Reise in die Kupferzeit

Südtiroler Archeologiemuseum widmet sich dem Mann aus dem Eis

L’Uomo venuto dal ghiaccio - Der Mann aus dem Eis – Rekonstruktion

Das Museum zählt zu den Hauptattraktionen in Bozen.

Interaktiver Tisch im Südtiroler Archäologiemuseum
Fotos: Südtiroler Archeologiemuseum

Italien hat viele Sehenswürdigkeiten zu bieten – wunderbare Berge, malerische Küsten, imponierende Architektur und vieles Andere. Südtirol, eines der wohlhabendsten Gebiete des Landes und die nördlichste Provinz Italiens liegt mitten in den Alpen. Die Landeshauptstadt ist Bozen, eine märchenhafte, bikulturelle Stadt im Alpenraum. Gelangt man in diese Stadt, dann muss man - abgesehen von den zahlreichen Burgen, Schlössern, Seilbahnen oder Promenaden – auch das vielleicht wichtigste Museum der Stadt besuchen: das Ötzi-Museum.

L’Uomo venuto dal ghiaccio – Der Mann aus dem Eis

Es waren Erika und Helmut Simon aus Nürnberg, ein deutsches Ehepaar, die 1991 einen Toten während ihrer Wanderung im Hochgebirge der Ötztaler Alpen gefunden haben. Bald stellte sich heraus: Seit der Kupferzeit lag der Mann im Eis an der Grenze zwischen Österreich und Italien. Er ist in den Bergen vor ungefähr 5000 Jahren umgebracht worden. Die Forscher haben festgestellt, er lebte irgendwann zwischen 3350 und 3100 v. Chr und der archäologische Fund – die auf 3210 Metern Höhe liegende Leiche - stieß auf großes Medieninteresse. Er wurde zu einer der bekanntesten Mumien der Welt, für den toten Mann wurde eine vier Meter hohe Steinpyramide in den Bergen errichtet. Der Name „Ötzi“ wurde zum ersten Mal von einem österreichischen Journalisten geprägt, offiziell bezeichnet wurde die Gletschermumie „L’Uomo venuto dal ghiac-cio“(„Der Mann aus dem Eis“).

Im Moment, in dem man das Museum betritt, taucht man in die archaische Welt von Ötzi ein, bei jedem Schritt in den vier Etagen werden ausführliche Erklärungen gegeben, was das Leben der geheimnisvollen Figur anbelangt. Die Reise durch die Vergangenheit ist äußerst spannend: Im ersten Stock des Museums werden Ötzi, seine Bekleidung und Ausrüstung ausgestellt. In der zweiten Etage wurden Elemente aus Ötzis Lebensraum rekonstruiert: Es gibt mehrere Theorien über seine Identität und Lebensweise, über den Grund für seine Anwesenheit in den Bergen und für seinen Tod. Im dritten Stock wird eine Sonderaustellung zum Thema Kupfer gezeigt, „Heavy Metal. Wie Kupfer die Welt veränderte“, die bis Anfang 2018 besichtigt werden kann.

Hunderte Forscher haben alles im Einzelnen untersucht: Entdeckt wurden Leder- und Fellreste, Gräser, Schnüre sowie Hautteile, Muskelfasern, Haare und ein Fingernagel. All das hat der Gletscher über Jahrtausende perfekt konserviert. Diese sind wesentlich für die Forscher, die seit Jahrzehnten versuchen, das Leben und den Tod des mysteriösen Ötzi zu rekonstruieren. Seine Kleidung, seine Waffen und Arzneien erzählen von Ötzis Leben und ermöglichen, dass wir einen Blick in den Alltag der Menschen vor Jahrtausenden werfen können. Die Resultate der Anstrengungen der Forscher sind im Museum der Südtiroler Stadt Bozen dargestellt. Ein ganzes Museum wird dem Mann aus Eis gewidmet, der weiterhin tief gefroren in einer speziellen Kühlzelle liegt. Die Mumie befindet sich in einem abgedunkelten Raum und kann durch ein kleines Fenster betrachtet werden. Die Gestalter wollten dadurch eine Art „Intimsphäre“ für Ötzi bewahren.

Ein paar Fakten über den Mann aus dem Eis

Es ist erstaunlich, dass der Körper des „L’Uomo venuto dal ghiaccio“ fünftausend Jahre lang nicht verweste. In seinen Zellen wurde Feuchtigkeit gespeichert, deshalb war das Körpergewebe der natürlichen Mumie immer noch elastisch. Das hat wissenschaftliche Untersuchungen ermöglicht: Forscher haben herausgefunden, dass Ötzi ein schlanker, 45-jähriger Erwachsener war, 1,60 Meter groß, der 50 Kilogramm wog. Seine Haare waren dunkel und gewellt, er hatte braune Augen, einen Bart und 61 Tätowierungen. Seine Blutgefäße waren verkalkt, die Zähne abgenutzt, er litt unter Karies. Er hatte Spuren von Verletzungen, einen Nasenbeinbruch und Erfrierungen an den Zehen. Experten konnten sogar die letzte Mahlzeit des Mannes erfahren: Er hat einen Brei aus Einkorn, Fleisch und Gemüse gegessen. Einen wichtigen Einblick in das Alltagsleben aus der Kupferzeit bieten alle Objekte, die neben Ötzi gefunden wurden. Sein Mantel so wie die zwei getrennten Beinröhren bestehen aus Fellteilen von Hausziegen . Seine Mütze, die in der Nähe gefunden wurde, wurde aus Bärenfell angefertigt. Wie die Beinkleider, so sind auch Ötzis Schuhe die ältesten ihrer Art weltweit. Die Forscher konnten herausfinden, dass seine Kleidung intensiv benutzt und mehrmals repariert wurde.

Wer war der Mann aus dem Eis?

Spezialisten denken, dass Ötzi einer der ältesten in seiner Gemeinschaft war. Angenommen wird, dass der Mann aus dem Eis eine angesehene Position in der Dorfgemeinschaft inne hatte. Als Beweis dafür gilt das Kupferbeil, das als Statussymbol galt. Dafür gibt es mehrere Varianten: Ötzi könnte Herdenbesitzer, Anführer oder Dorfvorsteher gewesen sein. Spezialisten ziehen auch weitere Beschäftigungen wie Schamane, Erzsucher, Jäger, Händler oder Wanderhirte in Betracht. Was seinen Tod anbelangt, wurde auf Röntgenbildern ein Fremdkörper im linken Schulterbereich bemerkt - eine Pfeilspitze. Entdeckt wurden auch ein Schädel-Hirn-Trauma und eine Fraktur des Schädelknochens. Es kann wohl sein, dass der Mann vor seinem Tod angegriffen wurde.

Ein Blick in die Forschung

Der Mann aus dem Eis bietet ein einzigartiges Fenster in die Vergangenheit. Nie wurde eine derart alte und gut konservierte Mumie aus der Jungsteinzeit gefunden. Seit seiner Entdeckung 1991 liefert Ötzi für viele Forschungsdisziplinen auf der ganzen Welt neue Informationen aus der Vorgeschichte. Ausgehend von Ötzi kann die Entstehung von Krankheiten von heute erforscht werden, konnten neue Instrumentarien in der Diagnostik entwickelt werden, können Aussagen über Klimaentwicklungen getroffen werden.


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Chronologie  der Ötzi-Forschung

2001- Ötzi wurde ermordet: in seiner Schulter steckt eine Pfeilspitze.
2003- Ötzis letzte Mahlzeit wurde analysiert.
2003- Ötzi stammt aus dem Gebiet des heutigen Südtirol.
2003- Ötzi war vor seinem Tod in eine Kampfhandlung verwickelt.
2006- Ötzi war athletisch gebaut und eher ein Wanderer als ein Handwerker.
2007- Ötzi starb definitiv durch Verbluten.
2007- Die letzten 33 Stunden im Leben von Ötzi, analysiert anhand der Pollen in seinem Darm
2009- Ötzi starb im Frühsommer.
2011- Ötzis DNA wird identifiziert. Ötzi hatte Karies. Ötzi war an saisonaler Transhumanz beteiligt.
2012- Ötzi war laktoseintolerant, hatte braune Augen,  Blutgruppe 0. Die Blutzellen des Mannes aus dem Eis sind die ältesten der Welt.
2013- Nachweis eines Hämatoms in Ötzis Gehirn
2015- Ötzi trug 61 Tätowierungen, die die ältesten (bekannten) der Welt sind.


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Bücher und Filme zum Mann aus dem Eis

„Ötzi 2.0. Eine Mumie zwischen Wissenschaft, Kult und  Mythos“ (2011). Angelika Fleckinger (Hg.) ISBN 978-3-85256-571-2, 24,90

Dokumentarfilm „Ötzi, der Mann aus dem Eis. 5300 Jahre - eine Reise durch die Zeit“, Regie: Klaus Romen.

„ICEMAN Photoscan“, Marco Samadelli. Herausgeber: EURAC Research Institute for Mummies and the Iceman, Bozen 2009. 3D-Bilder, 3D-Brille beiliegend. ISBN 978-3-89937-098-0

„Thema Ötzi. Didaktische Materialien zum Mann aus dem Eis“ Gudrun Sulzenbacher (Hg.) 1999.
ISBN 3-85256-128-0


Weitere Informationen unter http://www.iceman.it/