WORT ZUM SONNTAG: Eine wichtige Zusage

Liebe Leser,

wir wissen, was Verbannung ist. Unsere Eltern oder Groß- oder Urgroßeltern waren verbannt, in der Ukraine, in Russland, in Deutschland, in…. Und manchmal kommen wir uns auch verbannt vor, als Fremde in diesem unserem Heimatland, das nicht mehr unsere Sprache spricht, oder verlassen von unseren Freunden und Bekannten, die nicht mehr im Land sind.
Und trotzdem sind wir nicht arm. Eine gewisse Wehmut packt uns von Zeit zu Zeit, wenn wir an die „alten Zeiten“ denken, als wir noch viele und unsere Kirchen voller Gottesdienstbesucher waren. Aber wir können nicht davon abstrahieren, dass es uns mittlerweile materiell doch recht gut geht.

Da haben wir eins gemeinsam mit dem alten Volk Israel vor rund 2500 Jahren. Auch sie waren, nach dem Untergang Jerusalems, zu Fremden geworden: in der Verbannung in Babylon, wohin sie verschleppt worden waren. Und auch sie waren nicht arm. Man hat bei Ausgrabungen in Babylon jüdische Bankhäuser mit kleinen Tonzylindern mit Abrechnungen gefunden, die beweisen, dass es dort auch reichere Juden gab. Aber verzweifelt waren sie. Sie fragten sich und die Propheten und sie fragten Gott, wann die Gefangenschaft endlich aufhören würde. Schon 40 Jahre lebten sie in der Fremde. Sie kannten die heiligen Stätten in Jerusalem nur noch aus den Erzählungen der Älteren. Aber: Konnte man den Überlieferungen trauen? Sprach Gott zu seinem Volk auch in der Fremde, oder war das nur in Jerusalem, in der Heimat möglich?

Da tritt ein Prophet auf und sagt: „Nun spricht der Herr, der dich, Jakob, geschaffen hat, und dich, Israel, gemacht hat: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein“ (Jesaja 43,1).
Er spricht die Worte im Namen Gottes aus. Gott hat sein Volk nicht verlassen. Im Gegenteil: ER erhebt Anspruch: Du bist mein! Du, Israel, bist und bleibst mein Volk, auch hier in der Fremde. Diese Worte bedeuten Israel bis heute sehr viel. Bedeuten sie auch uns etwas?  Das erste: Ich habe dich geschaffen! Du bist kein Zufall, du bist gewollt, du bist einzigartig. Auf der ganzen Welt gibt es keinen zweiten Menschen wie du. Das können wir uns immer wieder vor Augen führen, morgens, wenn wir in den Spiegel sehen und uns wundern, wer uns da anschaut. Wir könnten dem Spiegelbild sagen: Du bist zwar nicht perfekt, aber Gott hat dich lieb und deshalb mag ich dich auch.

Das zweite: Fürchte dich nicht! In diesen Worten fühle ich mich verstanden. Gott weiß um das mulmige Gefühl, das gewisse Situationen bringen, sei es eine unaufschiebbare Operation, eine schwere Prüfung oder eine wichtige Entscheidung. Aber an der Hand des Vaters kann man besser durchs Leben gehen. Das dritte: Ich habe dich erlöst...Die Juden damals hörten, dass ihre Gefangenschaft ein Ende haben würde. Wir Christen heute hören, dass Jesus Christus uns freigekauft hat, dass er unsere Schuld bezahlt hat. Wir brauchen uns ihm bloß im Glauben zuzuwenden und sein Sühnopfer für uns in Anspruch zu nehmen. Das vierte: „Ich habe dich bei deinem Namen gerufen.“ Das ist die vielleicht schönste Zusage, die wir hören können. Vor einigen Jahren noch wunderte ich mich, dass in der Taufliturgie die Frage des Pfarrers vorgesehen war: „Wie heißt das Kind?“ Doch es ist wichtig, dass der richtige Name genannt wird, mit dem uns auch Gott anspricht. Und dann heißt es: „Du bist mein!“ Das ist kein einseitiger Besitzanspruch. Das ist eine Zusage: Ich halte zu dir, ganz gleich, wo du bist! Ich habe dich nicht vergessen! Das sagt Gott zu Israel und auch zu uns. Das alles, was uns viel bedeutet. Sagen wir ihm doch auch einmal, was er uns bedeutet!