Eine Stadt wie ein lebendiges Geschichtsbuch

Faszination Nessebar – Weltkulturerbe an der bulgarischen Schwarzmeerküste

Kopfsteingepflasterte Gassen schlängeln sich durch die Altstadt. | Foto: Damian Kamp / www.unsplash.com

Die Statue der Fischer | Foto: Mikhail luxkstn / www.unsplash.com

Die Pantokratorkirche in der Altstadt | Foto: Creative Commons Wikipedia

Bulgarien gehört zu den beliebtesten Urlaubszielen am Schwarzen Meer. Der Gold- und der Sonnenstrand sind die beiden bevorzugten Urlaubsziele, welche vor allem Sonnenanbeter anziehen. Die Strände eignen sich hervorragend für einen Badeurlaub. Direkt am acht Kilometer langen Sonnenstrand befindet sich, teils auf einer Halbinsel liegend, die Stadt Nessebar. Seit 1983 gehört die Altstadt von Nessebar mit ihrem kulturellenReichtum zum UNESCO-Welterbe. Neben ungetrübten Badefreuden bietet der Ort vor allem zahlreiche kulturelle Highlights und ist daher immer einen Tagesausflug wert.

Nessebar besteht quasi aus zwei Stadtteilen, die nicht unterschiedlicher sein könnten. Die sogenannte „Neustadt“, die auf dem bulgarischen Festland liegt, beherbergt die meisten Hotels. Sie ist modern und verfügt über die Verwaltungsgebäude der Stadt. Über eine mehrere hundert Meter lange Landzunge gelangt man in die Altstadt. Überquert man die Landenge, so begibt man sich auf eine Zeitreise. Wer sich mit aufmerksamen Augen der Altstadt von Nessebar widmet, dem eröffnet sich unmittelbar, dass der historische Stadtteil auf der Halbinsel von vielen Kulturen geprägt wurde. 

Geschichtsträchtige Altstadt 

Der Anfang der Stadt Nessebar ist auf die Thraker zurückzuführen. Später wurde sie auch von Griechen besiedelt. Im dritten und vierten Jahrhundert erblühte die Stadt am Schwarzen Meer mit einer starken Festung, einer eigenen Flotte und vielen Theatern und Tempeln. Im 14. Jahrhundert wurde Nessebar von den Osmanen er-obert. Die Bedeutung der von den osmanischen Türken besetzten Stadt nahm nach dem Fall Konstantinopels jedoch wieder ab. Erst Ende des 19. Jahrhunderts endete die türkische Herrschaft in Nessebar und die geschichtsträchtige Stadt gehörte wieder zu Bulgarien. 

Heute steht sie vor allem für ihre Fischerei und den Weinanbau. Seit dem letzten Jahrhundert ist auch der Tourismus für Nessebar eine wichtige Einnahmequelle geworden. Das Spazieren durch die engen, kopfsteingepflasterten Gassen bietet ein besonderes Ambiente. Innerhalb der Gebäude, die sich in diesen Gassen aneinanderreihen, verstecken sich Geschäfte für Souvenirs, Restaurants oder auch Unterkunftsmöglichkeiten. Mit etwas Glück kommt man in den Genuss, einem Handwerker bei der Ausübung seines oft jahrhundertealten Berufs in seiner Werkstätte über die Schulter zu schauen. Es gibt kaum eine Ecke, an der man kein historisches Gebäude, keine Ruine oder Ausgrabungsstätte erblicken kann. Wo man auch hinsieht, ist man von Geschichte umgeben. Die Altstadt bietet eine hervorragende Möglichkeit, alle Sehenswürdigkeiten  zu Fuß zu erkunden. Sie wirkt wie ein lebendiges Geschichtsbuch, in das man eintaucht.

Alte Windmühle und Statue der Fischer 

Eines der größten Wahrzeichen der Stadt ist die Landenge, die in die Altstadt führt. Das liegt vor allem an einer wunderbaren alten Windmühle, welche die Besucher als Postkartenmotiv schon aus der Ferne in Richtung Altstadt begrüßt. Während sie früher die starken Meereswinde nutzte, ist sie heute nur noch ein besonders betrachtenswertes Gebäude. Die aus Holz gefertigte Mühle wurde auf einem Steinfundament errichtet und besteht aus drei Etagen. Gelegentlich ist die historische Windmühle auch für Besucher geöffnet. Falls nicht, ergibt sie ein malerisches Fotomotiv mit der Altstadt im Hintergrund. Auf der anderen Seite der Landzunge findet man die Statue der Fischer. Sie wurde erst 2006 errichtet und ehrt diejenigen, die seit jeher aufs offene Meer ziehen, um mit Unmengen an Fischen und Meeresfrüchten wiederzukommen. Die Statue steht als Symbol für die Tradition der Fischerei hier am Schwarzen Meer.

Historische Festung und Holzhäuser 

Beim Überqueren der Landenge fällt einem die Festung der Stadt sofort ins Auge. Hier führt die Straße durch das alte Haupttor von Nessebar. Vom historischen Festungswall hat zwar nicht viel überlebt, doch am Eingang zur Altstadt kann man einen Teil noch gut erkennen. Hat man den Weg in die Altstadt gefunden, so findet man sich in bezaubernden, engen Gassen wieder, die einen in eine längst vergessen geglaubte Welt katapultieren. Eines der Highlights sind die alten Holzhäuser im Stil der Bulgarischen Wiedergeburt. Die meisten von ihnen sind gut erhalten und auch bewohnt. Viele fungieren auch als Ferienhäuser oder Pensionen.

Kirchenvielfalt zeugt von langer Kultur

Beim Flanieren durch die pittoreske Altstadt entdeckt man zahlreiche Kirchen oder das, was über die Jahrtausende noch von ihnen übrig geblieben ist. Insgesamt findet man in Nessebar sogar über 40 Kirchen und Kirchenruinen. Es wird teils behauptet, dass Nessebar der Ort mit den meisten Kirchen pro Einwohner sei. Von vielen sind nur noch Steinfundamente oder Teilmauern erhalten. Der wunderbar nostalgische Charme längst vergangener Zeiten ist daher umso mehr zu spüren. 

Eines der weiteren Wahrzeichen der Altstadt liegt im kleinen Park. Durch das Stadttor auf der Hauptstraße geradeaus gelangt man zum Hauptplatz mit der Pantokratorkirche. Ihre Geschichte reicht in das 13. bis 14. Jahrhundert zurück. Seit 1972 ist sie fast vollständig wiederhergestellt. Die typisch byzantische Kirche zählt mit ihrem Streifenmuster aus roten Ziegeln und Keramikrosetten zu Bulgariens wichtigsten Vertretern mittelalterlicher Kirchenbaukunst. 

Die zweitälteste Kirche der Stadt und eine der ältesten Kirchen in ganz Bulgarien stammt aus dem 5. Jahrhundert und ist an der Nordküste der Halbinsel zu finden. Von ihr ist nur noch das Fundament erhalten geblieben. Die einstige Hauptkirche des Kloster Eleusa trägt auch den Namen „Basilika am Meer“ und war früher dreischiffig. Im späten Mittelalter versank sie vermutlich infolge eines Erdbebens im Meer und wurde erst im Jahre 1920 wieder freigelegt.

Ebenfalls aus dem 5. Jahrhundert stammt die alte Metropoliskirche der Heiligen Sophia. Das Fundament und die zum Teil erhaltenen Mauern befinden sich im östlichen Teil Nessebars. Ihre Ruinen aus Bruchstein und roten Ziegeln waren früher mit Mosaiken und Wandmalereien ausgeschmückt. 

Die Kirche „Heiliger Johannes der Täufer“ nördlich des Zentrums stammt aus dem 10. Jahrhundert und ist noch gut erhalten. Im Innern findet man ein archäologisches Museum, das definitiv einen Besuch wert ist. 

Die Kirche „Dormitio Theotokos“ gehört zu den modernsten in Nessebar. Sie wurde 1873 gebaut und wird heute noch genutzt.

Auf den Spuren antiken Lebens

Neben den Kirchen findet man auch noch Spuren des antiken Lebens in wieder aufgebauten oder restaurierten Gebäuden, die die reichhaltige Geschichte Nessebars erzählen. Das Amphitheater, das vor etwa 60 Jahren wieder aufgebaut wurde, liegt in der Nähe des Piers. Ein Besuch ist im Sommer besonders lohnenswert, wenn diverse Veranstaltungen im schönen Ambiente des antiken Theaters stattfinden. Unweit der Kirche zu Ehren des Heiligen Johannes dem Täufer führt die byzantische Therme den Besucher zurück in die Geschichte. Sie wurde zu Beginn des 6. Jahrhunderts gebaut. Damals herrschte Kaiser Justinian I. der Große.

Museumsstadt Nessebar

Wer sich neben den historischen Gebäuden und Orten in der Stadt noch tiefer mit der Geschichte und der Kultur von Nessebar beschäftigen möchte, wird ebenfalls fündig. Die Stadt verfügt über mehrere Museen. Der Besuch der Museen lohnt sich nicht nur bei Regenwetter. Das archäologische sowie das ethnographische Museum zählen zu den wichtigsten Museen von Nessebar. Ersteres liegt direkt neben dem Stadttor. Der langen und reichhaltigen Geschichte Nessebars verdankt die Ausstellung zahlreiche Exponate und Funde aus den hoch entwickelten Zivilisationen der antiken Stadt Mesambria sowie eine Ikonensammlung, die zu den bedeutendsten christlichen Kunstsammlungen Bulgariens zählt. 

Das ethnografische Museum ist ebenfalls ein besonders interessantes Gebäude. Das Museum befindet sich im einzigen Bauwerk aus der Zeit der Bulgarischen Wiedergeburt, welches von innen besichtigt werden kann. Die Ausstellung präsentiert Exponate aus der Kultur, dem Leben sowie dem Handwerk in und um Nessebar. 

Die zahlreich vorhandenen Kirchen funktionieren nicht mehr wirklich als solche, sondern vielmehr als kleine Museen. In den Kirchen kann man meist Wandmalereien, Ikonen sowie weitere religiöse Artefakte besichtigen.

Der Hafen – mehr als schöne Aussicht

Einige Stufen führen von der Kirche des Heiligen Johannes Aliturgetos hinunter zum Hafen von Nessebar. Außerhalb der Saison liegen hier kleine Jachten und Fischerboote. Im Sommer laufen in die malerische Bucht auch große Kreuzfahrtschiffe ein. Eine Stärkung nach einer ausgiebigen Besichtigungstour durch die Altstadt ist unmittelbar im Hafen möglich. Hier haben sich etliche Restaurants angesiedelt, die neben guter Küche auch einen hervorragenden Blick auf das Schwarze Meer und das Festland bieten.