prozent in Russland und 66,33 Prozent in Deutschland.“ Und Uli, der offensichtlich global dachte, meinte: „Ich definiere Heimat durch Wohlfühlen. Und das ist für mich ziemlich so überall der Fall. Außer in meiner Heimatstadt.“ Zum Schluss stelle ich mir nun die Frage: Haben diese Jugendlichen ein anderes Heimatbild als ich? Zum Teil schon! Und das habe ich nicht nur anhand dieses Chats, sondern auch durch meine eigene Familie erfahren. Obwohl ich seit vielen Jahren in Deutschland lebe, empfinde ich, zumal ich in Rumänien geboren bin, immer noch Rumänien als Heimat. Doch was sagte meine in Temeswar geborene Tochter Andrea neulich zu diesem Thema? „Heimat definiert für mich den Ort, an dem ich kein Heimweh habe. Und das ist nun mal bei Muddi und Vaddi am heimischen Kühlschrank.“ Andrea ist schon längst erwachsen und bei uns ausgezogen, aber sie besucht uns fast täglich, denn ihre Heimatliebe ist stärker denn je.