WORT ZUM SONNTAG: Gastfreundschaft

Selber einmal Ausspannen und Abstand nehmen, das möchten alle im Sommer. Von Urlaub keine Rede, Covid-19 hat alle Urlaubspläne zunichte gemacht. Und dennoch möchten wir Aufatmen, frische Luft genießen und uns dem Nichtstun voll und ganz widmen. Auf facebook ...Hinweise! Ach ja, mein Freund ... dir geht´s ganz gut. Lass dich mal besuchen! Mit Maske, ohne Maske ... tut nichts zur Sache ... ich komme, denn ich weiß, du freust dich auf meinen Besuch! Natürlich besuche ich dich ohne Kinder und Schwiegermutter, denn ich weiß was von Anstand. Auch meinen Hund lasse ich zuhause, denn eben habe ich bei Adolph Freiherr Knigge 1788 gelesen: „Gastfreundschaft ist großartig ... Auch ist es wahrlich zu verzeihen, wenn bei immer zunehmenderem Luxus und dem mannigfaltigen Missbrauche, den man in unseren Zeiten von der Gutherzigkeit der Menschen macht, man vorsichtig in Erzeigung solcher Gefälligkeiten wird und wenn man genauere Rücksprachen mit seinem Geldbeutel nimmt, bevor man jedem Müßiggänger und freundlichem Schmarotzer Haus, Küche und Keller öffnet“!

Ich weiß auch, dass meinen Eltern die Gastfreundschaft heilig war. Und ich kann mich erinnern an unsere Zigeunerin Anică. Sie kam manchmal auch zu ungelegenen Zeiten, brachte Pilze, Körbe oder Hofbesen mit, oder auch nur ein „boda proste“. Jedoch immer erhielt sie einen Platz bei Tisch. Ich wurde ihr sogar in den Schoß gesetzt. Sie drückte mich, küsste mich und fütterte mich, und wir waren beste Freunde. Sie ging immer als Beschenkte heim. Diese Gastfreundschaft wurde bei Bedarf auch auf Menschen ausgedehnt, die sich selbst eingeladen hatten. Als eventuelle Belästigung wurde dies jedoch nie empfunden und unverschämte Gäste kannte man nicht.

So habe ich gelernt, dass Gastgeber und Gast füreinander wertvoll sind, auch wenn die Erwartungen anders ausfallen. Aus jeder Situation kann man etwas lernen. Natürlich müssen da Opfer erbracht werden: Termine aufgeben, auf Vorhaben verzichten! Gäste sind ja Familienglieder auf Zeit, denn „Gastfrei zu sein, vergesset nicht, denn dadurch haben einige ohne ihr Wissen Engel beherbergt !“ - werden wir in der Bibel ermahnt. Damals, zu biblischen Zeiten, wurde der Fremde in den Schutz der Familie aufgenommen. Die Gastfreundschaft war unter nomadischen Völkern hoch geschätzt, sie dauerte 3 Tage und 4 Stunden, so die Regel. Dabei wurde der Gast voll aufgenommen, es wurden ihm die besten Stücke zugeteilt und er hatte einen Ehrenplatz bei Tisch. Ob es bei solchen Gastfreundschaften zur halbwegs fairen Kostenbeteiligung kam, wissen wir nicht. Heute würde man das mit einer billigen Pizza oder Curry-Wurst ausgleichen. So hat sich ja auch die Freude über heutige Gäste ergeben: Sie geschieht zweimal, einmal wenn Gäste kommen und dann, wenn Gäste gehen. Doch das soll und darf nicht sein!

Zu Zeiten des DDR-Tourismus hatten wir viele Gäste. Einmal sogar 23. Das Haus war voll besetzt und gezeltet wurde im Garten. Eine große Palukes mit Eierspeise, Speck und Zwiebeln halfen über die Runden. Das Ergebnis: wertvolle Freundschaften. Natürlich gab es auch böse Zungen, die dem einen oder anderen den Ruf eines Schmarotzers nachsagten. Doch wir haben uns mit solchen Aussagen nie belasten wollen und schwere Gäste oder leichte Gäste gleich gesehen.

Darauf will auch die Bibel hinweisen. Bewirtung und Beherbergung damals, nicht zu vergleichen mit dem heutigen Hotelwesen. Reisende zum Verweilen, Stärken und Erfrischen einzuladen, war Pflicht, ohne dabei auf Quantität und Qualität der Mahlzeiten zu sehen. Denn, „wer gastfreundlich ist, ist auch gottesfürchtig, wer hingegen nicht gastfreundlich ist, gilt als gott-, kultur- und gesetzlos“ – so ein biblischer Kommentar.
Nun bleibt Gott der Herr, der beste Gastgeber. Er ruft uns am „Abendmahlssonntag“ zu sich: „kommt her, denn es ist alles bereit“! Er gibt uns Speise zur rechten Zeit und sättigt alles, was da lebt mit Wohlgefallen. Ob es Flüchtlinge, Obdachlose, Reisende, Kranke oder Gesunde sind, alle sind gerne bei ihm gesehen. Sein Segen und seine Fürsorge und das Heil sind allen sicher. Glauben wir doch daran!