Zusammen im Dienst der benachteiligten Mitmenschen

Das Wirken des jungen Bukarester Hilfsvereins Thaddäus

Gruppenfoto mit den aktivsten Mitgliedern des Hilfsvereins Thaddäus Foto: Thaddäus Volontäre

Schlagzeilen wie „Alles hat sich geändert“ und „Nichts wird wie zuvor sein“ hat die in den Nachrichten und im Alltagsleben allgegenwärtige Coronavirus-Pandemie den meisten von uns eingeflüstert. Mögen wir es gestehen oder auch nicht, es haben sich zugleich mit der pflichtgemäßen Körperdistanz leider auch eine emotionale Entfernung und ein Misstrauen den Mitmenschen gegenüber in unseren Seelen eingeschlichen. Wie viele von uns würden heute noch ohne jede Zurückhaltung einen Bekannten umarmen oder ruhig seine Hand drücken? Wie würden wir uns nun einem bedürftigen Unbekannten gegenüber verhalten?

Eine nette Gemeinschaft, die das Zusammenhalten sehr ernst nimmt, ist wohl die Freiwilligengruppe des Bukarester Hilfsvereins Thaddäus, die in den aktuellen Krisenzeiten auf ihre Menschlichkeit nicht verzichtet hat. Die Aktionen der Volontäre wurden durch die Bewegungsbeschränkung in den letzten zwei Monaten zwar erschwert, aber sie wurden trotzdem, unter den geregelten Schutzbedingungen, weitergeführt. Die Mitglieder des Thaddäus-Vereins erzählen im Folgenden, wie sie üblicherweise im Dienst der Mitmenschen wirken.

Einfach zusammen

Wenn sie über die Gründung des Hilfsvereins Thaddäus sprechen, erinnern sich dessen Mitglieder und die neu gewählte Vorsitzende Laura Tărăpoancă an die vielen Momente, in denen sie sich vornahmen, Gutes zu tun, und gescheitert sind, als sie mehr bieten wollten und keine Ressourcen hatten, als sie eine Unterkunft für jemanden suchten und auf Ablehnung stießen.

Der Geist des Hilfsvereins bildete sich, als einige Gemeindemitglieder der 1650 in der Bukarester Altstadt (Str. Franceză Nr. 1) errichteten orthodoxen Kirche Sankt Demetrios-an-der-Post , die 2009 zur Universitätskapelle geworden ist, feststellten, dass sie gemeinsam rettende Aktionen für die Mitmenschen organisieren können. Einfach zusammen.

Gemeinsame Werte wie Mut, Großzügigkeit und Fürsorge für Menschen in schwierigen Situationen verbinden und stärken die kleine Gemeinschaft des Vereins. Des Weiteren glauben die Freiwilligen, dass die Nächstenliebe, die sie durch ihren Einsatz ausüben, die Not der Kranken, Armen, Obdachlosen, Alten und Verlassenen lindern kann. Die Wohltaten der Gemeinschaft begannen vor mehreren Jahren, aber nahmen erst 2017 eine institutionelle Form an. Der Name des Vereins weist auf einen der zwölf Jünger Jesu, und zwar auf Judas Thaddäus, einen der Schutzpatrone der Kirche St. Demetrios-an-der-Post sowie der sich in ausweglosen Umständen befindenden Menschen hin.

Ziel des Vereins ist es, zur Erhaltung und Förderung von christlichen Werten und rumänischen Traditionen beizutragen, die Lebensqualität der Menschen in Not durch finanzielle Unterstützung, Information, Sozialhilfe, psychologische Unterstützung und spirituelle Beratung zu verbessern.

Der Thaddäus-Verein macht sich das Initiieren und Durchführen von Programmen zur Unterstützung verschiedener Kategorien schutzbedürftiger Personen wie Mütter und werdende Mütter in schwierigen sozial-finanziellen Situationen und ihre Kinder (geboren oder noch ungeboren), Kinder mit schweren Erkrankungen und ihre Familien, Waisen, Behinderte, Obdachlose, alte Leute, Arbeitslose, Opfer häuslicher Gewalt und Familien mit einem niedrigen Einkommen zur Pflicht. Außerdem kämpft der Hilfsverein für die Rechte der benachteiligten Personen und für die Ausweitung des Bereichs ihnen gewidmeter sozialer Dienste. Darüber hinaus spricht sich der Thaddäus-Verein für sozialen Dialog bei der Entwicklung und Umsetzung öffentlicher Politiken zur Einbeziehung benachteiligter Sozialgruppen und für die Förderung sozial-professioneller Erfolgsmodelle aus.

Warum sollte sich ein jeder ehrenamtlich engagieren?

Laut Credo der Vereinsmitglieder leben Volontäre länger, gesünder und schaffen es aufgrund einer echten Steigerung des Selbstwertgefühls und der Lebensfreude, die stressigen Situationen in ihrem Leben effektiver zu bewältigen. Mittlerweile gewinnen sie Erfahrungen, Wissen und Werte. Die Freiwilligen schenken der gesamten Gemeinschaft Zeit und Seele, zeigen Empathie und ein tiefes Verständnis für die umgebende Wirklichkeit. Dadurch bietet sich auch für sie die Gelegenheit, dem Milieu, in dem sie großgeworden sind, dankbar zu sein. Außerdem stärkt und muntert ihr Einsatz sich in ausweglosen Situationen befindende Menschen, die zuvor jede Hoffnung auf ein besseres Leben aufgegeben hatten, auf. Im Grunde genommen vereinen solche humanitäre Aktionen einzelne Menschen, Gruppen von Menschen und Gesellschaften, unabhängig von Geschlecht, Nationalität, kulturellem Hintergrund, finanziellem Status usw. und schaffen eine Atmosphäre, die das geistige und materielle Wachstum begünstigt und das Gemeinschaftsgefühl pflegt.
Mit einer so liebevollen Gesellschaft wie jene des Thaddäus-Vereins macht all das auch echt Spaß, denn die Freiwilligen verbindet eine enge Freundschaft und sie nehmen sich immer die Zeit nach den Gottesdiensten in der St. Demetrius Kirche bei Kaffee und Kuchen zu plaudern. Sonntags gehen sie zusammen in der Altstadt aus oder unternehmen Ausflüge außerhalb  der Stadt. Hat jemand von ihnen Geburtstag, so feiert jene Person auch mit der zweiten Familie, nämlich mit den Volontären des Vereins. Das kulturelle Bedürfnis der Vereinsmitglieder wird keineswegs vernachlässigt, da sie zusammen auf Museumsbesuche oder zu Konzerten gehen.

Karitative Programme

Aufgrund des unzureichenden Einkommens können einige Eltern ihre Kinder nicht mit Hilfsgütern und anderen obligatorischen und zusätzlichen Unterrichtsmaterialien versorgen, was den Zugang zur Bildung erschwert. Im Rahmen des Programms „Hefte für die Zukunft“ unterstützt der Hilfsverein die Teilnahme jener Kinder aus Familien mit finanziellen Schwierigkeiten am Schulunterricht. Dank der Spenden von Schultaschen, Schreibinstrumenten, Heften usw. haben Kinder aus benachteiligten Familien zu Beginn des neuen Schuljahres einen Start wie die anderen Kinder auch.

Zudem bietet der Thaddäus-Verein Kindern aus benachteiligten Familien in Bukarest pädagogische Unterstützung in Fächern wie Rumänisch, Mathematik, Englisch usw. mittels eines Programms namens „Kostenlose Privatstunden“. Daneben steht Interessenten auch das Teilprogramm „Spanisch-Unterricht für alle“ mit dem Freiwilligen und Muttersprachler Alfredo Zedano zur Verfügung.

Darüber hinaus werden außerschulische Bildungsaktivitäten mit Kindern organisiert, um ihre Motivation und ihr Interesse für Kunst und Wissen zu entwickeln. Ein Beispiel ist der Malkurs. Dieser Kurs wird von Absolventen der Bukarester Kunstuniversität zur Entwicklung des visuellen, kreativen, dekorativen künstlerischen Sinns der Kinder veranstaltet. Bei jeder Lektion rückt ein berühmter Maler ins Rampenlicht. Es werden einige interessante Aspekte und Informationen über sein Leben erwähnt, dessen Stil entdeckt, der die Kinder beim Schaffen inspirieren wird.

Die Geburtstagsfeier ist in den meisten Fällen eine Veranstaltung, die den Menschen die Möglichkeit bietet, all ihre Lieben an ihrer Seite zu haben, positive Gefühle, Freude und Erfüllung zu erleben. Oft beschränkt sich die Geburtstagsfeier der älteren Leute wegen Gesundheitsleiden, der Abhängigkeit von anderen, der Gefühle der Wertlosigkeit, Verlassenheit und dem Fehlen eines Gesprächspartners darauf, Bilder aus ihrer Jugend anzugucken oder sich an lustige Situationen aus ihrer Jugend zu erinnern. Durch das Programm „Wir feiern zusammen mit den Großeltern“ versuchen die Freiwilligen gemeinsam einen feierlichen Moment mit Lächeln, Umarmungen und heiteres „Alles Gute...“-Singen zu schaffen, der in Zukunft eine schöne Erinnerung sein wird, die die Großeltern in gute Laune versetzt und ihnen hilft, sich geschätzt zu fühlen.

Ein anderes Programm namens „Kleiden Sie das Dorf“ richtet sich insbeson-dere an benachteiligte Kinder und Familien in ländlichen Gemeinden, die Kleidung brauchen.

Für sie werden Kleidung und Schuhe gesammelt, sortiert, desinfiziert und anschließend verteilt. Wem manche gepflegten Kleidungsstücke langweilig wurden oder nicht mehr passen, der kann sie als Spende zur Kirche St. Demetrius-an-der-Post während des Gottesdienstprogramms mitbringen.

Das Programm „Warme Milch auf der Straße“ ist insbesondere Obdachlosen, aber auch einfachen Passanten gewidmet, an die die Volontäre des Vereins an frostigen Wintertagen mit sehr niedrigen Temperaturen Behälter mit heißer Milch verteilen.

Im Falle der Hitzewellen wurde das Programm „Lebendiges Wasser“ ins Leben gerufen, im Rahmen dessen an heißen Sommerwochenenden in bestimmten Orten in Bukarest Wasserflaschen an Passanten verteilt werden.

Das Programm „Hungrige sättigen“ richtet sich an einzelnen Personen und Familien, für die die tägliche Versorgung mit Lebensmitteln eine schwere Aufgabe ist. Die Kirche St. Demetrius-an-der-Post und der Hilfsverein Thaddäus bemühen sich, diese Kategorie von Menschen, dessen Nettoeinkommen niedriger als 500 Lei im Monat ist, ständig mit nicht verderblichen Lebensmitteln zu unterstützen und ihnen samstags eine warme Mahlzeit anzubieten. Für das Kochen ist Valeriu Brahă, ein sehr aktiver Volontär des Vereins und Mitglied in der Gemeindevertretung der Kirche, zuständig.

Neben den erwähnten Programmen veranstaltet der Hilfsverein Thaddäus in Zusammenarbeit mit dem Stadtpfarrer Mihai Gojgar, der in der Kirche St. Demetrius-an-der-Post dient und die Tätigkeit des Hilfsvereins stets unterstützt, traditionelle Messen, Messen anlässlich des rumänischen Märzchenfestes, an Palmsonntag, am Kindertag usw. Bei solchen Events werden die schönsten, während des Kunstunterrichts für Kinder oder während den kreativen Werkstätten für Freiwilligen entstandenen Bilder und Kunstwerke im Kirchhof ausgestellt und versteigert. Das kulturelle Leben der Gemeinde umfasst auch noch Buchvorstellungen, Wohltätigkeitskonzerte des Dimitrios-Chores, und des Kinderchores des Nationalkollegs „Mihai Eminescu“. Alle eingesammelten Spenden werden für die humanitären Aktionen des Vereins verwendet.

Dies und viel mehr über das Gemeinschaftsleben, katechetische Fragen, Interviews mit Fachleuten aus der Gemeinde aber auch über die Tätigkeit des Hilfsvereins Thaddäus kann man im Gemeindeblatt „Dimitrios“, das zweimal im Monat erscheint, lesen. Die Druckausgabe der Zeitschrift ist in der Kirche und die elektronische Ausgabe im PDF-Format ist auf der Facebook-Seite der Kirche unter www.facebook.com/RevistaDimitrios verfügbar.

Somit erweist sich die Gemeinschaft, die in einer kleinen, im Gemeindeleben engagierten Kirche der Bukarester Altstadt entstanden ist, als ehrenamtlich aktiv, sehr effizient im Dienst der bedürftigen Mitmenschen und stellt ein Vorbild der Nächstenliebe für uns alle dar.

Interessenten, die den Hilfsverein Thaddäus sponsern, für seine Programme Geld, Nahrungsmittel, Kleidung oder Schulsachen spenden, oder durch persönliches Engagement wirken möchten, können weitere Informationen auf der Facebook-Seite www.facebook.com/asociatiatadeu , unter www.asociatiatadeu.com finden oder sich bei office@asociatiatadeu.com melden.