WORT ZUM SONNTAG: Das lebendige Brot

Pfarrer Johann Zey, Sächsisch Regen

Oft muss ich darüber staunen, was für unterschiedliche Erwartungen die Menschen an Gott haben. Viele stellen sich vor, wenn sie zum Gottesdienst kommen und in die Nachfolge Jesu treten, dann würde Gott sie dafür mit dem belohnen, was sie sich schon immer gewünscht haben. Wahrscheinlich dachten einige Jünger zur Zeit Jesu auch so. Aber Jesus, der einen viel weiteren Horizont hat, belohnt sie mit etwas ganz anderem. Er sagt: „Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich in ihm.“ (Joh. 6,56)
Ist das nicht merkwürdig? Wie ist das Essen von Jesu Fleisch und Blut zu verstehen? Viele von den Jüngern Jesu wussten darauf keine Antwort. So etwas hatten sie aus dem Munde Jesu noch nie gehört. Erschrocken und empört wandten sich viele ab von ihm und verließen ihn.

Wie geht es uns mit diesem Vermächtnis Jesu? Sind wir heute bereit, Jesu Fleisch zu essen und sein Blut zu trinken, auf dass wir mit ihm verbunden bleiben? Ja, können wir das überhaupt, wenn er gar nicht mehr unter uns ist? Erwarten wir nicht, ebenso wie die Jünger, etwas ganz anderes von Jesus? So etwa, dass er uns eine glückliche, sorgenfreie Zukunft zusichern möge und uns in dieser Welt Erfolg, Reichtum und Ehre bescheren würde?
Ein ähnliches Ereignis erzählte einmal auch ein Pfarrer. Nach dem Gottesdienst kam ein Mann zu ihm und sagte: Herr Pfarrer, sie vertrösten die Leute immer nur auf das ewige Leben und sagen, dort im Jenseits gäbe es keine Sorgen und Plagen, sondern nur Freude und Herrlichkeit. Das ist ja wahrlich eine beneidenswerte Theorie, aber woher weiß ich, dass das wahr ist? Ich bin so oft betrogen worden in meinem Leben… Nach kurzem Nachdenken sagte der Pfarrer: Kommen sie am nächsten Sonntag zum Heiligen Abendmahl und empfangen Sie im Glauben den Leib und das Blut Jesu Christi zur Vergebung ihrer Sünden. Dann werden sie merken, dass das ewige Leben keine Wunschtheorie ist, sondern Sie haben es unter Brot und Wein in sich aufgenommen.

„Wer dies Brot isst, der wird leben in Ewigkeit“ (Joh. 6, 58c) sagt der Herr Jesus. Und im 1. Johannesbrief heißt es: „Das Blut Jesu, seines Sohnes, macht uns rein von aller Sünde.“ (1.Joh.1,7) Das ist überwältigend! Wenn wir Abendmahl feiern, ist er gegenwärtig! Er reinigt uns von aller Sünde und uns wird das ewige Leben zuteil.
In, mit und unter Brot und Wein essen wir Jesu Leib und Blut! Wir nehmen ihn greifbar in uns auf! Wir vereinigen uns mit ihm auf wunderbare Weise. Der allmächtige, ferne Gott im Himmel wird nun sehr konkret und fassbar.
Schon zu Weihnachten feierten wir die Menschwerdung Gottes. Gott steigt vom Himmel herab und wird Mensch, damit unsere Verbindung mit ihm noch inniger werde. Und ebenso kommt er im Abendmahl auf wunderbare Weise zu uns und lässt uns teilhaben an seinen göttlichen Eigenschaften. In Joh. 6,51 sagt Jesus es ganz deutlich: „Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel gekommen ist. Wer von diesem Brot isst, der wird leben in Ewigkeit.“ Wenn wir also im Heiligen Abendmahl Christi Leib essen und sein Blut trinken, haben wir automatisch auch teil an seinem Leben. Voller Begeisterung bekennt auch der Apostel Paulus: „So gibt es nun keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind.“ (Röm.8,1)

Der kommende Sonntag hat den Namen: „Laetare“. Das heißt: „freuet euch!“. Mitten in der Fastenzeit werden wir aufgerufen, uns zu freuen. Die Botschaft unseres Bibelwortes gibt uns allen Grund dazu. Wenn wir Brot und Wein im Heiligen Abendmahl zu uns nehmen, essen wir sein Fleisch und trinken sein Blut, so wie er es geboten hat. So bleiben wir in ihm und er bleibt in uns. Diese Speise will uns immer wieder stärken und gewiss machen: Ich gehöre zum Herrn Jesus Christus! Sein Heil ist mein. Mein Leben ist geborgen in seiner Hand. Denn Gottes Wort verheißt: „Wer den Sohn hat, der hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, der hat das Leben nicht.“ (1.Joh.5,12)
Lasst uns von nun an in diesem Sinne Abendmahl feiern: Durch das Essen dieses Lebensbrotes vereinigen wir uns so sehr mit Jesu Göttlichkeit und Vollkommenheit, dass durch seinen Kreuzestod alles Belastende und Anklagende von uns genommen wird und wir uns nur noch im Heiligen Geist freuen können an dem unendlich großen und alles entscheidenden Geschenk, dem lebendigen Brot, Jesus Christus. Amen.