Zu Besuch in der sagenumwobenen „goldenen Stadt“ Prag

Der Veitsdom im Prager Burgkomplex ist ein Blickfang.

In der Prager Innenstadt, um das Rathaus, ist ein Weihnachtsmarkt angesiedelt.

Der Schriftsteller Franz Kafka wohnte ein Jahr lang im „Goldenen Gässchen“.

Auf der Karlsbrücke: Wer die Sterne berührt, dem geht ein Wunsch in Erfüllung.
Fotos: Raluca Nelepcu

Wer einmal nach Prag reist, der wünscht sich ganz bestimmt, irgendwann mal dahin zurückzukehren. Denn die „goldene Stadt“, wie die tschechische Hauptstadt weitgehend genannt wird, hat ihren ganz besonderen Charme.

Nur einer wusste Jahre lang nicht, ob er Prag lieben oder hassen soll: der Schriftsteller Franz Kafka (1883-1924), deutsch sprechender Jude in einer Stadt, in der überwiegend tschechisch gesprochen wurde.

Von der „goldenen Stadt“ haben viele gehört. Was jedoch hinter dem pompösen Titel steckt, wissen nur die wenigsten. Es gibt mehrere Versionen. Eine davon besagt, dass bereits um 1200 mehr als 40 Kirchen im Stadtgebiet vergoldete Kirchturmspitzen besaßen. Vom Hradschin, dem Burgberg, soll dies den Eindruck erweckt haben, die ganze Stadt sei golden. Einer zweiten Sage zufolge sollten Alchimisten den geheimen Auftrag erhalten haben, künstliches Gold herzustellen.

Der Versuch misslang, deswegen nennt man Prag, verächtlich,  „die goldene Stadt“. Welche Variante die richtige ist, kann niemand heute so genau sagen. Fest steht jedoch, dass der Stadt im Laufe der Geschichte mehrere Titel zuteil wurden. In der zweiten Hälfte des zehnten Jahrhunderts bezeichnete der Kaufmann Ibrahim ibn Yaqub Prag als „die Stadt gebaut aus Stein und Kalk“ oder  das „steinerne Prag“. Andere Bezeichnungen waren „Prag, die Herrin von ganz Böhmen“ oder „Prag, die Mutter aller Städte“. Im Mittelalter wurde Prag als „das Haupt des Königreichs“ bezeichnet. Seit Beginn des 19. Jahrhunderts wird auch die Benennung „Stadt der hundert Türme“ verwendet.

Weihnachtsmarkt um das Altstädter Rathaus

Prag ist eine der ältesten Städte in Mitteleuropa. Sie blieb von den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg weitgehend verschont. Vor allem die vielfältige Architektur, das Nebeneinander von Alt und Neu, ist es, was die tschechische Hauptstadt so besonders macht. Das Zentrum Prags ist seit 1992 UNESCO-Weltkulturerbe.

Im Winter strömen Tausende von Touristen nach Prag, denn hier ist einer der schönsten Weihnachtsmärkte Europas angesiedelt. Auf dem Weihnachtsmarkt um das Altstädter Rathaus hört man im Dezember alle Sprachen der Welt. Hier kann man alles finden, was das Herz begehrt, vor allem, wenn es um Süßigkeiten geht: Mit Schokolade überzogene Früchte, Lebkuchen aller Sorten und Formen, Kuchen und Eis stehen zur Wahl. Der Duft nach Glühwein lockt die Durstigen an die Stände.

Das Altstädter Rathaus im Herzen von Prag ist eines der schönsten Prager Gebäude und wurde 1338 errichtet. 1364 baute man einen fast 70 Meter hohen Turm auf ein Privathaus, von dem es eine herrliche Aussicht auf die Stadt gibt. 1440 wurde die astronomische Uhr (Orloj) aufmontiert, während in den Jahren 1838 – 1848 der nördliche Flügel im neugotischen Stil umgebaut wurde. Dieser Teil blieb jedoch nicht erhalten. Während des Prager Aufstandes 1945 wurde er abgerissen und danach im gotischen und im Renaissancestil wieder hergestellt.

Die astronomische Uhr, auch Aposteluhr benannt, ist ein wertvolles Kulturdenkmal und seit mehr als 600 Jahren in Betrieb. In den beiden Fensterchen oberhalb des astronomischen Ziffernblattes befinden sich die zwölf Apostel. Jeden Tag zwischen 9 und 21 Uhr, zu jeder vollen Stunde, erscheinen in den beiden Fenstern die Figuren der zwölf Jesusjünger. Dann wenden sich alle Blicke der Aposteluhr zu, denn das Ereignis ist einzigartig.

Prager Burg als Hauptattraktion

Ganz Tschechien trauert dieser Tage um den Ex-Präsidenten Václav Havel, der am Sonntag im Alter von 75 Jahren gestorben ist. Tausende Lichter brennen immer noch am Denkmal der Samtenen Revolution in Prag. Der Sarg mit den sterblichen Überresten wurde am Mittwoch im Vladislav-Saal der Prager Burg, dem Symbol der tschechischen Hauptstadt, aufgebahrt.
Beginnend mit dem zehnten Jahrhundert diente die Prager Burg (Pražský hrad)  als Sitz für die tschechischen Prinzen und später auch Könige, sowie als Amtssitz des Prager Bischofs.

Die Burg wurde um das Jahr 880  vom Prinzen Borivoj aus dem Geschlecht der Premysliden errichtet. Das erste steinerne Gebäude innerhalb des Burggebietes war die Kirche der Jungfrau Maria, von der heute jedoch nur noch die Überreste zu sehen sind. Im zehnten Jahrhundert wurde die St.Georgs-Basilika gebaut und das erste tschechische Kloster wurde dort gegründet – das St.Georgs-Kloster. Die St. Veit Rotunda, ebenfalls aus dem zehnten Jahrhundert, wurde im elften Jahrhundert durch die St. Veit Basilika ersetzt. Heute steht hier der St. Veitsdom.

Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die Prager Burg zum Sitz des Präsidenten der Tschechoslowakischen Republik. Heute hat hier der tschechische Präsident Václav Klaus seinen Sitz. Die Burg selbst ist wie eine kleine Stadt. Nicht von ungefähr ist sie gleichzeitig auch die meistbesuchte Touristenattraktion in Prag. Mehr als 1,4 Millionen Besucher zählt die Burg jedes Jahr.

Vier Personen läuten die 17-Tonnen-Glocke

Der Prager Burgkomplex erstreckt sich auf einem Hügel über das linke Ufer des Flusses Vltava, der durch die Altstadt fließt. Der Stadtteil um die Burg herum wird Hradcany genannt. Es ist keine „klassische“ Burg, da die einzelnen Teile in verschiedenen Stilen gebaut wurden und die Burg sich eher horizontal als vertikal ausbreitet.

Im Inneren befinden sich zahlreiche Sehenswürdigkeiten. Wer die Prager Burg besichtigt, kann zwischen einer kleinen und einer großen Besichtigungsrunde wählen. Die große Runde kostet 350 Kronen, für die kleine Runde müssen Touristen 250 Kronen bezahlen. Ermäßigungen erhalten Kinder bis 16, Studenten bis 27, Rentner und Familien.Inmitten des Burgkomplexes befindet sich der Veitsdom, eine gotische Struktur aus dem 14. Jahrhundert, die mit faszinierenden Wasserspeiern verziert ist.

Es lohnt sich, in den Glockenturm zu steigen, den höchsten Punkt innerhalb der Burg. Von hier aus hat man eine wunderschöne Aussicht auf die ganze Anlage, sowie auf die Prager Altstadt mit der Karlsbrücke, einem weiteren Symbol der „goldenen Stadt“. Das Geläut des Veitsdoms umfasst 33 Glocken.

Die größte ist die 17 Tonnen wiegende Sigismundglocke, gleichzeitig auch die größte Glocke Tschechiens. Mit ihren 3,03 Metern Höhe und 2,56 Metern Durchmesser zählt sie zu den größten Kirchenglocken der Welt. Bis heute wird sie durch vier Personen von Hand geläutet. Weitere Sehenswürdigkeiten in der Prager Burg sind: die „Goldene Gasse“ - eine Reihe kleiner bunter Läden, die ursprünglich den Palastwächtern als Häuser dienten –, der Thronsaal der Könige von Böhmen – eine große Halle, die aussieht, als habe sie sich in den vergangenen 500 Jahren nicht verändert -, die herausragende St. Georgs Basilika und das tschechische Kunstmuseum.

Das „Goldene Gässchen“ (Zlatá ulicka) ist eine von Sagen umwobene Straße an der Innenmauer der Prager Burg. Berühmt wurde sie vor allem, weil hier dem Mythos nach Alchimisten gewirkt haben sollen, um für Kaiser Rudolf II. künstliches Gold und den Stein der Weisen zu erzeugen. Elf Häuser erstrecken sich entlang der „Goldenen Gasse“, darin wohnten im 16. Jahrhundert die Burgwachen des Königs und später Goldschmiede.

Anfang des 20. Jahrhunderts, siedelte sich hier der Schriftsteller Franz Kafka an. Ein Jahr lang hat er hier gelebt und im Haus Nr. 22 an seinen Werken gearbeitet. Franz Kafka hat Prag, das „Mütterchen mit Krallen“, gehasst, gefürchtet und geliebt. Heute befinden sich in den Häusern Souvenirläden und Cafés.

Eine der ältesten Steinbrücken Europas

Jenseits der „Goldenen Gasse“ liegt der Daliborka Turm, der nach einem Adligen benannt wurde, der hier unter dem Verdacht inhaftiert war, an der Bauernrevolte beteiligt gewesen zu sein. Im Pulverturm (Mihulka) haben Alchimisten einst am Geheimnis geforscht, Metalle in künstliches Gold umzuwandeln. Der Wechsel der Palastwache ist unterhaltsam und findet zu jeder vollen Stunde am Haupttor der Prager Burg statt.

Es ist eine etwas kleinere Version des Wachwechsels im Londoner Buckingham Palace, doch nicht weniger interessant. Witzig ist dabei, dass die Prager Wachen nicht so genau auf die Uhr schauen. So kann es passieren, dass der Wachwechsel manchmal 5, 10, ja sogar 15 Minuten später stattfindet.Nicht weit von der Burg entfernt befindet sich die berühmte Karlsbrücke (Karluv most), eine der ältesten Steinbrücken Europas. Als Vorbild für die Prager Brücke über die Moldau galt die Steinerne Brücke von Regensburg. Heute ist die Karlsbrücke ausschließlich eine Fußgängerbrücke. Ihr entlang erheben sich zahlreiche Heiligenfiguren, die von den Touristen bestaunt und berührt werden.

Die berühmteste von ihnen ist die des Heiligen Jan Nepomuk, den Wenzel IV. im Jahr 1393 foltern und dann in den Fluss werfen ließ. Der Grund: Nepomuk war Beichtvater von Königin Sofie und wollte auch auf höchsten Druck des Königs das Beichtgeheimnis nicht brechen. An der Stelle seines Brückensturzes befindet sich im steinernen Geländer ein Metallkreuz. Legt man seine Hand so darauf, dass jeder Finger einen der Sterne berührt, soll ein geheimer Wunsch in Erfüllung gehen, heißt es in Prag. Touristen stehen oft Schlange, um das Kreuz berühren zu können und sich in Gedanken etwas Schönes zu wünschen.