Zweifel an der „Heiligen Pflicht“

Mister Donald Unberechenbar scheint lernfähig zu sein: wie sonst könnte man es sich erklären, dass er im Laufe seiner total verhauten Amtszeit zumindest eins nicht verpasst hat: Schlüsselämter mit seinen Leuten zu besetzen. Und von wem hat er das offensichtlich gelernt? Von uns, den Neodemokraten Osteuropas, die von den Kommunisten lernten.

So wie bei uns die Hauptsorge jeder neuen Regierung das Besetzen von Schlüsselämtern ist (hier sind das in der Regel Schlüsselämter wie rieseneutrige Geldspender, zum Melken durch ausgesuchte Mitglieder der Regierungspartei), so macht‘s auch Donald Unberechenbar: Er besetzt Ämter, die ihm die Möglichkeit zur Wiederwahl verbessern. Mit ihm Ergebenen. Auch bei dem United States Postal Service (USPS), der Post der „Verschweinigten Staaten von Amerika“ (Lenau).

Denn der Chef dieser Behörde (rund eine halbe Million Beschäftigte), Louis DeJoy, wurde von Donald Unberechenbar als 64-Jähriger zum 75. United States Postmaster General ernannt, einfach weil er zum engen Vertrautenkreis des US-Präsidenten gehört, der vor einer Explosion von Briefwählern am 3. November zittert, die sein politisches Schicksal entscheiden kann.

Und der brave Präsidialdiener Louis DeJoy machte sich hemdsärmelig an die Arbeit, die USPS bis zum Wahltermin derart zu schwächen, dass sich das wiederholt öffentlich bekundete Misstrauen seines Herrn und Gönners in die Post der Staaten wennschon nicht bestätigt – dagegen gibt es zu viele autorisierte Expertenmeinungen, die dezidiert Entwarnung geben und der Post ihr Vertrauen aussprechen – so doch zumindest kräftig nährt, indem viele kleine Begebenheiten das Vertrauen in die Post erschüttern sollen. Der Prozess läuft übrigens auf Hochtouren, indem trumpschleckende Medien Minimalbeispiele den Kommunikations-Konsumenten einhämmern (groß breitgetretene Fälle nicht oder verspätet zugestellter Briefe, z. B.), die Zweifel (und implizite Verschwörungstheorien à la Trump) wecken. Und nähren.

Die US-Senatoren haben Postchef DeJoy zu einer Anhörung vorgeladen, um den Wahrheitsgehalt von Trumps Verschwörungstheorien zu prüfen, aber auch, um Hintergründe über die Ernennung dessen zu erfahren, der die Briefwahl im November transparent managen soll. DeJoy, ein Unternehmer mit mittelmäßiger Ausbildung, tat sich beim Spenden und Spendensammeln für Trumps Wahlkampagne hervor. Auf der Chefetage der USPS begann der große Kehraus. Doch Versagensbefürchtungen der US-Post bei der Briefwahl nannte er „ungeheuerlich“, verneinte, mit Trump über die Briefwahl gesprochen zu haben (die Post tue ihre „heilige Pflicht“) und bestritt vehement, den USPS gezielt vor der Briefwahl zu schwächen. Die Briefwahlpost werde „sicher und pünktlich ausgeliefert“.

Der Detailteufel sitzt eher in der unterschiedlichen Handhabung der Briefwahl in den US-Bundesstaaten.