Von der Hohen Rinne ins Zoodttal

Ein waldiger Winterausflug rund um Hermannstadt

Unasphaltierte Straße auf dem Weg ins Zoodttal | Fotos: Winfried Ziegler

Blick vom Zibinsgebirge auf den Fogarascher Kamm

Verlassen und malerisch: das Forsthaus Muncel

Den romantischen Waldweg säumen bemooste alte Leitplanken aus Beton.

Das Wasserkraftwerk bei Zoodt: Die historische Steuerung des Durchflusses ist noch immer in Betrieb.

Die Gegend rund um Hermannstadt/Sibiu hält viele Möglichkeiten bereit, ins Grüne zu fahren und die Natur in vollen Zügen zu genießen. Unter den derzeitigen Pandemiebedingen bietet sich eine Spritztour mit dem Auto in die nähere Umgebung an. Der Hermannstädter Kreisrat möchte, wie im Oktober 2021 bekannt wurde, die Straße Hohe Rinne-Sădurel, die durch das Zibinsgebirge führt, erneuern und asphaltieren, um so eine neue Verbindung zur Hohen Rinne/Păltiniș zu schaffen. Grund genug, sich auf den Weg zu machen, um diese Straße in den Bergen rund um Hermannstadt zu entdecken, dabei auf den Spuren der alten Waldstraße zu wandern, um hie und da Neues und Altes auf diesem Weg aufzustöbern und zu dokumentieren, Gegenwart und Vergangenheit zu vergleichen.

Der Anlass für die Erneuerung der Straße ist die Schaffung einer Alternative zur bisherigen Hauptverbindung zur Hohen Rinne, der Kreisstraße 106A, die im Sommer durch ein hohes Verkehraufkommen belastet ist. Die Strecke, um die es sich handelt, enthält ein etwa 29 Kilometer langes Teilstück, das nicht asphaltiert und in nicht sehr gutem Zustand ist. Es reicht von der Hohen Rinne bis zum Elektrizitätswerk Zoodt/Sadu V. Der Kreisrat erhofft sich von der Erneuerung einen Rückgang der Unfälle, mehr Komfort für die Reisenden und eine Reduzierung der Umweltverschmutzung sowie eine Lärmminderung. Auch verspricht man sich durch den Ausbau eine bessere Verknüpfung der Infrastruktur in diesem Raum.

Insgesamt sollen durch das Projekt ganze 150 Kilometer Kreisstraße erneuert werden; die Gesamtstrecke startet auf der Hohen Rinne im Zibinsgebirge und führt durch das Zoodttal/Valea Sadului hinunter nach Talmesch/Tălmaciu, wechselt dann für einige Kilometer auf die Nationalstraße im Alttal/Valea Oltului, um sich dann ab Freck/Avrig weiter nördlich bis Rumänisch Neudorf/Nou Român fortzusetzen. Im Januar 2022 wurde der Vertrag für die Projektplanung unterzeichnet, die in zwölf Monaten vorliegen soll.

Die gesamte Tour dauert ungefähr vier Stunden und ist etwa 100 Kilometer lang. Was gibt es auf der ersten Teilstrecke zu sehen? Kommen Sie mit!

Cabana Muncel: Innehalten auf dem Weg 

Von Hermannstadt/Sibiu erreicht man über die DJ 106N, nachdem man hinter der Skipiste von der Hohen Rinne den Asphalt hinter sich gelassen hat, nach einer kurzen Wegstrecke das nicht durchgehend bewirtschaftete Forsthaus Muncel. Die sonnenbeschienene Lichtung an der Holzhütte lädt zum Verweilen ein – auch im Winter lässt sich hier bei Sonnenschein ein gemütliches Picknick genießen.

Von der Wiese, auf der das Forsthaus steht (Poiana Muncel), kann man verschiedene Wanderwege eingeschlagen: Zum Cindrel-Gipfel mit einer Höhe von 2245 Metern dauert es über die Poiana Găujoara und den Bătrâna-Sattel etwa drei Stunden.

In rund dreißig Minuten kann man zur Conradtwarte wandern, die als Aussichtspunkt im Jahre 1903 zur Erinnerung an den Begründer des Luftkurortes Hohe Rinne, Carl Conradt, angelegt worden ist. Steinsockel und Treppenaufgang sind noch gut erhalten, nur das Holzdach ist Wind und Wetter zum Opfer gefallen. Die Aussicht ist jedoch leider nicht mehr die gleiche wie damals, da die Tannen inzwischen sehr hoch gewachsen sind.

Zum Plateau der ehemaligen Hütte „Gâtul Berbecului“ gelangt man von der Poiana Muncel in etwa zweieinhalb Stunden. Für ambitionierte Wanderer bietet sich die Route nach Heltau/Cisnădie, die man in sechs Stunden bewältigt, an. 

Vielleicht wird die Gegend durch eine bessere Erschließung des Gebiets mit dem Ausbau der Straße auch für Wanderungen noch attraktiver.

Ausblick auf den Negovanu-See

Kurz hinter dem Forsthaus schlängelt sich die Straße nach unten in Richtung Zoodttal. Wir überqueren den Zoodt/Sadu und wenden uns nach links in Richtung Negovanu-See. In entgegengesetzter Richtung stellt die Straße die Verbindung zur Transalpina her. Dieses Teilstück soll jedoch nach aktueller Planung nicht ausgebaut werden.

Dreißig Kilometer entfernt von Hermannstadt/Sibiu lag im Zoodt-Tal die Hütte „Gâtul Berbecului“, früher ein beliebtes Ausflugsziel. Leider fiel sie im Jahre 2005 einem Brand zum Opfer. Danach hat man daneben eine neue moderne Pension errichtet, die jedoch nie den Betrieb aufgenommen hat.

Auf 1150 Meter liegt der Negovanu-See, der von der Hütte aus zu sehen ist, und zum Verschnaufen einlädt. Der im Jahre 1956 künstlich angelegte Stausee erstreckt sich über eine Fläche von 72 Hektar und wird zur Energiegewinnung des Elektrizitätswerks Sadu V genutzt.

Geschichte der Wasserkraft im Zoodttal

Im Zoodt-Tal hat die Hermannstädter Elektrizitätswerk Aktiengesellschaft (HEW) auf Initiative des Volkswirtschaftlers, Bankdirektors und Publizisten Dr. Carl Wolff im Jahre 1895 die Elektrizitätserzeugung aufgenommen. Das erste Werk, Zoodt I, ging bereits 1896 ans Netz und versorgte zunächst Hermannstadt und Heltau mit Strom. Das Werk wurde durch den Münchener Ingenieur Oskar von Miller geplant und realisiert, der auf der Internationalen Elektrotechnischen Ausstellung im Jahre 1891 die erste leistungsstarke Fernübertragung von Strom präsentierte. Hierbei war auch eine Delegation aus Hermannstadt anwesend. In gründerzeitlichem Enthusiasmus berichtete 1896 der „Neue Volkskalender“, herausgegeben von W. Krafft in Hermannstadt: „Mehr als 500 Arbeiter waren thätig, die von den hervorragendsten Technikern ausgedachten Pläne vollführen zu helfen, eine Seilbahn, durch Dampfkraft betrieben, beförderte das Baumaterial … ein schmalspuriger Schienenstrang führte es den verschiedenen Punkten des Kanals zu. Das Werk … steht bald fertig da, in sich bergend ein Stück der Zukunft Hermannstadts.“ Es handelt sich um das erste Wasserkraftwerk Rumäniens, von dessen Errichtung nach und nach die gesamte Infrastruktur der Region profitierte. Dadurch wurde 1904/05 ein weiteres Projekt Carl Wolffs möglich: die Einführung der elektrischen Straßenbahn in Hermannstadt.

In den alten Räumlichkeiten für Angestellte von Zoodt I ist heute das Museum „Sigmund Dachler“ (benannt nach dem langjährigen Leiter des Wasserkraftwerkes) untergebracht: Hier kann der Besucher alles rund um die Historie des Elektrizitätswerkes erfahren und in die Baugeschichte sowie in die verschiedenen Anwendungsbereiche von Elektrizität Ende des 19. Jahrhunderts eintauchen. Auch die ehemaligen Büros und Werkstätten sowie verschiedene Instrumente und Maschinen können besichtigt werden. Im Maschinenraum laufen auch heute noch die historischen, 1925/26 auf Dreiphasenstrom modernisierten Generatoren.

Späteren Planungen zufolge sollten insgesamt fünf Wasserkraftwerke entstehen, von denen jedoch nur drei gebaut wurden. Die Leistung von Zoodt I beträgt heute 1,7, jene von Zoodt II 1,5 und die von Zoodt V 15,4 Megawatt.

Zaghafte Anfänge des Tourismus

Das selbst eher enge Zoodtal ist Ausgangspunkt von Wanderwegen ins Lauterbachgebirge vom sogenannten Grünen Tisch aus über den Forstweg Juvârț auf den Prejbe-Gipfel (1744 Meter) oder auf der anderen Flussseite in den Rosengarten auf 1100 Meter Höhe, beides traditionell bei den Heltauern sehr beliebte Ausflugsziele.

In dem oberhalb von Zoodt gelegenen Gebirgsdorf Kalibaschen/Râu Sadului beginnt seit einigen Jahren eine zaghafte Entwicklung des Tourismus. Pensionen laden zum Verweilen ein und eine Forellenzucht mit Restaurant wirbt um Gäste.