WORT ZUM SONNTAG: Andacht zur Jahreslosung 2021

In der heutigen Andacht darf es um die Jahreslosung gehen. Sie steht bei Lukas im 6. Kapitel und wird uns durch das begonnene Jahr begleiten:
36 Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist.
Und wir lesen Jesu Worte, wie sie bei Lukas weiter aufgeschrieben stehen:
37 Und richtet nicht, so werdet ihr auch nicht gerichtet. Verdammt nicht, so werdet ihr nicht verdammt. Vergebt, so wird euch vergeben.
38 Gebt, so wird euch gegeben. Ein volles, gedrücktes, gerütteltes und überfließendes Maß wird man in euren Schoß geben; denn eben mit dem Maß, mit dem ihr messt, wird man euch zumessen.

Der Evangelist und Arzt Lukas erzählt in seinem Evangelium die meisten Heilungsgeschichten. In seinem Evangelium findet das Wort „Barmherzigkeit“ häufige Verwendun. Die ursprüngliche Bedeutung von „Barmherzigkeit“ weist auf den Mutterleib hin: Ein Kind unter dem Herzen tragen, es sich zu Herzen nehmen, sich seiner annehmen, sich kümmern. So wie es im Gleichnis vom barmherzigen Samariter geschieht, ein Gleichnis, das wir nur bei Lukas finden. Lukas richtet seinen Blick nicht auf die Mächtigen, sondern auf die kleinen Leute, die Schwachen und Beladenen: auf Kranke, Hirten, Witwen und Waisen, auf die „Zöllner und Sünder“.
Martin Luther schreibt: „Barmherzigkeit heißt, mit seinem Herzen bei den Armen sein.“
Ihr Leid geht Jesus ans Herz und treibt ihn an Orte, die alle anderen meiden. Er ist da, wo die Starken den von Gott gesandten Messias niemals suchen würden. Das begann schon mit seiner Geburt. Wer Jesus begegnet, erfährt Heil und Rettung im Hier und Jetzt. Gott liebt und erbarmt sich seiner Menschenkinder. Er sucht Verlorene und feiert Freudenfeste für Gefundene, wie in dem Gleichnis vom verlorenen Sohn, in dem der Vater den Verloren-Geglaubten in seine Arme schließt, an sein Herz drückt und sich seiner annimmt. Er ist barmherzig.

In der Bergpredigt (die steht allerdings bei Matthäus) heißt es: Selig die Barmherzigen, denn sie werden Erbarmen finden. Oder wie es auch übersetzt werden kann: Selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen. „Misericordia“ sagen die Lateiner, „mil˛“ auf Rumänisch. Und so sperrig das Wort im Deutschen auch sein mag, so tiefgründig ist seine Bedeutung. Barmherzigkeit beschreibt eine tiefe Liebe, die nicht anders kann, als zu handeln.

Wann sind wir selbst barmherzig?
Wo waren wir es nicht in genügender Weise?
Wann wurde uns Barmherzigkeit zuteil?
Fühlt er mit oder lässt ihn menschliches Elend unberührt?
Hat er das Sagen in unserer Welt oder überlässt er das ihren Mächtigen?
Ist er gerecht oder ungerecht, allmächtig oder hilflos, herzlos oder barmherzig?

„Gott ist barmherzig“, behauptet Jesus – ungeachtet aller Fragen und Vorstellungen seiner Zuhörer, wenn er sie auffordert: „Seid barmherzig, wie euer Vater barmherzig ist!“ Egal wie andere leben: „Seid barmherzig!“ Nicht am Verhalten anderer sollten wir uns orientieren. Auch nicht daran, was für uns selbst dabei herausspringt. Entscheidend ist allein Gottes leidenschaftliche Barmherzigkeit, die uns durch seine Gnade und Treue „unverdient“ widerfährt. So wie es im Epheserbrief heißt:  Seid aber untereinander freundlich und barmherzig und vergebt einer dem andern, gleichwie auch Gott euch vergeben hat in Christus Jesus. (Epheser 4,32)
Amen

Gebet

Herr, geh du mit uns, mit allen Menschen auf Erden, in das neue Jahr. Wir leben aus deiner Liebe und Barmherzigkeit, mit der du uns verändern und leiten willst. Lass uns dir vertrauen, mach du uns frei von Selbstüberschätzung und dem Kreisen um uns selbst. Die Welt, Gott, deine Schöpfung ist angewiesen auf Liebe und Barmherzigkeit, wir leben aus deiner Barmherzigkeit. Bleibe du bei uns auf den Wegen durch das neue Jahr.
Amen