Hirten verbrennen Schafwolle

Keiner kauft mehr die Wolle der rumänischen Schafe auf

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Reschitza/Orawitza – „Nicht einmal gratis können wir unsere Wolle mehr an den Mann bringen“, klagen die Schafzüchter in den Tälern der Karasch und im Almăj-Tal, damit etwa in der Hälfte des Banater Berglands. Hauptgrund für den Nachfragemangel sei die Schließung der Teppichwebereien in Rumänien – Teppichimporte, u.a. aus der Türkei, sind viel kostengünstiger für die Teppichhändler.

So sei die Zucht von Schafen für Wolle fast ausgestorben in den vergangenen zwanzig Jahren, heißt es im Südostbanat. Gegenwärtig werden von den Schafen bloß noch das Fleisch und der Käse benutzt, was zum Einbruch einer langjährigen Tradition der Wollverarbeitung geführt hat. Das Stricken von Wollsachen ist zum Kunsthandwerk „entartet“, sagen die Frauen auf den Dörfern und nur noch in wenigen Ortschaften – den abgelegensten – werden im Winter Wollsachen gestrickt: Socken, Mützen, Jacken, Sweater, Leiberl. Die Dachböden der Schafzüchter seien voll Wolle von den Schuren vergangener Jahre, heißt es, und überall habe man mit den Angriffen der gefräßigen Larven der Motten zu kämpfen. Auch aus diesem Grund sind die Schafzüchter immer öfter gezwungen, mottenbefallene Wolle zu verbrennen, erzählt man in den Dörfern des Banater Berglands.

Sofern es jemand gelingt, seine Wolle zu verkaufen, kriegt er dafür nur Spottpreise: bis zu höchstens 3 Lei/Kilo zahlen die spärlichen Kunden für beste saubere Rohwolle. Da man im Banater Bergland – wie übrigens, mit wenigen Ausnahmen, in ganz Rumänien auch – die Schafe vor allem wegen Fleisch, Milch und Wolle gezüchtet hat und weil die Wolle der am besten angepassten einheimischen Rassen (etwa Ţurcana) eine ziemlich harte und rauhe Wolle ist (sie kratzt – was manche Träger von Wollsachen wieder loben, weil die Blutzirkulation an der Hautoberfläche dadurch angeregt wird), hat man über Jahrzehnte die Wolle einheimischer Schafe vor allem für das Weben von Teppichen benutzt. Mit dem Schwund der einheimischen Teppichwebereien haben sich die Schafzüchter auf die Zucht von Fleisch- und Milchschafen verlegt, ziehen aber zunehmend den Verkauf von Lämmern vor, was man auch darin sieht, dass sie die Schafe viel früher decken lassen, um im Frühjahr bei den Lämmern ein größeres Schlachtgewicht zu erzielen.

Und die Aufkäufer von Schlachtlämmern haben es sich zur Gewohnheit gemacht, im Frühjahr mit dem Großtransportern direkt zu den Schafherden zu fahren, vor Ort zu wiegen und auch sofort mit Bargeld zu bezahlen, wodurch die Schafzüchter mit geringerer Mühe an flüssiges Geld kommen. Selbst die Käserei geht angeblich dadurch zurück, weil sie oft alles verkaufen, was von den – meist italienischen, zunehmend auch arabischen – Viehhändlern gefordert wird. „Die kaufen alles auf, was wir in Herden vor uns auf den Weiden hertreiben“, sagte ein Schafzüchter aus der Orawitzaer Ebene, der 300 Schafe hält (unter Schafzüchtern heißt es, die Rentabilitätsgrenze beginne ab 100 Schafen), „und sie sind es auch, die noch am ehesten uns auch die Wolle abnehmen“.

Er führt noch ein Phänomen ins Gespräch, das zum Sinken der Nachfrage nach Wolle geführt hat: „Die Leute haben immer mehr Autos und keiner braucht mehr warme Kleidung im Winter, weil er viel zu Fuß gehen oder viel reisen muss in ungeheizten Verkehrsmitteln, wie in kommunistischer Zeit. So braucht eben auch noch kaum jemand Wollkleidung, wie man sie früher gewöhnt war zu tragen.“ Fakt sei allerdings trotzdem und immer noch, dass die Wolle beim Verkauf – sofern dieser überhaupt gelingt – meist kaum die Kosten der Schur einbringt.